Heißes Versprechen
vor dem Theater ausfindig zu machen.«
»Er wird seinen Vorstoß dann wagen, wenn ich nach der Vorstellung die Kutsche heranhole«, meinte Artemas mit beeindruckender Sicherheit.
Bernice hob die Augenbrauen. »Woher wissen Sie das?«
»Weil das die einzige Gelegenheit sein wird, die ich ihm einräumen werde«, erwiderte Artemas leise. »Weder Sie noch Madeline werde ich bis zu jenem Zeitpunkt auch nur für den Bruchteil einer Sekunde aus den Augen lassen. Dieses Mal spielen wir das Spiel nach meinen Spielregeln.«
Artemas hatte jede Möglichkeit bis auf jene durchgespielt, die sich als die unangenehmste erweisen sollte, dachte Madeline, nachdem die Vorstellung zu Ende gegangen war. Sie hatte sich so sehr mit den Details des Plans befasst, dass es ihr gar nicht in den Sinn gekommen war, sie könne Mittelpunkt einer derartigen Flut neugieriger Blicke sein. Es war schlimmer als an jenem Abend auf dem Ball im Hause Clay. Zwischen den einzelnen Akten spiegelten sich unzählige Lichter auf den Operngläsern, die wiederum allesamt in Richtung der Loge gerichtet waren, in der sie mit Artemas und Bernice zusammen saß.
Recht ungehalten stellte sie fest, dass Artemas seinerseits die vielen neugierigen Augen gar nicht wahrzunehmen schien. Sie hegte den Verdacht, anders als sie habe er mit der vielen Aufmerksamkeit gerechnet. Es schien ihn nicht im Geringsten zu stören. Er saß mit der ihm eigenen lässigen Eleganz auf seinem Sessel und sprach über die Darbietungen der Schauspieler oder bestellte Limonade für ihre Loge. Anders als viele der gut gekleideten anwesenden Männer suchte er keinen Vorwand, um bei den Gästen anderer Logen vorbeizuschauen. Als ausgezeichneter Gastgeber blieb er bei seinen Gästen.
»Was hast du erwartet?«, murmelte Bernice wenig später, als sie in der überfüllten Eingangshalle warteten, während Artemas die Kutsche holte. »Schließlich bist du die Verruchte Witwe. Hinzu kommt, dass du unter dem Dach eines fremden Mannes wohnst. Das ist ein richtig appetitlicher Skandal.«
»Deiner Vorausschätzung nach sollte die Neuigkeit meiner Verbindung mit Artemas schon bald niemanden mehr interessieren?«
»Damit ihnen das Thema langweilig wird, ist offensichtlich doch etwas mehr vonnöten, als einem Ball beizuwohnen und einen Abend im Theater zu verbringen.«
»Man könnte fast annehmen, Tante Bernice, dass du dich heute Abend sehr gut amüsierst.«
»Ich habe Neuigkeiten für dich, meine Liebe. Der Abend heute gefällt mir ausgezeichnet, nur bedaure ich, dass Henry uns heute nicht hat begleiten können.«
»Artemas meinte, er benötige Henry vor dem Theater, um nach dem Schurken Ausschau zu halten. Ganz alleine könne Zachary diese Aufgabe nicht bewältigen.«
»Ja, ich weiß. Ein solch wagemutiger Gentleman.«
»Artemas? Ja, das ist er, nicht wahr?« Madeline schob die Lippen vor. »Für mein Empfinden ein wenig zu wagemutig. Ich wünschte wirklich, er fände nicht einen solchen Gefallen an ...«
»Ich sprach von Herrn Leggett, meine Liebe.«
Madeline unterdrückte ein Lächeln. »Natürlich.«
Sie schrak auf, als jemand sie am Ellenbogen rammte. Doch als sie den Kopf wandte, sah sie lediglich eine ältere Matrone mit einem rosa Turban. Ohne sie zu beachten, ging die Frau ungerührt weiter.
Der Plan war einfach. Artemas mutmaßte, dass der Schurke Bernice’ Handtasche unmittelbar vor der Eingangshalle an sich reißen und dann über die mit Kutschen versperrte Straße entfliehen würde. Doch Zachary und Henry hatten sich strategisch auf Beobachtungsposten verteilt. In dem Augenblick, in dem der Schurke zuschlug, würden sie ihm durch die Menschenmenge folgen, während Artemas ihn abfing. Es war ein altes Vanza-Manöver.
»Ich frage mich, ob ...« Madeline verstummte, als ihr ein harter, scharfer Gegenstand ins Kreuz gestoßen wurde.
»Schweig, liebe Schwägerin.« Die Stimme klang tief und männlich. In ihr schwang derselbe Lokalkolorit wie in der von Renwick mit, doch war es nicht Renwick. »Sie tun jetzt genau das, was ich Ihnen sage, Frau Deveridge. Mein Begleiter hat einen lästigen kleinen Straßenjungen namens Kurzer Hans in einer der Kutschen vor der Tür festgehalten. Wenn Sie und ich nicht sehr bald gemeinsam die Kutsche besteigen, so hat er Anweisung, dem Kerl die Kehle durchzuschneiden.«
Entsetzen überfiel sie. Sie wusste sich nicht zu helfen, außer stehen zu bleiben. »Wer sind Sie?«
»Ich bitte um Verzeihung, wir sind einander noch nicht vorgestellt worden,
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