Heiter weiter
neben Curd Jürgens und O. W. Fischer. Mit 24 Jahren erhielt Marianne Koch den Bundesfilmpreis für ihre Rolle in »Des Teufels General«.
Aber private Schicksalsschläge und eine wenig schöne Scheidung ließen die in ganz Deutschland berühmte Schauspielerin innehalten. Die Medizin hat sie nie ganz losgelassen. Jetzt wollte sie weitermachen, zu Ende studieren. Sich aus der Glamourwelt verabschieden. Die 40-Jährige sitzt im Hörsaal unter lauter jungen Studenten: »Neuanfänge tun so gut, nicht nur gesundheitlich«, sagt sie heute. Man brauche nur ein wenig Mut und Risikobereitschaft, dann würde schon alles werden. Und die Medizinerin erklärt: »Das Gehirn reagiert toll auf Neues, es bildet Synapsen.« Das sind Kontaktstellen zwischen den Nerven. Quasi Brücken in ein neues Leben.
Man stelle sich nur vor: Mit 55 Jahren, wenn andere über Ruhestand nachdenken, eröffnet Marianne Koch mit anderen Kollegen zusammen in München eine Gemeinschaftspraxis. Sie absolviert den Facharzt für Innere Medizin, praktiziert dann noch weitere 13 Jahre. Erst mit 68 zieht sie sich aus der täglichen Arbeit zurück und beschließt, fortan über Medizin zu schreiben. Das tut sie seitdem mit großem Erfolg. Dass Marianne Koch auch noch so nebenbei jahrelang die erfolgreiche Bremer Talkshow »3 nach 9« moderierte, im Radioprogramm des Bayerischen Rundfunks eine viel gehörte Gesundheitsreihe hat, das sei nur nebenbei erwähnt. Bis heute hält sie es mit »Neuanfängen«. Die, so erklärt sie überzeugt,
jedes Mal ihre Gehirnzellen auffrischen. Wer ihr gegenübersitzt, kann nur bestätigen: Gelungen!
Annemarie Dose – Die Tafel ist ihr Leben
Ihr neues Leben beginnt mit dem Tod. Nach 40 glücklichen Ehejahren geht Herbert Dose und lässt seine verzweifelte Frau Annemarie zurück. Da ist sie 66 Jahre alt und weiß nicht weiter. Damit es nicht zu leise ist zu Hause, laufen 24 Stunden am Tag der Fernsehapparat und das Radio. Zufällig – aber Annemarie Dose glaubt an keine Zufälle, sondern sagt lieber »Gott« dazu – hört sie im SFB eine Sendung über die Berliner Tafel. Tafel? Was ist das? Sie reist schon am nächsten Tag nach Berlin. Es hat sie gepackt. Zwei Tage später startet Annemarie Dose an der Elbe mit der Hamburger Tafel: »Der eine hat Geld, der andere Zeit, der dritte Ware – und wir verknuddeln das einfach«, so beschreibt sie, was sie da seit nun über 14 Jahren so erfolgreich macht.
Die Idee kommt ursprünglich aus den Vereinigten Staaten. In New York starteten Sozialarbeiter damit, in Bäckereien, in Supermärkten und bei Firmen übrig gebliebene Lebensmittel zu erbitten, bevor diese auf dem Abfall landeten. Anschließend verteilten sie diese an Obdachlose und Drogensüchtige, an Arbeitslose, an Alte und kinderreiche Familien.
Ein Konzept, das Annemarie Dose überzeugte. In Hamburg beginnt die damals 66-Jährige erst mit drei, dann zehn, bald 100 Freiwilligen das Gleiche. Am Anfang verteilt sie noch alles mit kleinen geliehenen Lieferwägen an karitative Einrichtungen. Inzwischen gibt es eigene Treffpunkte,
wohin die Tafel einmal die Woche liefert: in eine Turnhalle, in ein Gemeindehaus, in den Pfarrsaal einer Kirche. Dort stehen die Bedürftigen Schlange und erhalten nach Vorlage eines Berechtigungsausweises Essen. Damit wirklich nur die Bedürftigen drankommen.
Dabei ist und bleibt der eherne Grundsatz der Tafel: Sie erwirtschaftet kein Geld und sie bezahlt nichts. »Wenn man etwas macht, das nicht gewinnorientiert ist, dann finden Sie immer offene Hände, offene Ohren und offene Herzen«, erklärt Annemarie Dose das Erfolgskonzept. Die laufenden Kosten können aus Spenden bezahlt werden und Annemarie Dose ist bekannt dafür, dass sie, wie sie es nennt, »auf jede Hundehochzeit geht«, wenn sie dafür ein paar Euro Spenden einsammeln kann.
Das neue Leben nach dem Tode ihres Mannes betrachtet sie als Geschenk. Alles macht für sie wieder Sinn. Mit ihrer Arbeit erreicht Annemarie Dose in Hamburg mehrere Tausend Menschen. Und es werden jede Woche mehr. Der Graben klafft immer weiter zwischen Arm und Reich auseinander. Die Stadt mit den meisten Millionären in Deutschland verzeichnet auch die prozentual meisten Kinder, die von Hartz IV leben: jedes vierte Kind unter drei Jahren. Nur in Berlin sind es mehr. Die Stadt ist aber auch bei Weitem nicht so reich wie Hamburg.
Die Helfer der Hamburger Tafel kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Pensionierte Lehrer und Ärzte im Ruhestand, Frührentner,
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