Held zum Verlieben
gesprächig, sondern genoss lieber den Sonnenuntergang. Morgen würde sein Jeep fertig sein, aber er würde erst abreisen, wenn der Deputy von seiner Hochzeitsreise zurück war. Das hatte er versprochen. Und, wenn er ehrlich war, hatte er auch nicht die geringste Lust, Call City zu verlassen.
Er seufzte. Es würde lange dauern, bis er die Zeit hier vergessen würde. Ganz besonders diesen Tag heute. Charlies lachendes Gesicht, als sie das Frühstück zubereitete, die Fröhlichkeit und Liebe, die die kleine Familie verband, Wades Fürsorge für Davie. Es war ein ganz normaler Tag gewesen und dennoch so kostbar. Die Marshmallows, die er für Rachel gekauft hatte, lagen neben ihm auf dem Sitz. Er musterte die Tüte und stellte sich die Freude des Kindes vor. Und da wurde ihm schlagartig klar, wie verbunden er sich mit seinen Gastgebern und der Kleinen schon fühlte. Und das machte ihm Angst.
Sie fuhren über den letzten Hügel und von dort aus konnte man das Haus sehen. Im Wohnzimmerfenster schien Licht zu brennen. Jack deutete darauf und meinte: „Charlie liest Rachel wohl etwas vor. Die Lampe neben deinem Sessel ist an.“
Wade lachte leise. „Nein. Das ist eine Familientradition, mit der unsere Mutter vor Jahren begann. Immer, wenn unser Vater außerhalb zu tun hatte, machte sie abends vor der Dunkelheit die Lampe an. Und sie wurde erst wieder ausgemacht, wenn mein Vater zu Hause war.“
Jack wurde ganz wunderlich zumute. „Soll das heißen, dass Charlie sie jede Nacht für dich anlässt, bis du zu Hause bist?“
„Ja.“
„Jede Nacht?“
Wade nickte.
Jack hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Er dachte an die Jahre seiner Kindheit, an die vielen Male, wo er nach Hause gekommen war, das Haus dunkel und leer, und keiner da, der für ihn gesorgt hätte. Nicht ein einziges Mal in seinem Leben hatte er eine derartige Sicherheit und Geborgenheit erlebt. Er konnte sich nicht helfen, aber er war neidisch auf Wade, auf das Zuhause, das er hatte. Auch er wollte geliebt werden, wollte, dass man ihn vermisste und ihm vertraute. Das wünschte er sich von ganzem Herzen.
Als Charlie das Licht der Scheinwerfer sah, machte ihr Herz einen kleinen Hüpfer. Sie waren zu Hause! Als sie vor dem Flurspiegel stand und ihre Frisur überprüfte, wurde ihr klar, dass sie gerade etwas tat, was sie noch nie getan hatte. Plötzlich kam sie sich albern vor mit ihrem Kleid und den hochgesteckten Haaren. Kritisch musterte sie ihr Spiegelbild.
Die Frau, die ihr aus dem Spiegel entgegensah, schien zwar etwas unsicher zu sein, aber sie sah auch so aus, als ob sie von innen heraus strahlen würde. Charlie stellte fest, dass sie sich schon seit Jahren nicht mehr so lebendig gefühlt hatte. Einen kurzen Augenblick lang überlegte sie, wie es sein würde, Jack Hanna jeden Abend willkommen zu heißen, von ihm umarmt zu werden und seinen Atem auf ihrem Gesicht zu spüren, bevor er sie zur Begrüßung küsste. Irritiert schüttelte sie den Kopf. Sie hatte schon einmal mit dem Feuer gespielt und sich verbrannt. Aber war Jack Hanna nicht ganz anders als Pete Tucker?
Sie hörte die Schritte auf der Veranda, biss sich auf die Lippen und wandte sich vom Spiegel ab. „Rachel! Onkel Wade ist da!“
Ein erfreutes Quieken und das eilige Tapsen bestrumpfter Füßchen waren zu hören und schon war Rachel im Zimmer. Ihr kleines Gesicht strahlte.
Wade hob sie lächelnd hoch, vergrub kurz die Nasenspitze in ihrem Nacken und pustete leicht. Rachel lachte entzückt auf und ihre Mutter sah liebevoll schmunzelnd zu.
Jack wusste, dass er gefangen war, nicht in Rachels Netz, sondern in Charlottes. Bei dieser Wortwahl musste er innerlich lachen, denn sie traf zu.
Ich bin gefangen in Charlotte Franklins Netz der Liebe
. Doch eines machte ihm zu schaffen. Die Freude auf ihrem Gesicht galt einzig ihrem Bruder und ihrer kleinen Tochter, nicht ihm.
Ihm fiel auf, dass sie anders aussah als sonst. Sie hatte die Haare hochgesteckt und trug ein Kleid. Jünger sah sie damit aus und verletzlicher. So, wie der dünne gelbe Stoff ihre Figur umschmeichelte und hervorhob, wurde Gelb sofort zu seiner Lieblingsfarbe. Ihre schlanke Taille hätte er leicht mit beiden Händen umspannen können. Er wusste, wenn er nur ein klein wenig näher an sie herantrat, würde er Charlottes Parfum riechen.
„Entschuldige, dass wir so spät kommen“, meinte Wade leise.
Charlie sah ihn erheitert an. „Als wäre das das erste Mal! Ich habe von der Straßensperre gehört. Ich bin nur froh,
Weitere Kostenlose Bücher