Heiter. Weiter.
municipal“ öfters passiert. Man rechnet wohl ausschließlich mit Gästen, die mehrere Wochen oder den ganzen Sommer über bleiben. Da reicht es, einmal in der Woche nach dem Rechten zu sehen. Doch an diesem Montagmorgen hat mich eine gewissenhafte Frau geweckt und ich bezahle meine Gebühr in Höhe von 3,70 Euro.
Bei einer so günstigen Übernachtung kann ich mir unterwegs in Loulans in der überraschend geöffneten Bar ein Gläschen Rotwein leisten. Der Wein schmeckt irgendwie nach Sangria -Vorgeschmack auf Spanien? Diese Einkehr sollte die einzige Ausgabe auf meiner heutigen Etappe werden. Ich muss unbedingt Shampoo kaufen. Ich benutze es lieber als Seife. Die Verpackung wiegt zwar auch, doch verwende ich das Zeug für mich und meine Kleidung. Wenn ich im Waschbecken meine Wäsche wasche, dann schäumt Shampoo schön schnell. Auch in der Maschine kann man es einsetzen. So habe ich für drei Funktionen ein einziges Produkt.
Über Cirey erreiche ich den Campingplatz von Cromary. Der ist fest in niederländischer Hand. Pächter, Gäste, Bier - alles aus den Niederlanden. Camper laden mich zum „Biertje“ im Vorzeit ein. Gewitter zieht auf. Meine Wäsche dreht derweil im Trockner unbeirrbar ihre Runden.
Das Abenteuer einer Wanderung in unbekannten Landen
Ein Reh! Es schreckt mich aus meinen Gedanken, nachdem ich es aus seinem Gebüsch geschreckt hatte. Das sollte das einzige Aufregende auf dem Weg von Cromary nach Devecey bleiben. Und der riesige Supermarkt. Banane, Apfel, Aprikosen, Paprika und kühler Orangensaft machen mich fit für die zu erwartende Mammut-Etappe. Am Morgen war es trübe, jetzt kommt die Sonne aus ihrer Wolkendeckung. Der Strohhut darf aus dem Rucksack. Bei dem angenehmen Wanderwetter werde ich heute gut und freudig vorankommen.
Die neue Bahnlinie Rhin-Rhône soll die Fahrzeit zwischen Paris und der Schweiz verkürzen. Der Bau hat eine Mondlandschaft bei Geneuille geschaffen. LKW folgt auf LKW, kleine Landstraßen sind jetzt Pisten für die Laster. Staub überall. Geteerte Straßen werden angelegt, um all das Baumaterial anzuliefern. Wenn die Trasse fertiggestellt ist, werden diese Zubringer beseitigt. Warum ist bei diesen Investitionen in Millionenhöhe nicht Geld übrig, Fahrradwege anzulegen? Es wird mir klar, was man als Fußgänger oder Radfahrer bedeutet. Bis Èmagny hat sich mein Groll gelegt.
Es verwundert mich, wie intakt die Tierwelt trotz der flächendeckenden Baustellen ist: In Tümpeln tummeln sich Kaulquappen, am Straßenrand verrotten von Autos zermatschte Vögel, Kleinsäuger mancher Art und Schlangen in beachtlicher Größe. Das zeugt von einer lebendigen Fauna.
Ein Fußgänger bedeutet nichts. In den Orten gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten. Welche Freiheit, wenn der Kunde wählen darf, 17 Kilometer westlich oder 21 Kilometer östlich mit dem Auto zum Einkaufen zu fahren. Und dort erhält er dann giftige und manipulierte Lebensmittel.
In Marnay, mit nettem Campingplatz und allerlei Läden, bin ich wieder zufrieden mit meiner Tagesleistung und der Welt. Entspannt sitzt er vor dem Zelt, der „Wanderer im unbekannten Land“. „Pilgern“ kommt vom lateinischen Wort „peregrinatio“. Im Duden finde ich: „Peregrination ... Wanderung u. Reise im Ausland.“ Wer in die Fremde und in der Fremde geht, weit weg von seinem Zuhause, der ist ein Peregrinus. In Spanien nennt man den Pilger „peregrino“ und in Frankreich „pèlerin“. Der Pilger, aber auch der Wanderer, wagt das Abenteuer im unbekannten Land. Er zieht hinaus aus seiner gewohnten, sicheren Welt. Er kann sich auch auf das große und gefahrenvolle Wagnis einlassen und seine bisherige sichere Gedankenwelt verlassen, um fremdes Terrain neuer Ideen zu betreten. Ziel einer Wanderung ist letztlich die Veränderung des Wanderers. Diese Veränderung ist nur beim Gehen möglich. Jean-Jacques Rousseau drückte es so aus: „Ich kann nur beim Gehen nachdenken, sobald ich anhalte, denke ich nicht mehr, mein Kopf bewegt sich nur mit meinen Füßen.“
Im Weggefährten erkennen wir die eigenen Stärken und Schwächen
Marnay verlasse ich auf einer stillgelegten Eisenbahntrasse. Fernverkehrslinien werden ausgebaut, der Nahverkehr abgebaut. Jetzt wandern hier Jakobspilger, sie sind für die Anwohner kein ungewohntes Bild. Das Muschelzeichen begleitet mich ein Stück meines Weges, verschwindet auf einmal im Gebüsch, taucht überraschend auf, um sich gleich wieder irgendwo herumzutreiben, auf Ab- und Umwegen. Eichen
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