Helden des Olymp, Band 3: Das Zeichen der Athene (German Edition)
Teufelsbrut genannt und ihn für das Feuer verantwortlich gemacht, das ihre Schwester getötet hatte. Rosa hatte die Familie gegen ihn aufgestachelt und ihn – einen mageren Waisenjungen von acht Jahren – dem Sozialamt überlassen. Leo war von Pflegefamilie zu Pflegefamilie weitergereicht worden, bis er endlich im Camp Half-Blood ein Zuhause gefunden hatte. Leo hasste nicht viele Menschen, doch nach all den Jahren kochte er noch immer vor Wut, wenn er Tante Rosas Gesicht sah.
Wie er über sie dachte? Er wollte abrechnen. Er wollte Rache.
Seine Blicke wanderten zu dem Motorrad mit den Pac-Man-Rädern. Wo hatte er so etwas schon gesehen? Hütte 16 im Camp Half-Blood – das Symbol über ihrer Tür war ein zerbrochenes Rad.
»Nemesis«, sagte er. »Ihr seid die Göttin der Rache.«
»Siehst du?« Die Göttin lächelte Hazel an. »Er hat mich erkannt.«
Nemesis zerbrach noch einen Keks und rümpfte die Nase. »Dir wird ein großes Vermögen zuteilwerden, wenn du es am wenigsten erwartest«, las sie vor. »Diese Art Unsinn hasse ich. Jemand öffnet einen Glückskeks und sitzt plötzlich mit der Weissagung da, dass er reich wird. Daran ist diese Schlampe Tyche schuld. Immer verteilt sie Glück an Leute, die es nicht verdient haben.«
Leo schaute sich den Haufen aus zerbrochenen Keksen an. »Öh … Ihr wisst doch, dass das keine echten Weissagungen sind, oder? Die werden in irgendeiner Fabrik in die Glückskekse gestopft …«
»Komm mir ja nicht mit Entschuldigungen«, fauchte Nemesis. »Das sieht Tyche ähnlich, den Leuten Hoffnungen zu machen. Nein, nein. Ich muss ihr auf die Finger hauen.« Nemesis strich mit einem Finger über den Zettel und die Buchstaben änderten sich. »Du wirst einen schmerzhaften Tod erleiden, wenn du es am wenigsten erwartest. So, viel besser.«
»Das ist schrecklich«, sagte Hazel. »Ihr würdet das jemanden in einem Glückskeks finden lassen und dann trifft es ein?«
Nemesis grinste boshaft. Es war richtig unheimlich, dieses Grinsen in Tante Rosas Gesicht zu sehen. »Meine liebe Hazel, hast du Mrs Leer nicht auch schon grauenhafte Dinge gewünscht, weil sie so gemein zu dir war?«
»Das heißt aber nicht, dass ich will, dass sie passieren.«
»Bah.« Die Göttin schloss den Glückskeks wieder und warf ihn in ihren Korb. »Tyche ist für dich wohl Fortuna, vermute ich, wo du doch Römerin bist. Wie die anderen ist sie jetzt in einer schlimmen Lage. Mich geht das nichts an. Ich heiße auf Griechisch und auf Latein Nemesis. Ich ändere mich nicht, denn Rache ist universell.«
»Worüber redet Ihr eigentlich?«, fragte Leo. »Und was macht Ihr hier?«
Nemesis öffnete noch einen Keks. »Glückszahlen. Albern. Das ist nicht mal eine echte Weissagung.« Sie zerbrach den Glückskeks und verstreute die Krümel auf dem Boden.
»Um deine Frage zu beantworten, Leo Valdez, die Götter sind in einer schrecklichen Lage. Das passiert immer, wenn zwischen Römern und Griechen ein Bürgerkrieg heraufzieht. Die Olympier sind zwischen ihren beiden Erscheinungsformen hin- und hergerissen, und beide Seiten rufen sie um Hilfe an. Sie werden richtig schizophren, fürchte ich. Schneidende Kopfschmerzen. Verwirrung.«
»Aber wir haben keinen Krieg«, sagte Leo.
»Öh, Leo«, Hazel wand sich. »Abgesehen von der Tatsache, dass du gerade einen großen Teil von Neu-Rom in die Luft gejagt hast.«
Leo starrte sie an und fragte sich, zu wem sie hier eigentlich hielt.
»Aber nicht absichtlich!«
»Ich weiß …«, sagte Hazel. »Aber den Römern ist das nicht klar. Und sie werden uns verfolgen und Rache fordern.«
Nemesis lachte abermals schrill. »Leo, hör auf das Mädchen. Der Krieg kommt. Dafür hat Gaia gesorgt, mit deiner Hilfe. Und kannst du erraten, wem die Götter die Schuld für diesen Ärger geben?«
Leo hatte den Geschmack von Kalziumkarbonat im Mund. »Mir.«
Die Göttin schnaubte. »Na, Bescheidenheit ist ja wohl nicht gerade deine Zier. Du bist nur ein Bauer auf dem Schachbrett, Leo Valdez. Ich meine die Spielerin, die für diesen lächerlichen Einsatz gesorgt hat, indem sie Römer und Griechen zusammengebracht hat. Die Götter machen Hera verantwortlich – oder Juno, wenn dir das lieber ist. Die Königin des Himmels ist aus dem Olymp geflohen, um dem Zorn ihrer Familie zu entgehen. Von deiner Schutzherrin kannst du keine Hilfe mehr erwarten.«
Leos Kopf dröhnte. Er wusste nicht, was er von Hera halten sollte. Seit seiner Geburt hatte sie sich in sein Leben
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