Heißes Versprechen
Ich werde erwartet.«
»Jawohl, Sir. Sie ist in der Bibliothek. Ich werde Sie ankündigen, Sir.« Er drehte sich um und wies den Weg.
Artemas warf einen Blick zurück auf die Rollläden vor den Fenstern. Sie waren gut verbarrikadiert und mit breiten Schlössern versehen. Zusätzlich waren kleine Glöckchen angebracht, die bei dem Versuch, sie zu öffnen, sofort zu schellen beginnen würden. Wenn sie des Nachts geschlossen waren, würden sie einen guten Schutz gegen Eindringlinge bieten. Fürchtete sich die Dame vor ganz gewöhnlichen Einbrechern oder ängstigte sie sich vor einer größeren Bedrohung? Er folgte Latimer den langen Flur entlang bis zum hinteren Teil des Hauses. Der riesige Mann hielt vor der Tür zu einem Zimmer inne, das vom Boden bis zur Decke mit in Leder gebundenen Büchern, Zeitschriften, Notizbüchern und Papieren jeder Art voll gestopft war. Die schönen Fenster, die auf den gepflegten, doch stark zurückgestutzten Garten wiesen, waren ebenfalls mit Läden, Schlössern und Glöckchen versehen.
»Gnädige Frau, Herr Hunt möchte Sie sprechen.«
Hinter dem schweren Eichenschreibtisch erhob sich Madeline. »Danke, Latimer. Treten Sie ein, Herr Hunt.«
Eine beunruhigende Mischung aus Intelligenz, Willenskraft und Wachsamkeit lag in ihren klaren blauen Augen. Sie trug ihr dunkles Haar in der Mitte gescheitelt. Am Hinterkopf war es schlicht zusammengebunden. Sie besaß weiche, volle Lippen, ein festes Kinn und eine Selbstsicherheit, die seine Männlichkeit herausforderte.
Latimer verharrte in der Tür. »Werden Sie meine Dienste benötigen, gnädige Frau?«
»Nein, danke«, erwiderte Madeline. »Sie können uns alleine lassen.«
»Jawohl, gnädige Frau.« Latimer verließ die Bibliothek und schloss die Tür hinter sich.
Madeline wandte sich Artemas zu. »Setzen Sie sich doch, Herr Hunt.«
»Danke.« Er nahm auf einem japanisch lackierten und mit Gold versehenem Sessel Platz, den sie ihm angeboten hatte. Ein Blick auf die dicken Teppiche, die schweren Gardinen und den elegant geschwungenen Schreibtisch bestätigte Leggetts Einschätzung ihrer finanziellen Lage. Das Haus war zwar klein, doch die Einrichtung war von ausgezeichneter Qualität.
Sie nahm hinter ihrem Schreibtisch Platz. »Wie ich hoffe, ist Ihr Gehör wieder gänzlich hergestellt, Sir?«
»Meine Ohren klingelten noch eine Weile, doch bin ich glücklich, Ihnen mitteilen zu können, dass meine Sinne wohl samt und sonders wieder hergestellt sind.«
»Gott sei gedankt.« Sie schien tatsächlich erleichtert. »Nur sehr ungern wäre ich für eine Verletzung Ihrer Person verantwortlich gewesen.«
»Wie es sich fügt, ist keinerlei bleibender Schaden weder bei mir noch ...« - er hob ansatzweise die Brauen - »... bei jenem Wüstling entstanden, den sie zu erschießen versuchten.«
Ihre Lippen wurden schmal. »Eigentlich bin ich kein übler Schütze, Sir. Doch die Kutsche bewegte sich, es war dunkel, und Sie hielten meinen Arm fest, wie Sie sich erinnern wollen. Das Zusammentreffen so vieler Beeinträchtigungen hat mich mein Ziel verfehlen lassen.«
»Ich hoffe, Sie verzeihen mir, gnädige Frau. Gelegentlich mögen gewaltsame Lösungen etwas für sich haben, im Allgemeinen jedoch bemühe ich mich, derlei Vorkommnisse zu vermeiden.«
Sie blinzelte. »Bei Ihrer Ausbildung überrascht mich das allerdings ein wenig.«
»Wenn Sie sich so gut in der alten Kunst des Vanza auskennen, so wissen Sie sicherlich, dass in dieser Philosophie immer der Zurückhaltung der Vorzug gegeben wird. Gewalt jedoch kann kaum als zurückhaltend bezeichnet werden. Wenn die Situation es erfordert, so erarbeitet man sich eine Strategie und führt diese präzise und ohne Spuren zu hinterlassen aus, die wiederum direkt zu demjenigen zurückführen würden, der die Sache veranlasst hat.«
Sie verzog das Gesicht. »Sie sind tatsächlich ein Anhänger des Vanza, Herr Hunt. Ihre Herangehensweise in diesen Dingen ist einfallsreich, ausgefeilt und raffiniert.«
»Ich bin mir darüber im Klaren, gnädige Frau, dass die Tatsache, dass ich ein Vanza bin, mir in Ihren Augen nicht mehr Ansehen verschafft. Aber gestatten Sie mir, Sie darauf hinzuweisen, dass das Erschießen eines Mannes auf offener Straße gestern Abend eine ganze Palette von Problemen aufgeworfen hätte, durch die sich unserer beider Lage heute Morgen wohl sehr unangenehm gestaltet hätte.«
»Was wollen Sie damit sagen?« Ihre Augen weiteten sich überrascht. »Sie waren mir bei der Rettung einer
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