Heißes Versprechen
den Verstand verloren? Ich soll mit Hunt auf einen Maskenball gehen? Was für ein seltsamer Vorschlag!«
Bernice warf ihr einen vielsagenden Blick zu. »Du hast es mit einem Meister des Vanza zu tun. Du wirst ihm mit großer Umsicht und viel Geschick begegnen müssen. Ich aber habe unbedingtes Vertrauen in deine Fähigkeit, die Wahrheit herauszufinden.«
»Hmm.«
»Wie dem auch sei, ich sehe keinen Schaden für dich, die Einladung zu einem Ball anzunehmen«, fügte Bernice hinzu. »Ich bin mir sicher, dass du etwas Unterhaltung gut gebrauchen kannst. Allmählich wirst du genauso exzentrisch, zurückgezogen und geheimniskrämerisch wie die Gentlemen der Vanza-Gemeinschaft.«
6. Kapitel
Wie ich sehe, hat sich Glenthorpe früher als gewöhnlich verabschiedet.« Lord Belstead warf einen missbilligenden Blick auf den Mann, der zusammengesunken vor dem Kaminfeuer in einem Ohrensessel hockte. »Noch nicht einmal zehn Uhr, und mit dem Mann kann man bereits nicht mehr rechnen.«
»Vielleicht sollten wir ihn einladen, Karten mit uns zu spielen.« Sledmere sah nicht von seinen Karten auf. »Glenthorpe ist ein Dummkopf, erst recht, wenn er betrunken ist. Wir könnten ihm heute Abend sicherlich einiges aus der Tasche ziehen.«
»Viel zu einfach.« Artemas betrachtete die Karten in seiner Hand. »Worin liegt der Spaß, mit einem Betrunkenen Karten zu spielen?«
»Spaß hatte ich dabei wohl kaum im Sinn«, erwiderte Sledmere. »Ich dachte eher an den Gewinn.«
Artemas legte seine Karten nieder. »Dann darf ich Sie daran erinnern, dass ich soeben genau diesen für mich verbuchen konnte.«
Belstead blickte schnaubend auf die Karten. »Auf meine Kosten, wie es scheint. Sie haben ein teuflisches Glück, Sir.«
Auf der anderen Seite des Zimmers stellte Glenthorpe sein leeres Glas ab und erhob sich schwankend. Mit Blick auf ihn bemerkte Artemas: »Ich habe das Glück für den heutigen Abend voll und ganz ausgeschöpft. Wenn Sie mich entschuldigen wollen, sonst werde ich mich zu einer Verabredung verspäten.«
Belstead kicherte. »Um welche werte Dame handelt es sich, Hunt?«
»Ihr Name ist mir gerade entfallen.« Artemas erhob sich aus seinem Sessel. »Sicher wird er mir im geeigneten Moment wieder einfallen. Guten Abend, die Herren.«
Sledmere lachte. »Vergewissern Sie sich, den richtigen Namen im richtigen Augenblick parat zu haben, Sir. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund nehmen es einem die Frauen übel, wenn man ihre Namen durcheinander bringt.«
»Danke für den Ratschlag«, erwiderte Artemas.
Er verließ das Zimmer und trat in die Eingangshalle, um Umhang, Hut und Handschuhe zu holen.
Glenthorpe stand in der Tür. Leicht schwankend wandte er sich um. »Hunt, Sie gehen?«
»Ja.«
»Würden Sie sich eine Kutsche mit mir teilen wollen?« Glenthorpe blinzelte durch die Fenster nach draußen. »An einem Abend wie diesem sind sie schwer aufzutreiben, wissen Sie. Der verdammte Nebel ist so dicht, dass man ihn mit einem Messer zerschneiden könnte.«
»Einverstanden.« Artemas zog sich den Umhang über und trat hinaus.
»Sehr gut.« Glenthorpes Erleichterung besaß beinahe schon komödiantische Züge. Er beeilte sich, Artemas auf die neblige Straße zu folgen. »Es ist sicherer, gemeinsam zu gehen, wissen Sie. In einer Nacht wie heute gibt es sicher Straßenräuber und andere Gauner.«
»Das jedenfalls wird behauptet.« Artemas winkte einer Kutsche, die ratternd vor den Eingangsstufen des Clubs anhielt. Glenthorpe hievte sich ungeschickt hinein und ließ sich auf einen der Sitze fallen. Artemas folgte ihm und schloss die Tür.
»Habe noch niemals derart viel Nebel im Frühsommer erlebt«, brummte Glenthorpe.
Die Kutsche rumpelte die Straße hinunter.
Artemas musterte Glenthorpe, was diesem jedoch nicht auffiel. Er war viel zu sehr damit beschäftigt, die dunkle Straße zu beobachten. Er wirkte ängstlich. Ein angestrengter, nervöser Ausdruck lag über seinem Gesicht.
»Es geht mich natürlich nichts an.« Artemas ließ sich noch tiefer in die Schatten der Ecke zurückfallen. »Doch kann ich nicht umhin zu bemerken, dass Sie heute leicht nervös erscheinen, Glenthorpe. Beunruhigt Sie denn etwas?«
Glenthorpe riss sich vom Fenster los. Er blickte erst auf Artemas, dann wieder aus dem Fenster. »Hatten Sie schon mal das Gefühl, dass jemand Sie beobachtet, Sir?«
»Mich beobachtet?«
» Mich . Nicht Sie.« Glenthorpe schloss die Gardinen vor dem Fenster und ließ sich in die abgewetzten Polster zurückfallen.
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