Heisskaltes Verlangen: Team Zero 02
mehr weg von diesem unheimlichen Ort. Außerdem war es eiskalt.
„Hier, nimm.“ Jeff zog das T-Shirt aus. Jesus, Maria und Josef. Man musste schon von einem Bus überrollt worden sein, um nicht jedes Mal wieder zu glotzen. Feine Linien zeichneten stahlharte Muskeln unter leicht gebräunter Haut ab. Jeder war so klar definiert – von den Unterarmen angefangen, über die Schultern, die Brust bis zum Bauch, wo seitlich zwei Stränge in der Jeans mündeten – dass sie die Konturen mit den Fingerspitzen nachzeichnen könnte, wenn sie die Hand ausgestreckt hätte.
Sie riss den Blick von seinem Oberkörper los und sah in seine wunderschönen grauen Augen. Er wusste, welche Wirkung er auf Frauen hatte. Natürlich wusste er es. Sie schlüpfte in sein T-Shirt, das nach ihm roch, und stand auf.
„Oho.“ Jeff packte ihren Ellenbogen, weil sie schwankte. Der Fuß war doch nicht zu ignorieren.
„Geht schon“, sagte sie und humpelte nahe am Rand über das Dach zur Leiter, immer darauf bedacht, die Wunde an der Innenseite des Fußes nicht noch mehr mit Schmutz in Berührung zu bringen. Schon gar nicht mit einem dieser Aschehaufen. Diese armen Vögel!
Sobald sie den Lexus erreichten, half Jeff ihr auf den Beifahrersitz und fuhr zu ihrem Haus zurück. Es war drei Uhr morgens, als sie in die Einfahrt bogen.
Sie bekam nur am Rande mit, wie Jeff ins Haus ging und mit einer ihrer Reisetaschen zurückkam. Er telefonierte. Zwar sprach er nicht laut, aber sie bekam einzelne Wortfetzen mit. Stufe Z kam zum Tragen. Die Kacke war am dampfen und es sollte gleich ein Zehnmannteam zum Aufräumen anrücken. Er schickte jemanden zum Industriegelände. Offenbar vom FBI. Er hatte die Zusammenarbeit schon erwähnt. Jeffs Ton verriet außerdem die Vertrautheit zwischen ihm und seinem Gesprächspartner, aber auch den Groll, den sie wieder in seinem Gesicht lesen konnte.
„Danke, Miller.“ Damit endete das Gespräch. Er setzte sich zurück ins Auto und fuhr los.
Cass legte den Kopf gegen die Nackenstütze und schloss die müden Lider. Sie fühlte sich zerschlagen. Ausgelaugt.Hatte aber Angst, einzuschlafen und erneut die Kälte in sich zu spüren. Jemand war in ihrem Kopf gewesen. Zweifellos. Es hatte sich angefühlt, als würde ihr ständig zugeflüstert werden. Keine direkten Worte, die sie hätte verstehen können. Sondern … sie wusste es nicht. Sie fühlte sich zu dem Industriegelände hingezogen. Es war wie ein Sog, gegen den sie nichts hatte ausrichten können.
Hätte sie diese abartige Kälte nicht schon gekannt, hätte sie sie nicht zuordnen können, sobald sie wieder in ihrem Kopf aufgetaucht war. Es war keine Kälte im herkömmlichen Sinne, die man spürte, wenn Schnee lag oder man ins Tiefkühlfach griff. Es war eine Eiseskälte, die durch Mark und Bein kroch. Diese Kälte hatte sie gelenkt. Des Willens beraubt und ausgeliefert.
Sie wollte sich keine Vorstellung machen, was geschehen wäre, wäre Jeff nicht bei ihr gewesen. Ihr letztes Stündlein hätte geschlagen. Es war dumm von ihr, Jeff zum Bleiben zu bewegen. Wenn sie sofort zu seinem Team gefahren wären, hätten er und Achak sich dieser Gefahr nicht aussetzen müssen.
Hätte, wäre, würde. Worte, die nichts mehr ändern konnten, sondern nur Trübsinn hervorriefen.
Eine halbe Stunde später saß sie im Kellergeschoss eines riesigen Gebäudes, das anscheinend mal ein Kloster war. Sie waren durch einen dichten Wald gefahren, ehe Jeff den Lexus in einen weiträumigen Innenhof gelenkt und neben einem ansehnlichen Fuhrpark abgestellt hatte.
Es war still im Haus. Nur ein großer, schlanker Mann mit weißblonden, kinnlangen Haaren und moosgrünen Augen, die so nichtssagend wie ein Stück Papier waren, hatte sie in Empfang genommen. Ray hieß er. Seine Begrüßung fiel genauso nüchtern aus wie sein Blick.
Nun saß sie auf einer Arztliege, ihre Flip-Flops lagen auf dem Boden, Jeffs besudeltes Shirt lag neben ihr und Ray versorgte ihren Fuß. Nachdem er die Wunde gereinigt und einen Verband angelegt hatte, gab er ihr eine Tetanusspritze. Jeff saß auf einem Stuhl und betrachtete sie. Sie konnte den Ausdruck seiner Züge nicht recht interpretieren, der irgendwo zwischen Sorge, Mitgefühl und Zorn lag. Endlich ließ Ray von ihrem Fuß ab und begann aufzuräumen.
„Shania soll später kommen und die Heilung vorantreiben“, sagte er, trennte die Nadel von der Spritze, warf das jeweilige Teil in verschiedene Behälter und streifte die Handschuhe ab.
Jeff nickte.
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