Heißkalte Sehnsucht
es überhaupt nicht schlimm, anlässlich eines so freudigen Ereignisses Tränen zu vergießen. „Hast du eigentlich schon einmal daran gedacht, Kinderzu bekommen?“ fragte sie Nick dann unverhohlen.
„Kinder?“ Er war entsetzt über diese Frage. Wie um Hilfe suchend sah er sich um, aber da er in diesem Moment nur von Mitgliedern seiner Familie umgeben war, gab es kein Entkommen. Er musste Freddie antworten. „Nein“, sagte er entschieden. „Auf gar keinen Fall.“
„Ich schon“, seufzte sie und griff wieder nach seiner Hand. Wohl oder übel musste Nick sie ihr überlassen.
Mikhail flüsterte gerade Sydney etwas ins Ohr, sie nickte. Natasha wandte sich an ihren Mann, der hinter ihnen ging, und sagte leise: „Es ist immer wieder ein Wunder, findest du nicht?“
Er küsste sie auf die Stirn und entgegnete: „Oh ja. Und falls du Lust haben solltest, noch eines zu produzieren, bin ich dabei.“
Yuri glühte im Stolz eines Mannes, der sein Lebenswerk getan sieht. „Gott hat mich reich gesegnet!“ Ohne Ansehen der Person schnappte er sich jemanden aus der Gruppe, den er umarmen konnte. Zufällig war es Bess. Er wirbelte sie im Flur herum, sodass sie schon bald keine Luft mehr bekam. „Zwei Enkelsöhne habe ich schon! Und nun auch noch drei Enkelinnen! Was kann man sich mehr wünschen?“ Er hob Bess in die Luft, bis ihr schwindlig wurde.
„Meinen herzlichen Glückwunsch.“ Sie lachte ihn an, und er küsste sie unversehens auf beide Wangen. „Großpapa!“
„Heute ist ein guter Tag!“ Er griff in seine Tasche. „Komm, rauch eine Zigarre!“
10. KAPITEL
R osalie hatte sich immer für eine gute Menschenkennerin gehalten, und ihrer Meinung nach war Bess ziemlich verrückt. Aber das hielt sie nicht davon ab, wieder zu ihr zu gehen.
Natürlich hängt das vor allem mit dem Geld zusammen, dachte die junge Frau, während sie an ihrem Drink nippte. Sie hatte es sich auf dem Sofa in Bess’ Büro bequem gemacht.
Aber es gab noch anderes an dem Arrangement, das ihr so sehr zusagte, das sie mehrmals in der Woche die Fahrt quer durch die Stadt machen ließ. Und nicht nur das – sie blieb auch freiwillig gern länger, nachdem die „Beratungsstunde“, wie Bess diese Treffen zu bezeichnen pflegte, schon lange vorbei war.
Rosalie war ehrlich genug sich einzugestehen, dass es ihr Spaß machte, ins Showbusiness hineinschnüffeln zu dürfen. Bess hatte sie ein paar Mal mit ins Studio genommen, und die konzentrierte Arbeitsatmosphäre hatte ihr enorm imponiert.
Aber es gab noch einen Grund, warum Rosalie die Gesellschaft von Bess so sehr genoss.
Bess hatte Klasse, das war nicht zu übersehen. Und Klasse hatte in ihrer Welt nicht nur etwas mit Geld zu tun, obwohl Geld natürlich sehr wichtig war. Es gingauch nicht nur darum, in der Gesellschaft bekannt zu sein oder in den Klatschspalten der Zeitungen zu stehen. Es war etwas komplizierter, und Rosalie konnte nie ganz genau definieren, was sie nun mit diesem Wort meinte. Aber sie wusste, dass sie diese Qualität erkennen konnte, wenn sie sie sah, und Bess verkörperte dazu noch mehr für sie – sie hatte gute Umgangsformen und war kein Snob.
Über all diese Dinge dachte Rosalie nach, während sie müßig an ihrem Drink nippte. Bess schien es egal zu sein, ob sie stundenlang herumhing oder nicht. Es war Rosalie nicht entgangen, wie hart Bess arbeitete. Vielleicht ist es sogar noch härter als in meinem Beruf, dachte Rosalie bei sich. Auf jeden Fall arbeitete Bess länger.
Es machte den beiden viel Spaß, die Vor- und Nachteile ihres jeweiligen Gewerbes herauszustellen und miteinander zu vergleichen.
Ja, durch die langen Gespräche und die Zeit miteinander war etwas entstanden, das sie mehr als alles andere schätzte – Freundschaft! Ganz eindeutig waren die beiden jungen Frauen Freundinnen geworden.
„Und … wie lange werden Sie noch arbeiten?“ fragte Rosalie, nachdem sie ihr Glas ausgetrunken hatte.
Stirnrunzelnd blickte Bess auf ihren Monitor. „Oh … ich glaube, nicht mehr sehr lange.“ Selbstvergessenblies sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Brock war gerade im Begriff, Jessica zu verführen. „Ich hatte nur gerade eine Idee, wie man diese Szene, die wir morgen drehen wollen, noch spannender gestalten könnte.“ Sie lächelte spitzbübisch. „Natürlich werden mich morgen einige aus dem Team umbringen, wenn ich ihnen das serviere. Aber so ist nun einmal das Showgeschäft.“
Rosalie holte sich eine Zigarette aus der Tasche und
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