Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
dachte an ihre Begegnung mit Bacchus in Kansas – noch so ein Gott, der früher mal Halbgott gewesen war. Er war nicht gerade hilfreich gewesen.
»Schön«, sagte Percy. »Wir sieben gegen Herkules.«
»Und ein Satyr«, fügte Trainer Hedge hinzu. »Den holen wir uns!«
»Ich habe einen besseren Vorschlag«, sagte Annabeth. »Wir schicken Botschafter an Land. Eine kleine Gruppe – höchstens zwei. Und versuchen, mit ihm zu reden.«
»Ich gehe«, sagte Jason. »Er ist ein Sohn des Zeus. Ich bin der Sohn des Jupiter. Vielleicht ist er da nett zu mir.«
»Vielleicht hasst er dich auch«, sagte Percy. »Halbbrüder verstehen sich nicht immer gut.«
Jason sah ihn wütend an. »Danke, Mr Optimismus.«
»Es ist einen Versuch wert«, sagte Annabeth. »Immerhin haben Jason und Herkules eine Gemeinsamkeit. Und wir brauchen unser größtes diplomatisches Talent. Jemanden, dem Wörter liegen.«
Alle schauten Piper an.
Sie versuchte, nicht zu schreien oder über die Reling zu springen. Böse Vorahnungen machten ihr zu schaffen. Aber wenn Jason an Land ging, wollte sie bei ihm sein. Vielleicht würde dieser ungeheuer mächtige Gott sich ja als hilfsbereit erweisen. Sie mussten doch auch irgendwann einmal Glück haben.
»Schön«, sagte sie. »Ich zieh mich nur schnell um.«
Als Leo die Argo II zwischen den Säulen verankert hatte, befahl Jason dem Wind, ihn und Piper an Land zu tragen.
Der Mann in Lila wartete schon auf sie.
Piper hatte unendlich viele Geschichten über Herkules gehört, hatte allerlei blöde Filme und Witzzeichnungen gesehen. Aber bisher hatte sie nie über ihn nachgedacht, sie hatte nur die Augen verdreht und sich einen haarigen Trottel von Mitte dreißig mit Heldenbrust und Hippiebart vorgestellt, der ein Löwenfell auf dem Kopf trug und eine riesige Keule hatte, wie ein Höhlenmensch. Sie stellte sich vor, dass er stank, rülpste, sich dauernd kratzte und durch Grunzen verständigte.
Das hier hatte sie nicht erwartet.
Er hatte bloße, mit Sand bedeckte Füße. Seine Gewänder gaben ihm ein priesterliches Aussehen, auch wenn Piper nicht mehr wusste, in welchem Rang Geistliche Violett trugen. Waren das Kardinäle? Bischöfe? Und bedeutete die Farbe, dass er die römische Version des Herkules war und nicht die griechische? Er hatte einen modischen Dreitagebart, aber nicht so einen, wie Pipers Dad und andere Schauspieler ihn trugen – die Sorte Ich hab mich aus Versehen zwei Tage lang nicht rasiert und ich seh noch immer umwerfend aus.
Er war gut gebaut, aber nicht zu kräftig. Seine ebenholzschwarzen Haare waren kurz geschnitten, nach römischer Art. Er hatte verwirrende blaue Augen, wie Jason, aber seine Haut war kupferbraun, als ob er sein ganzes Leben auf der Sonnenbank zubrachte. Und das Überraschendste an ihm war: Er sah aus wie dreißig. Auf keinen Fall älter. Er war hübsch auf eine raue Weise, aber er hatte nichts von einem Höhlenmenschen.
Er hatte allerdings eine Keule, die neben ihm im Sand lag, aber die sah eher aus wie ein überdimensionaler Baseballschläger – ein ein Meter fünfzig langer polierter Mahagonizylinder mit einem ledernen, in Bronze eingefassten Handgriff. Trainer Hedge wäre neidisch gewesen.
Jason und Piper landeten am Rand des Wassers. Sie näherten sich langsam und gaben sich alle Mühe, keine bedrohlichen Bewegungen zu machen. Herkules sah ihnen ungerührt zu, als ob sie eine Art Seevögel wären, die er noch nie bemerkt hätte.
»Hallo«, sagte Piper. Das war immer ein guter Anfang.
»Was läuft denn so?«, fragte Herkules. Seine Stimme war tief, aber lässig, sehr modern. Er hätte sie auch in der Garderobe in einer Highschool begrüßen können.
»Äh, nicht viel«, sagte Piper. »Na ja, eigentlich sehr viel. Ich bin Piper. Das ist Jason. Wir …«
»Wo ist dein Löwenfell?«, fiel Jason ihr ins Wort.
Piper hätte ihm gern einen Rippenstoß versetzt, aber Herkules sah eher belustigt aus als verärgert.
»Es sind fast vierzig Grad«, sagte er. »Warum sollte ich mein Löwenfell tragen? Gehst du im Pelzmantel an den Strand?«
»Das leuchtet eigentlich ein.« Jason klang enttäuscht. »Aber auf Bildern trägst du immer ein Löwenfell.«
Herkules starrte vorwurfsvoll gen Himmel, als hätte er gern seinem Vater Zeus ein paar harsche Worte gesagt. »Glaub nicht alles, was du über mich hörst. Berühmtsein ist nicht so lustig, wie du vielleicht glaubst.«
»Da sagst du was Wahres«, seufzte Piper.
Herkules richtete seine leuchtend blauen Augen
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