Heißes Versprechen
Byrons in den Rotlichtvierteln waren Legende. Oswynn sah sich gezwungen, seine eigenen Vorlieben zu verteidigen. »Ich bevorzuge halt einfach die jüngeren, und Frau Bird hat oftmals die allerzartesten Stückchen im Angebot.«
»Ich für meinen Teil bevorzuge meine Stückchen hellwach und gut geschult.«
Der Poet ging eine Treppe hinunter. »Ich versichere Ihnen, zwischen einem in den erotischen Künsten gut geschulten Mädchen und dem typischen Milchmädchen, das gerade mit einem Gemüsewagen in der Stadt angekommen ist, besteht ein ganz erstaunlicher Unterschied.«
Oswynn beobachtete, wie sein blonder Gefährte auf die wartende Kutsche zuging. »Geschult, sagten Sie?«
»Richtig. Normalerweise wähle ich jene, die in den chinesischen Methoden unterwiesen wurden. Doch gelegentlich, wenn mir nach etwas Abwechslung ist, wähle ich mir ein Mädchen, das man in den ägyptischen Techniken ausgebildet hat.«
Oswynn eilte ihm hinterher. »Diese Mädchen, von denen Sie sprechen, sind sie alle noch recht jung?«
»Selbstverständlich.« Der Poet öffnete die Kutschentür und lächelte einladend. »Für einen gewissen Preis kann man sich ein lebhaftes, unterhaltsames Mädchen kaufen, das nicht nur in den ausgefallensten Künsten unterwiesen worden ist, sondern zusätzlich auch noch Jungfrau ist. Ich für meine Wenigkeit vertrete die Auffassung, dass nichts ein gut geschultes, doch unschuldiges Mädchen schlagen kann.«
Sehr neugierig geworden, legte Oswynn eine Hand auf die Tür. »Sogar Jungfrauen werden in diesen ausländischen Praktiken ausgebildet?«
Das bernsteinfarbene Licht der Lampen spiegelte sich in den Augen des Poeten. »Erzählen Sie mir nicht, dass Sie noch niemals die Vergnügungen des Erostempels genossen haben.«
»Bisher leider noch nicht.«
»Dann heiße ich Sie willkommen, mich heute Abend dorthin zu begleiten.« Der Poet schwang sich behände in die Kutsche und nahm auf den dunkelblauen Polstern Platz. »Gerne stelle ich Sie der Besitzerin vor. Neue Kunden akzeptiert sie nur, wenn diese von jemandem empfohlen werden, der ihr Etablissement bereits häufig frequentiert.«
»Sehr freundlich von Ihnen, Sir.« Oswynn taumelte ungeschickt in die Kutsche und ließ sich auf die Polster fallen. Ein paar Sekunden schien sich das Innere der Kutsche um ihn zu drehen.
Der Poet beobachtete ihn vom gegenüberliegenden Sitz aus. »Fühlen Sie sich nicht wohl, mein Herr?«
»Nein, nicht doch.« Oswynn rieb sich die Stirn. »Muss wohl etwas mehr als gewöhnlich getrunken haben. Ich brauche nur etwas frische Luft, dann werde ich mich wie neugeboren fühlen.«
»Ausgezeichnet. Es wäre schade, wenn Sie die ganz besondere Unterhaltung, die ich Ihnen heute Abend vorstellen möchte, verpassen würden. Nur sehr wenige Männer sind überhaupt in der Lage, das Ausgefallene und Seltene zu schätzen.«
»Ich hatte schon seit jeher eine Schwäche für diese Dinge.«
»Tatsächlich?« Des Poeten Gesichtsausdruck blieb zwar höflich, doch schien er das zu bezweifeln.
Oswynn lehnte seinen Kopf gegen das Polster und schloss die Augen, um die sich drehende Kutsche auszublenden. Er versuchte sich an irgendeine seiner vergangenen Eskapaden zu erinnern, um den Poeten damit zu beeindrucken, aber er konnte sich nicht konzentrieren. Obwohl es noch nicht sehr spät war, war er bereits sehr müde. »Vor ein paar Jahren haben ein paar Freunde und ich einen Club gegründet, der sich dem Genuss der ungewöhnlichsten erotischen Abenteuer verschrieben hatte.«
»Von einem solchen Club habe ich gerüchteweise bereits gehört. Abgesehen von Ihnen waren Glenthorpe und Flood ebenfalls Mitglied, nicht wahr? Wenn ich mich richtig erinnere, nannten Sie sich die >Drei Reitersleute<.«
Ein ungutes Gefühl beschlich Oswynn. Es gelang ihm, die Augen zu öffnen. »Woher haben Sie von den >Drei Reitersleuten< gehört?« Er hörte selbst, wie er das letzte Wort nur lallend hervorgebracht hatte.
»Nun, hier und da hört man so dieses und jenes.« Der Poet lächelte. »Warum haben Sie Ihren Club aufgelöst?«
Erneut wurde Oswynn etwas mulmig. Er bedauerte bereits, den verdammten Club erwähnt zu haben. Nach den Vorfällen in jener Nacht vor fünf Jahren hatten sie sich alle gegenseitig geschworen, niemals wieder darüber zu reden. Der Tod der Schauspielerin hatte ihnen allen einen Schrecken eingejagt.
Er hatte geglaubt, die Drohung der Frau, ihr Liebhaber würde sie alle eines Tages zerstören, könne ihm nichts mehr anhaben. Zwar stimmte es,
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