Heißes Versprechen
Schulter, Sir. Sie hätten dabei den Tod finden können.«
»Da wir gerade davon sprechen«, sagte Bernice, »so hoffe ich doch, Floods vorzeitiger Tod beim Aufprall der Kutsche hat Sie nicht allzu sehr verstimmt. Mir ist wohl bewusst, dass Sie ihn angesichts seiner jüngsten finanziellen Lage noch etwas hätten leiden sehen wollen.«
»An ausgefeilten Racheplänen finde ich keinen Gefallen mehr.« Artemas sah Henry an. »Wie ich festgestellt habe, bringen sie viel zu viele Verwicklungen und unvorhergesehene Folgen mit sich.«
»Eine sehr weise Entscheidung, Sir«, murmelte Henry. »Sie haben dieser Tage bessere Dinge zu tun.«
»Richtig.« Artemas betrachtete Madeline, die sich auf dem Sofa zusammengerollt hatte. »Das entspricht zweifelsohne der Wahrheit.«
Madeline schaute von dem Schlüssel-Büchlein auf, in dem sie gelesen hatte. »Und was ist mit den einschläfernden Kräutern?«
»Die Überreste dessen, was Keston aus Lord Clays Bibliothek gestohlen hatte, habe ich heute Morgen in seinen Räumen gefunden«, erwiderte Artemas. »Außerdem habe ich noch kleinere Mengen anderer Kräuter gefunden, mit denen er seine Opfer betäubt haben musste.«
»Haben Sie sonst noch etwas Aufschlussreiches gefunden?«, erkundigte sich Madeline.
»Ja, Kestons Tagebuch. Um die Sache kurz zu machen, seitdem er vor mehreren Monaten von der Existenz des Schlüssel-Büchleins erfahren hatte, begann seine Suche danach. Es dauerte eine Weile, ehe er dessen Weg bis nach London verfolgen konnte. Nach seiner Ankunft hier hat er die Suche auf diejenigen Mitglieder der Vanza-Gemeinschaft beschränkt, die am ehesten in der Lage waren, es zu übersetzen. Danach durchsuchte er systematisch deren Bibliotheken.«
»Es muss ihm einen Schock versetzt haben, als er Linslade in der Nacht begegnet ist«, meinte Madeline.
»Richtig. Aber es hat ihn auf die Idee gebracht zu behaupten, er sei der Geist seines Halbbruders. Später - nachdem er erfahren hatte, dass Sie im Besitz des Büchleins waren - hat er diese Scharade benutzt, um Sie zu ängstigen.«
Henry schwenkte den Weinbrand in seinem Glas. »Zu der Zeit jedoch befand sich Madeline bereits sicher in Ihrem Haus.«
»Genau. Deshalb hat er auch eingangs den Versuch unternommen, mich aus dem Weg zu räumen.«
Madeline runzelte die Stirn. »Das war in der Nacht, als Sie auf der Straße überfallen wurden.«
Artemas nippte an dem Weinbrand und nickte. »Nachdem sich das als Fehlschlag erwiesen hatte, war ihm klar, dass sich die Sache nicht ganz einfach gestalten würde.«
»Das wiederum«, meinte Madeline amüsiert, »war die Untertreibung des Jahres.«
»Also hatte er es darauf abgesehen, dass ich mich aus der Angelegenheit zurückziehe, indem er mein Vorhaben gegen Oswynn, Flood und Glenthorpe torpedieren wollte und mir damit drohte, Leichen auf dem Gelände der Vergnügungspavillons zu hinterlegen.«
»Das andererseits hätte dazu geführt, dass Ihre Eigenschaft als deren Eigentümer bekannt geworden wäre«, bemerkte Bernice.
Artemas lächelte. »Er war ganz und gar davon überzeugt, dass ich unter allen Umständen meine Geschäftstätigkeit geheim halten wollte. Er ging davon aus, mir sei die gesellschaftliche Anerkennung sehr wichtig.«
»In Wirklichkeit aber lag Ihnen ausschließlich Ihre Rache am Herzen«, fasste Madeline zusammen.
Artemas sah ihr in die Augen. »Er konnte nicht ahnen, dass ich im Begriff war, sehr schnell das Interesse daran zu verlieren.«
Sie lächelte. »Sie sind wirklich ein ganz außergewöhnlicher Mann, Artemas.«
»Obwohl ich ein Vanza bin?«, hakte er höflich nach.
»Nicht jeder Gentleman der Vanza-Gemeinschaft ist ein Hohlkopf«, gab sie edelmütig zurück.
»Vielen Dank, meine Liebe. Es ist ausgesprochen beruhigend zu erfahren, dass ich in Ihrer Achtung doch noch über den Grad eines Hohlkopfes hinausgewachsen bin.«
Henry kicherte. Bernice schien belustigt.
Madeline errötete. Sie wedelte mit dem kleinen Büchlein in ihrer Hand. »Und der Schlüssel, Sir?«
»Was soll damit sein?«
»Wir müssen überlegen, was wir damit machen.«
»Richtig.« Seine Antwort war eindeutig. »Ohne das Buch der Geheimnisse bietet es uns keinerlei Nutzen, aber es wird weiterhin Ärger mit sich bringen.«
»Darin stimme ich mit Ihnen überein. Doch handelt es sich hier um Wissen. Es würde gegen alles verstoßen, was mein Vater mir beigebracht hat, nämlich Wissen niemals mutwillig zu zerstören. Wer kann schon wissen, welchen Nutzen jene daraus ziehen
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