Heißes Versprechen
die Absicht, Ihr Leben in Spielhöllen zu verbringen?«
»Nicht, wenn ich es vermeiden kann«, hatte Artemas ehrlich geantwortet. »Auch ich würde eine mehr vorhersehbare Karriere für mich anstreben.«
George Charters war ein Vanza gewesen. Es hatte ihm gefallen, Artemas in den grundlegenden Dingen dieser Philosophie zu unterweisen. Als ihm klar geworden war, dass er einen fähigen und gelehrigen Schüler vor sich hatte, hatte er angeboten, Artemas’ Reise zur Insel Vanzagara zu bezahlen. Henry Leggett hatte ihn ermutigt, diese Chance beim Schopf zu ergreifen.
Alles in allem hatte Artemas vier Jahre in den Tempelgärten verbracht. Jeden Sommer war er nach England zurück-gekehrt, um dort George und Henry und seine Geliebte Catherine Jensen zu besuchen.
Während seines letzten Besuchs musste er erfahren, dass George an Herzversagen gestorben war und Catherine bei einem mysteriösen Fall über die Klippen ums Leben gekommen war.
Henry hatte ihm bei beiden Begräbnissen zur Seite gestanden. Danach hatte Artemas verkündet, er wolle nicht mehr nach Vanzagara zurückkehren. Er wolle in England bleiben, ein Vermögen erarbeiten und seine Rache ausführen. Henry war mit den Racheplänen nicht einverstanden, doch befürwortete er den Aufbau eines Vermögens und akzeptierte somit auch das Angebot eines Postens.
Henry sollte sich schon bald als sehr nützlich erweisen. Nicht nur verwaltete er die Investitionen mit größter Diskretion, er erkundete auch die finanziellen Belange anderer bis ins letzte Detail. Henry bot Artemas die Art von Information, die ihm Zacharys Augen und Ohren auf den Straßen nicht verschaffen konnten. Es waren die Art von Auskünften, die nur ein angesehener Verwalter überhaupt hoffen konnte zu ergründen.
Heute Morgen jedoch empfand Artemas dies als unzulänglich. »Ist das alles, was Sie über Frau Deveridge in Erfahrung bringen konnten, Henry? Gerüchte, Klatsch und Berichte von Skandalen aus zweiter Hand? Wovon Sie mir eben berichteten, weiß ich zumeist bereits. In den Clubs ist es Allgemeinwissen.«
Henry sah von seinen Notizen auf und betrachtete Artemas über den goldenen Rand seiner Brille hinweg. »Sie haben mir nicht gerade viel Zeit zur Verfügung gestellt, Artemas.« Er warf einen bedeutungsvollen Blick auf die Standuhr. »Ungefähr um acht heute Morgen habe ich Ihre Note erhalten. Jetzt ist es halb drei. Sechseinhalb Stunden reichen für die von Ihnen gewünschten Nachforschungen einfach nicht aus. In ein paar Tagen werde ich Ihnen mehr bieten können.«
»Verdammt noch mal, mein Schicksal liegt in der Hand der Verruchten Witwe, und alles, was Sie mir sagen können, ist, dass sie die Angewohnheit habe, ihre Ehemänner umzulegen.«
»Einen Ehemann, nicht mehrere«, korrigierte Leggett entnervend präzise. »Und die Geschichte beruht auf Gerüchten, nicht auf Fakten. Ich möchte Sie daran erinnern, dass Frau Deveridge nicht als Verdächtige mit dem Tod ihres Mannes in Zusammenhang gebracht wurde. Sie wurde noch nicht einmal vernommen, ganz zu schweigen von irgendwelchen Beschuldigungen gegen sie.«
»Weil es keine Beweise gab, lediglich Spekulationen.«
»Genau.« Henry blickte auf seine Notizen. »Die Fakten, derer ich habhaft werden konnte, besagen, dass Renwick Deveridge am späten Abend allein in seinem Haus war, als der Einbrecher eindrang. Der Halunke erschoss Deveridge, legte anschließend ein Feuer, um die Spuren zu verwischen, und verschwand mit allen Wertgegenständen.«
»In den höheren Kreisen schenkt niemand dieser Version auch nur den geringsten Glauben.«
»Es war kein Geheimnis, dass Deveridge und seine Frau sich einander entfremdet hatten. Frau Deveridge ist sechs Wochen nach der Hochzeit aus dem Haus ausgezogen. Sie weigerte sich, mit ihrem Ehemann wie Mann und Frau zu leben.« Henry hielt inne, um sich zu räuspern. »Man sagt, sie habe, nun ja, einen rechten Dickschädel.«
»Allerdings, dafür kann ich bürgen.« Artemas klopfte mit dem Brieföffner gegen seinen Stiefel. »Was können Sie mir über den unglückseligen Ehemann erzählen?«
Henrys buschige Augenbrauen zogen sich zusammen, als er sich über seine Notizen beugte. »Ich muss gestehen, sehr wenig. Wie Sie wissen, war sein Name Renwick Deveridge.
Keine Familie, die ich hätte auftreiben können. Anscheinend hat er während des Krieges einige Zeit auf dem Kontinent verbracht.«
»Ja und?« Artemas blickte ihn vielsagend an. »Das haben Sie auch getan.«
Henry räusperte sich.
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