Heißes Versprechen
so, meine Liebe?«
Entsetzen und Betroffenheit leuchteten in Madelines Augen auf. »Sir, Sie überraschen mich. Ich hätte niemals gedacht, dass Sie den schrecklichen Gerüchten Glauben schenken, laut denen ich meinen Mann ermordet habe.«
Bernice stieß einen kurzen, missbilligenden Ton aus.
»Gütiger Himmel, Pitney, wie in aller Welt können Sie denn solch niederem Klatsch Ihr Ohr leihen?«
»In der Tat, nichts weiter als aufgebrühte Skandale der übelsten Art.« Pitney zwinkerte Artemas zu. »Ich selbst höre da natürlich gar nicht hin. Wie steht es mit Ihnen, Sir?«
Artemas spürte, wie Madeline ihn mit besorgtem Gesichtsausdruck betrachtete. Er dachte an die endlose Kette von Gerüchten und Bruchstücken von Informationen, die dank Zacharys Augen und Ohren jeden Morgen auf seinem Tisch landeten.
»Ich empfinde gewöhnlichen Klatsch als ausgesprochen langweilig«, erwiderte er.
Er wurde mit einem Ausdruck der Erleichterung belohnt, der über Madelines Gesicht huschte.
Er hatte die Wahrheit gesagt, sagte er sich im Stillen. Lediglich ungewöhnliche Gerüchte waren für ihn von Interesse.
Henry Leggett klappte das Notizbuch zusammen und schickte sich an zu gehen. »Wie es scheint, hattet ihr beiden ein richtiges Abenteuer.«
»Das wäre eine Möglichkeit, den Vorfall zu beschreiben«, pflichtete ihm Artemas bei.
»Eaton Pitney kann sich wirklich glücklich schätzen. Die Wunde hätte für ihn tödliche Folgen haben können, selbst nachdem er dem Eindringling entkommen war.«
»Pitney ist zäh.«
»Wohl wahr. Trotzdem war die Sache knapp. Und wenn sie nicht gewesen wäre ...« Henry hielt inne. »Ich muss schon sagen, sie ist wirklich eine bewundernswerte Frau.«
Artemas schenkte sich eine Tasse Kaffee nach und trat damit ans Fenster. Er blickte in den Garten hinaus und stellte sich Madeline vor. Das wiederum fiel ihm nicht schwer.
»Ja«, pflichtete er Henry bei. »Ausgesprochen bewundernswert.«
»Und mit einem sehr beeindruckenden Intellekt ausgestattet.«
»Allerdings.«
»Eine willensstarke Frau dazu. Ich muss gestehen, die Unterhaltung mit ihr fand ich sehr anregend.«
»Nun ja, sie kann sehr ... anregend sein.«
»Ich habe heute lange mit ihr geplaudert und muss bekennen, dass einem Mann eine solche Frau nur selten über den Weg läuft.«
»Sehr richtig.«
Henry ging auf die Tür zu. »Ich mache mich auf. Es tut mir Leid, dass ich mit keiner weiteren Information über Renwick Deveridge aufwarten konnte, doch werde ich meine Nachforschungen fortsetzen. Heute Nachmittag werde ich wohl einige der Geschäfte aufsuchen, die ungewöhnliche Spazierstöcke in ihrem Sortiment führen. Vielleicht kann ich etwas über den Spazierstock mit dem goldenen Knauf erfahren, den dieser Schurke mit sich herumträgt.«
»Vielen Dank, Henry. Wenn Sie irgendetwas herausfinden sollten, geben Sie mir bitte umgehend Bescheid.«
»Selbstverständlich.« Henry öffnete die Tür. Artemas drehte sich zu ihm um. »Henry?«
»Bitte?«
»Es freut mich, dass Sie Frau Deveridge nunmehr in einem mehr positiven Licht sehen. Ich weiß, dass Sie ihr gegenüber auf Grund der leidigen Gerüchte Vorbehalte hegten.«
Ein paar Sekunden schaute ihn Henry verständnislos an. Dann schien er zu begreifen. »Ich sprach nicht von Frau Deveridge, sondern von ihrer Tante, Fräulein Reed.«
Er trat aus der Tür und schloss sie fest hinter sich zu.
Vier Stunden später arbeitete Artemas immer noch an seinem Schreibtisch, als Bernice die Bibliothek betrat. Er bemerkte ihren entschlossenen Gesichtsausdruck, als er sich höflich zum Gruß erhob.
»Gibt es etwas, was ich für Sie tun kann, gnädige Frau?«
»Ja. Ich möchte mit Ihnen über eine etwas delikate Angelegenheit sprechen.«
Artemas unterdrückte ein Stöhnen. »Bitte, nehmen Sie Platz.«
Sie setzte sich ihm gegenüber an den Schreibtisch und fixierte ihn. »Sicherlich wissen Sie bereits, worüber ich sprechen möchte, Sir.«
Instinktiv suchte er nach einer Möglichkeit, dieser Unterhaltung aus dem Weg zu gehen, denn alles deutete darauf hin, dass sie sich recht unangenehm gestalten würde. Er blickte zur Tür. »Wo ist Madeline?«
»Sie ist oben bei Herrn Pitney. So weit ich weiß, erkundigt sie sich nach seiner Einschätzung bezüglich eines merkwürdigen kleinen Büchleins, das ihr vor kurzem von einem langjährigen Kollegen Wintons aus Spanien zugesandt wurde.«
Offenbar konnte er mit keiner Unterstützung Madelines in dieser Angelegenheit rechnen.
»Verstehe.«
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