Heiter weiter
Nonne und der Pater nahmen die beiden Kleinen zu sich, versorgten sie, schickten sie zur Schule. Trixi machte das Abitur und studiert heute, Jojo ist glücklicher Koch nach einer harten Lehrzeit in einem tollen Hotel. Beide haben guten Kontakt zu ihren Müttern. Aber an Weihnachten sind sie bei Lea und Fritz, wie sie die beiden Kirchenleute liebevoll nennen. Denn sie wissen, was ihnen die Nonne und der Priester ermöglicht haben: eine Ausbildung, eine Zukunft, ein selbstbestimmtes Leben. Und Schwester Lea ist auch weiterhin an allen Fronten unterwegs. Solwodi hat heute ein Büro in Berlin – da sitzt
schließlich die Regierung. In der Hauptstadt spielt »die Musik«, werden die Gelder auf Anträge verteilt. Immer wieder fliegt sie auch nach Kenia. Dort versucht neben Solwodi auch Solgidi (Solidarity with Girls Distress) sich um die »Girls«, die Mädchen, zu kümmern. Sie zur Schule zu schicken und ihnen eine Zukunft zu schenken.
Für ihre Arbeit hat die Nonne inzwischen viele Auszeichnungen erhalten: das Bundesverdienstkreuz, den Romano-Guardini-Preis, den Bayerischen Verdienstorden, den Kinderschutzpreis, die Auszeichnung »Frau Europas« … ein Aufhören ist nicht in Sicht. Das kann sich die zur Dr. phil. promovierte Schwester Lea auch gar nicht vorstellen. Vielleicht ein wenig ruhiger treten, nicht mehr täglich in den Zug springen, mit dem Auto Hunderte von Kilometern durch Deutschland fahren. Aber nicht mehr auf der Seite von Frauen in Not zu stehen – das wird es wohl für Schwester Lea nie geben. Eine Vita activa im besten Sinne.
Senta Berger – Keine Angst vor hässlichen Rollen
Eine schöne Frau wird 70 und hat den Mut zum Hässlichsein: das ist in der Filmbranche, im Fernsehgeschäft außergewöhnlich. Die Frau, die keine Angst vor Falten und strähnigen Haaren, vor einem verheulten Gesicht und einer deprimierten Körperhaltung hat, heißt Senta Berger. Sie ist der einstige Hollywood-Star, ohne den das heutige intelligente Fernsehprogramm in Deutschland nicht denkbar wäre. Denn Senta Berger, der man die 70 – wie alle erstaunt bemerken – nicht ansieht, diese Senta
Berger wirft sich mit ihrer ganzen schauspielerischen Leidenschaft in die Frauenfiguren hinein, die ihr kluge Drehbuchautorinnen und intelligente Regisseure auf den Leib schneidern: die Dr. Eva Maria Prohacek, Polizeirätin in der ZDF-Reihe »Unter Verdacht«. Oder die Sachbearbeiterin Frau Böhm, die Nein sagt und darüber ihren Job verliert. Senta Berger gewinnt viel mit diesen Rollen: Authentizität, Glaubwürdigkeit und – Preise. Sie erhält den Adolf-Grimme-Preis für die Frau Dr. Prohacek, den Bayerischen Fernsehpreis für die Frau Böhm.
Senta Berger ist aber nicht nur Schauspielerin. Sie ist auch eine engagierte, politisch denkende Frau. 1971 beteiligte sie sich an der von Alice Schwarzer initiierten Medienaktion »Wir haben abgetrieben«. Damals ziemlich mutig, denn in Deutschland tobte ein heftiger Kampf zwischen der konservativen Politik, den Kirchen einerseits und engagierten Frauen auf der anderen Seite über den Abtreibungsparagrafen 218. In ihrer zweiten Heimatstadt München trat die gebürtige Wienerin für den sozialdemokratischen Oberbürgermeister Christian Ude auf die Bühne und forderte seine Wiederwahl. Nein – bequem war sie nie. Immer geradeheraus, auch wenn sie nicht die Mehrheitsmeinung vertrat. Eher lieber das Gegenteil. Dagegen sein, nachdenken und nicht einfach nur Ja sagen. Das ist Senta Berger.
Aber auch: »Ich bin wie gemacht für meinen Beruf«, gesteht sie in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa. Es gibt für sie auch keinen Zweifel, dass sie bis an ihr Lebensende spielen will. Vor der Kamera, auf der Bühne – wo auch immer. Die 1960er-Jahre in Hollywood sind ihr unvergessen, als sie an der Seite von Kirk Douglas oder
Yul Brynner spielen durfte. Dazu die zwölf Jahre als Buhlschaft im »Jedermann« auf der Salzburger Bühne – das soll ihr auch erst mal eine Schauspielerin nachmachen.
Jetzt gibt es eine Neuauflage von Helmut Dietls »Kir Royal« mit dem Titel »Zettl« wieder mit Senta Berger in einer Hauptrolle. »Und«, so hofft sie, »noch viele andere spannende Frauenrollen.« Die Frauen, die sie spielt, müssen nicht schön sein – nur stark. Das wünscht sich die Grande Dame des deutschsprachigen Films. Vorbilder? Therese Giehse, die bis zu ihrem Tod mit 77 Jahren auf der Bühne und vor der Fernsehkamera stand. Nie aufhören, das passt zu ihr, zu Senta Berger.
KAPITEL 16
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