Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
nicht, ob dieser Raum älter war als das Heiligtum des Mithras oder ob die Räume – wie das Labyrinth – einfach ein wildes Gemisch aus verschiedenen Zeiten waren.
»Na gut«, sagte sie laut, nur um ihre Stimme zu hören. »Denken, Annabeth. Prioritäten setzen.«
Sie erinnerte sich an einen albernen Überlebenskurs in der Wildnis, den Grover im Camp geleitet hatte. Damals jedenfalls hatte sie den Kurs albern gefunden. Erster Schritt: Die Umgebung nach unmittelbaren Gefahren absuchen.
Dieser Raum schien nicht so bald einzustürzen. Der Steinschlag hatte sich gelegt. Die Mauern waren aus soliden Steinquadern, und Annabeth konnte keine größeren Risse sehen. Die Decke hing nicht durch. Gut.
Der einzige Ausgang befand sich in der hinteren Mauer – ein Bogengang, der in die Dunkelheit führte. Zwischen ihr und der Tür zog sich ein kleiner gemauerter Graben durch die Kammer, in dem Wasser von links nach rechts floss. Vielleicht Kanalisation aus den Tagen der Römer? Wenn das Wasser trinkbar war, dann war auch das gut.
In einer Ecke waren zerbrochene Tonvasen aufgehäuft, aus denen verschrumpelte braune Klumpen rollten, die früher vielleicht einmal Obst gewesen waren. Igitt. In einer anderen Ecke standen Holzkisten, die unversehrter aussahen, und Weidenkörbe, die mit Lederriemen umwickelt waren.
»Also keine unmittelbare Gefahr«, sagte sich Annabeth. »Falls nicht gleich etwas aus diesem dunklen Tunnel geschossen kommt.«
Sie starrte den Durchgang an und forderte ihr Pech fast heraus. Nichts passierte.
»Na gut«, sagte sie. »Nächster Schritt. Inventur.«
Was könnte sie verwenden? Sie hatte ihre Wasserflasche und weiteres Wasser im Graben, falls sie den erreichen könnte. Sie hatte ihr Messer. Ihr Rucksack war gefüllt mit bunter Schnur (hurra!), ihrem Laptop, der Bronzekarte, einer Packung Streichhölzer und etwas Ambrosia für Notfälle.
Ah … ja. Das hier konnte ja wohl als Notfall gelten. Sie zog die Speise der Götter aus dem Rucksack und schlang sie hinunter. Wie immer schmeckte sie nach tröstlichen Erinnerungen. Diesmal war es gebuttertes Popcorn – Filmabend mit ihrem Dad zu Hause in San Francisco, keine Stiefmutter, keine Stiefbrüder, nur Annabeth und ihr Vater, die es sich auf dem Sofa gemütlich machten und sich kitschige alte Liebesfilme ansahen.
Das Ambrosia wärmte ihren ganzen Körper. Die Schmerzen in ihrem Bein wurden zu einem dunklen Pochen. Annabeth wusste, dass sie immer noch einen Haufen Probleme hatte. Nicht einmal Ambrosia konnte gebrochene Knochen sofort heilen. Es konnte den Prozess beschleunigen, aber bestenfalls würde Annabeth den Fuß noch immer einen Tag oder länger nicht belasten können.
Sie versuchte, ihr Messer zu erreichen, aber das war zu weit weg. Sie versuchte, sich in diese Richtung zu schieben. Die Schmerzen loderten wieder auf, als ob Nägel in ihren Fuß geschlagen würden. Ihr Gesicht überzog sich mit Schweiß, doch nach einer weiteren Bewegung konnte sie ihr Messer fassen.
Sie fühlte sich besser, sobald sie es in der Hand hielt – nicht nur, weil es Licht und Schutz schenkte, sondern auch, weil es ihr so vertraut war.
Was jetzt? Grover hatte in dem Überlebenskurs erwähnt, man solle an Ort und Stelle bleiben und auf Rettung warten, aber die würde nicht kommen. Selbst wenn Percy ihrer Spur irgendwie folgen könnte, war ja die Höhle des Mithras eingestürzt.
Sie könnte versuchen, mit dem Laptop des Dädalus jemanden zu erreichen, aber sie glaubte nicht, dass sie hier unten Empfang hätte. Und wen hätte sie auch rufen sollen? Sie könnte niemanden erreichen, der nah genug war, um zu helfen. Halbgötter hatten keine Mobiltelefone, denn ihre Signale erregten zu viel monströse Aufmerksamkeit und ihre Freunde würden ohnehin nicht herumsitzen und ihre E-Mails checken.
Eine Iris-Botschaft? Sie hatte Wasser, glaubte aber nicht, dass das Licht für einen Regenbogen reichte. Außerdem war ihre einzige Münze die silberne Athener Drachme, die nicht gerade ein gutes Zahlungsmittel wäre.
Es gab noch ein weiteres Problem mit einem eventuellen Hilferuf: Das hier sollte ein Solo-Einsatz sein. Wenn Annabeth gerettet würde, hätte sie damit ihre Niederlage eingestanden – und sie war sich sicher, dass das Zeichen der Athene sie dann nicht mehr leiten würde. Sie könnte in alle Ewigkeit hier unten herumwandern und würde die Athena Parthenos doch niemals finden.
Also … es würde nichts bringen, an Ort und Stelle zu bleiben und auf Hilfe zu
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