Heiter. Weiter.
Entziffern. Er verglich verschiedene Sprachen und fand die Lösung. Im Museum in der Stadt kann man einen Abguss des Steins bewundern.
Hätten die Pilger doch so einen Vater oder Mutter der Übersetzung dabei! Im Gespräch mit Einheimischen oder auch untereinander stellt der Pilger immer wieder fest, dass zur Vorbereitung auf den Weg auch ein Sprachkurs gehört. Beim nächsten Mal. Mit gutem Willen und deutlichen Gesten können sich die Pilger trotz unterschiedlicher Muttersprache verständigen. Doch in der Landessprache sollten „bitte/danke“, „guten Tag/auf Wiedersehen“ so selbstverständlich von den Lippen gehen, wie „buen camino“.
Bei meinem letzten Aufenthalt in der Stadt hatte ich in der Pilgerherberge der Karmeliterinnen übernachtet. Ein kleiner Raum bot fünf oder sechs Pilgern Betten. Es gab da nicht viel Komfort, aber große und echte Herzlichkeit. Am nächsten Tag traf ich Mitpilger, die sich diese Herberge angesehen hatten und das Übernachtungsangebot ablehnten. „Flohbude“ nannten sie die Unterkunft. Ich werde das Haus und gemeinsame Abendessen in bester Erinnerung behalten.
Es geschehen wirklich Wunder am Weg, ich habe sie selbst erlebt
Der Pilger, der sich zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auf dem Pferd nach Santiago aufmacht, benötigt einen Pilgerausweis. Dieser Ausweis, das „Credencial“, ist notwendig, um in den Pilgerherbergen übernachten zu dürfen. Er kann damit auch in Santiago mehr oder weniger nachweisen, mindestens die letzten 100 Kilometer zu Fuß oder die letzten 200 Kilometer im Sattel, welcher Art auch immer, zurückgelegt zu haben. Er erhält dann die Pilgerurkunde, die „Compostela“. Ich habe in Figeac übernachtet, ohne Kosten, aber auch ohne einen Stempel in meinen Ausweis gedrückt zu bekommen. Der Weg aus der Stadt führt an der Herberge der Karmeliterinnen vorbei. Ein Fenster steht offen, ich spähe hinein: Eine hübsche Schwarzhaarige werkelt in der Küche. Sie ist die Hospitalera, eine freiwillige Helferin in einer Herberge. Zum Stempel bekomme ich Kaffee angeboten. Die Hospitalera kommt aus Logroño - der berühmten Stadt am Jakobsweg in Spanien! Na, so in vier Wochen werde ich dort sein, in der Hauptstadt des Rioja-Weins. Da bin ich mir sicher, nichts kann mich mehr aufhalten. Wunder am Weg gibt es auch für Ungläubige. Nachdenken über das bisherige Leben, als Konsequenz Umkehr und Neubeginn - all das sind „Wunder“, die unterwegs geschehen oder beginnen. Einige kommen verändert vom Jakobsweg zurück. Und ihre Mitmenschen wundern sich sehr.
Für manchen Pilger ist es schon ein Wunder, das angestrebte Ziel zu erreichen. Diese Erfahrung wird ihm zu Hause Kraft für den Alltag verleihen. Sie macht Mut, gibt neues Selbstvertrauen. Der Pilger lernt zu leben. Das ist für manchen Wunder genug. Der Wanderweg wird zum Wunderweg. Der Pilger will Ballast abwerfen. Er möchte Belastungen loswerden, die schwer auf seiner Seele liegen, sich von der Last befreien, die ihn quält. Gelingt ihm das? Eins ist gewiss: Der Übergewichtige wird Pfunde verlieren. Es muss oft nichts Großartiges auf dem Weg geschehen - auch die Gewissheit, abzunehmen, kann Grund sein, aufzubrechen.
Cajarc ist ein Ort voller Leben, Läden, Lokale. Glück gehabt, ab morgen findet hier ein Afrika-Musik-Fest statt und der Campingplatz ist auf Tage ausgebucht. Zufrieden lasse ich mir das „pique-nique“ schmecken. Ich laufe nach Plan, zeitlich und finanziell.
Vor einigen Monaten hatte es noch einmal geklappt mit einem „Job“ -meine Reisekasse wurde dadurch erfreulich gestärkt. Ich saß im Personalbüro und unterschrieb den befristeten Arbeitsvertrag. An der Wand entdeckte ich ein Plakat, angefertigt von einem Kind. Es hatte seine Patschhändchen in verschiedene Farbtöpfe getaucht und auf dem Karton Abdrücke hinterlassen. Der kleine Künstler hatte auch seinen Namen dazugemalt. In kindlichen Buchstaben stand da ganz groß: JAKOB.
Denkmalschutz, wo sich einst die Drehbänke der Drechsler drehten
Ich verlasse Cajarc und den empfohlenen Wanderweg. Immer dem Lot entlang werde ich heute zielstrebig nach Saint-Cirq-Lapopie gehen, ein besonderes Kleinod am Weg.
Gut gefällt es hier auch einem Ehepaar aus dem Schwabenland. Sie haben sich ein schmuckes Haus gekauft und verbringen da ihren Lebensabend. Doch die Frau schimpft: „Es ist schön hier, aber wenn Sie einen Herzinfarkt haben, dann bestellen Sie besser gleich einen Leichenwagen als den Krankenwagen. Bis der Arzt kommt, sind sie
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