Heißkalte Sehnsucht
Schutz gebend in seiner Hand an. Er hatte die beiden Kriminellen bereits von außen erspäht. Der eine trug ein Gewehr mit abgesägtem Lauf, der andere eine 45er Pistole. Jetzt vernahm Alex auch die Stimme der Frau. Sie flehte die beiden Männer an, sie nicht zu verletzen. Alex versuchte sich davon nicht beeinflussen zu lassen. Wenn es nötig wäre, würden sie auch auf Verstärkung warten.
Nun waren die beiden Polizisten an den Laden herangekommen. Sie konnten genau sehen, was sich im Innern abspielte. Eine Frau von etwa sechzig Jahren stand weinend und händeringend neben der Kasse. Ein etwa gleichaltriger Mann leerte mit zitternden Händen den Inhalt. Einer der beiden Täter nahm sich eine Flasche Whiskey vom Regal und öffnete sie. Dann nahm er einen tiefen Schluck, zerbrach den Hals der Flasche und hielt sie dem alten Mann drohend vors Gesicht.
Alex kannte diese Sorte. Es würde ihm nicht genügen, einfach nur Geld zu erbeuten. Typen wie dieser weideten sich an der Angst ihrer Mitmenschen. Dies verlieh ihnen ein Machtgefühl. Es blieb also nicht mehr viel Zeit.
„Wir gehen rein“, bedeutete Alex seinem Partner. „Sie nehmen sich den Rechten vor, ich den Typen an der Kasse.“
Judd war bleich bis an die Haarspitzen, aber er nickte. „Gut, sagen Sie nur, wann’s losgeht.“
„Mach ich, und noch eins: Schießen Sie nicht, wenn es sich vermeiden lässt. Auf geht’s!“
Alex hielt die Luft an und stürmte in den Laden.
„Polizei!“
Sofort wirbelte einer der beiden Männer herum und legte sein Gewehr an.
„Lassen Sie die Waffe fallen!“ rief Alex, obwohl er wusste, dass es zwecklos sein würde.
Unter den entsetzten Schreien der Frau eröffneten die Ganoven das Feuer. Alex erwischte einen von ihnen, der Mann taumelte unter schepperndem Getösezurück ins Regal. Im gleichen Moment zischte eine Kugel aus der 45er dicht über Alex’ Kopf hinweg, um ein Haar hätte sie ihn getroffen. Alkohol und Glas spritzten in die Luft, dann gab es noch einen Schuss, dann war Stille. Judd hatte seinen ersten Einsatz und damit seine Einstiegsprüfung bestanden.
Langsam erhob sich Alex aus der Hocke, in die er gegangen war, um der Kugel zu entgehen. Er sah sich besorgt seinen Partner an. Judd war nicht mehr bleich, sein Gesicht hatte eine grau-grüne Farbe angenommen.
„Alles in Ordnung?“
Der jüngere Mann nickte benommen, dann steckte er seine Waffe ein. Langsam löste sich der Klumpen in seinem Magen auf. „Es war das erste Mal für mich.“
„Ja, ist mir klar. Gehen Sie nach draußen und schnappen Sie frische Luft.“
„Nein, danke, es geht schon wieder.“
Alex schlug ihm auf die Schulter. „Gehen Sie trotzdem nach draußen. Und sobald die Verstärkung kommt, sagen Sie ihnen Bescheid. Wir brauchen eine Ambulanz.“ Dann setzte er noch hinzu: „Gut gemacht, Judd.“
Bess wartete neben dem Wagen auf ihn, als Alex etwa zwanzig Minuten später wiederkam. Er sieht eigentlich genauso aus wie vorher, dachte sie. Aber dann hober den Kopf und sah sie an, und sie wusste, dass sie sich geirrt hatte.
Bevor er in den Laden gestürmt war, hatten seine Augen nicht diesen schrecklich müden Ausdruck gehabt. Dies war erst in den letzten zwanzig Minuten passiert.
„Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen im Auto bleiben.“
„Ja, das habe ich doch auch gemacht.“
„Dann setzen Sie sich auch gefälligst wieder rein!“
Bess lächelte ihn freundlich an und legte die Hand auf seinen Arm. „Alex, ich habe Sie schon verstanden. Sie brauchen sich jetzt nicht weiter um mich zu kümmern. Ich werde mir ein Taxi nach Hause nehmen. Sie haben schließlich genug hier zu tun.“
„Was ich zu tun hatte, ist erledigt.“ Ohne ein weiteres Wort nahm er hinterm Steuer Platz. Seine Stimme klang fest, sie duldete keinen Widerspruch. „Und jetzt steigen Sie bitte ein.“
Achselzuckend fügte sich Bess. „Und was ist mit Judd?“
„Er fährt auf die Wache, um Bericht zu erstatten.“
„Oh.“
Danach war es erst einmal still im Wagen. Alex hatte schon viele Überfälle erlebt, und immer wieder war es das Gleiche. Auch noch lange danach wollte das flaue Gefühl im Magen einfach nicht verschwinden.Und von einem körperlichen Gefühl verwandelte es sich schließlich in Ärger, Ekel und Frustration. Aber davon hatte er seinem jungen Kollegen natürlich nichts erzählt.
„Na, und wo bleiben Ihre Fragen?“ wandte er sich schließlich an Bess. „Es kann doch nicht sein, dass Sie nichts von mir wissen wollen. Wie es sich
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