Heißes Versprechen
ausgezeichnet geklappt hat, Flood. Sie haben keinerlei Kontrolle über Ihre Gelüste, nicht wahr?«
Flood glotzte ihn an, während er seinen Mund mit dem Ärmel abwischte. »Sie halten sich für so verdammt schlau, doch wie weit wären Sie mit Ihren Plänen ohne mich gekommen?« Er schleuderte die Flasche aus dem Fenster. »Gar nichts hätten Sie ohne mich erreichen können, das sollten Sie nicht vergessen, Sir.«
Madeline beachtete Flood nicht. Die Kutscheifuhr sehr schnell und machte die Fahrt für die Fahrgäste äußerst beschwerlich. Nach einem besonders heftigen Stoß fühlte sie, wie der Kurze Hans auf eine Seite rollte und kurz vor ihrem Stiefel zu liegen kam. Sie stieß ihn mit dem Stiefel an, denn er sollte nach dem Messer im Futteral dicht unter dem Rocksaum suchen.
»Das ist es also, weswegen so viel Aufhebens gemacht wurde?« Keston führte Selbstgespräche, während er das Buch befühlte.
Madeline spürte seine Erregung. »Das ist der Schlüssel, nach dem Sie suchen.« Sie legte ihre Fesseln dem Kurzen Hans in die Hände. »Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, wie es Ihnen ohne das Buch der Geheimnisse von Nutzen sein könnte. Sicherlich ist eines ohne das andere wertlos.«
»Ihnen sind die Gerüchte über das alte Buch also bekannt?«, erkundigte sich Keston. »Das sollte eigentlich nicht weiter überraschen. Schließlich kursieren sie bereits seit Lorrings Tod.«
»Lediglich die absonderlichsten Mitglieder der Vanza-Gemeinschaft sind der Auffassung, dass das Buch der Geheimnisse tatsächlich existiert«, erwiderte sie.
»Absonderlich oder nicht«, warf Keston ein, »so gibt es doch ein paar sehr gut betuchte Mitglieder der Gemeinschaft, die für dieses kleine Bändchen ein Vermögen zahlen würden. Viele von ihnen sind der Überzeugung, das Buch der Geheimnisse habe das Feuer in Italien überlebt. Die Tölpel würden ihr Leben damit verschwenden, es zu suchen. In der Zwischenzeit aber zahlen sie Unsummen für den Schlüssel, denn ihrer Meinung nach bringt es sie den größten Geheimnissen des Vanza einen Schritt näher.«
In der Dunkelheit versuchte sie sein Gesicht zu erkennen. »Versuchen Sie nicht auch selbst, diesen Geheimnissen auf den Grund zu kommen?«
Keston lachte trocken auf. »Ich bin kein solcher Irrer, wie es mein Halbbruder gewesen ist, Frau Deveridge. Ich bin nicht vollkommen umnachtet, wie es so viele alte Tattergreise der Vanza-Gemeinschaft sind.«
»Für Sie bedeutete diese Angelegenheit von Anfang an also nichts anderes als eine Geldquelle? Sie sind nicht nach London gekommen, um sich für Renwick zu rächen?«
In Kestons Lachen schwang teuflische Belustigung mit.
»Meine liebe Frau Deveridge, wissen Sie denn nicht, dass laut dem Vanza alle starken Gefühle als gefährlich gelten? Rache setzt einen Grad an Leidenschaft voraus, der den Verstand vernebeln und irrationales Handeln provozieren kann. Anders als Renwick gestatte ich mir nicht, mich von meinen eigenen Leidenschaften leiten zu lassen. Und ganz sicher würde ich keinerlei Anstrengungen unternehmen, um den Narren zu rächen.«
»Aber er war doch Ihr Bruder.«
»Mein Halbbruder. Wir hatten denselben Vater, nicht aber dieselbe Mutter.« Kestons Lachen versiegte. Seine Augen glitzerten in der Dunkelheit. »Als ich Renwick das letzte Mal gesehen habe, zeichnete es sich bereits deutlich ab, dass er dem gleichen Wahn zu verfallen drohte, der auch unseren Vater heimgesucht hatte.«
»Doch Sie beide haben das Vanza studiert.«
»Weil unser Vater sehr mit dieser Philosophie verstrickt gewesen war.« Keston musterte den goldenen Griff seines Spazierstockes. »Wenn ich jetzt zurückschaue, so muss ich gestehen, dass Papa schon in frühen Jahren recht verrückt gewesen ist. Er war ganz und gar davon überzeugt, dass der Schlüssel zu den Geheimnissen der Welt in den alchemistischen Rezepturen zu suchen ist, die die dunkle Seite des Vanza ausmachen. Als wir älter wurden, hat sich Renwick total dieser Seite verschrieben. Am Schluss hat ihn seine Faszination des Okkulten zerstört.«
Die Kutsche holperte und schlingerte. Endlich fühlte Madeline, wie sich die Hände des Kurzen Hans um ihre Fußknöchel legten. Er hatte das Messerfutteral entdeckt. Keiner der beiden Männer achtete auf das Menschenbündel zu ihren Füßen. Doch um auch ganz sicherzugehen, schüttelte Madeline wie beiläufig ihr Cape so zurecht, dass dessen Saum die Bewegungen des Kurzen Hans verdeckten.
Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Dann waren Sie
Weitere Kostenlose Bücher