Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
Gefangenen gerieten abermals in Gefangenschaft.«
»Ja. Irgendwie peinlich. Jedenfalls kam auf diese Weise eine römische Legion nach China. Die Römer schlugen da dann irgendwann Wurzeln und bauten sich eine neue Stadt namens …«
»Li-Jien«, sagte Frank. »Meine Mutter sagt, dass unsere Ahnen von dort kommen. Li-Jien. Legion.«
Mars sah zufrieden aus. »Jetzt begreifst du langsam. Und der alte Seneca Gracchus, der hatte die Gabe eurer Familie.«
»Meine Mom hat gesagt, er hat gegen Drachen gekämpft«, erinnerte sich Frank. »Sie hat gesagt, er … er sei der mächtigste Drache von allen gewesen.«
»Er war gut«, gab Mars zu. »Nicht gut genug, um dem Missgeschick seiner Legion zu entrinnen, aber gut. Er ließ sich in China nieder, reichte die Familiengabe an seine Kinder weiter und so fort. Irgendwann emigrierte deine Familie nach Nordamerika und kam in Kontakt mit Camp Jupiter. …«
»Und der Kreis schließt sich«, sagte Frank. »Juno hat gesagt, ich würde den Kreis meiner Familie schließen.«
»Das werden wir ja sehen.« Mars nickte zur Großmutter hinüber. »Sie wollte dir das alles selbst sagen. Aber ich dachte, ich könnte einen Teil davon übernehmen, weil das alte Mädel nicht mehr viel Kraft hat. Hast du deine Gabe jetzt also verstanden?«
Frank zögerte. Er hatte eine Ahnung, aber die kam ihm wahnsinnig vor – noch wahnsinniger als eine Familie, die von Griechenland nach Rom nach China nach Kanada wandert. Er wollte es nicht laut sagen. Er wollte nichts Falsches sagen und von Mars ausgelacht werden. »Ich … ich glaube schon. Aber gegen eine Armee aus diesen Ungeheuern …«
»Ja, das wird hart werden.« Mars stand auf und reckte sich. »Wenn deine Großmutter morgen aufwacht, wird sie dir ihre Hilfe anbieten. Und ich nehme an, dass sie dann sterben wird.«
»Was? Aber ich muss sie retten. Ich kann sie nicht einfach verlassen.«
»Sie hat ein volles Leben gelebt«, sagte Mars. »Sie ist bereit, weiterzugehen. Sei nicht selbstsüchtig.«
»Selbstsüchtig!«
»Die alte Frau hat nur aus Pflichtbewusstsein so lange ausgehalten. Deine Mom war auch so. Deshalb habe ich sie geliebt. Für sie war immer die Pflicht am wichtigsten, vor allem anderen. Sogar vor ihrem Leben.«
»Und vor mir.«
Mars nahm seine Sonnenbrille ab. Dort, wo seine Augen hätten sitzen sollen, kochten winzige Feuerbälle wie Atomexplosionen. »Selbstmitleid hilft dir nicht weiter, Kleiner. Das ist unter deiner Würde. Sogar ohne die Familiengabe hat deine Mom dir deine wichtigsten Eigenschaften vermacht: Tapferkeit, Treue, Verstand. Und jetzt musst du entscheiden, wie du sie benutzen willst. Hör dir morgen früh an, was deine Großmutter zu sagen hat. Nimm ihren Rat an. Du kannst noch immer Thanatos befreien und das Camp retten.«
»Und meine Großmutter sterben lassen.«
»Leben ist nur deshalb kostbar, weil es ein Ende nimmt, Kleiner. Ein Gott muss es schließlich wissen. Ihr Sterblichen wisst gar nicht, was ihr für ein Glück habt.«
»Ja«, murmelte Frank. »Wahnsinnsglück.«
Mars lachte – ein scharfes metallisches Geräusch. »Deine Mom hat mir oft ein chinesisches Sprichwort zitiert. Bitter essen …«
»Bitter essen, süß schmecken«, sagte Frank. »Ich hasse dieses Sprichwort.«
»Aber es stimmt. Wie sagt man heute? Ohne Fleiß kein Preis? Das ist ungefähr dasselbe. Wenn du nur tust, was leicht ist, verlockend ist, friedlich ist, dann wird das Ende meistens sauer. Aber wenn du den harten Weg gehst – ha, dann kannst du die süße Belohnung einfahren. Pflicht. Opfer. Diese Dinge haben eine Bedeutung.«
Frank war so angewidert, dass er kaum sprechen konnte. Das sollte sein Vater sein?
Natürlich wusste Frank, dass seine Mutter eine Heldin war. Er wusste, dass sie Leben gerettet hatte und wirklich mutig gewesen war. Aber sie hatte ihn alleingelassen. Das war nicht fair. Das war nicht richtig.
»Ich gehe jetzt«, versprach Mars. »Aber eins noch – du hast dich als schwach bezeichnet. Das stimmt nicht. Willst du wissen, warum Juno dich verschont hat, Frank? Warum dieses Holzstück noch nicht verbrannt ist? Weil du noch eine Aufgabe vor dir hast … Du glaubst, du seist nicht so gut wie die anderen Römer. Du glaubst, Percy Jackson sei besser als du.«
»Ist er auch«, knurrte Frank. »Er hat gegen dich gekämpft und gewonnen.«
Mars zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Kann sein. Aber jeder Held hat eine tödliche Schwäche. Percy Jackson? Der ist seinen Freunden viel zu treu. Er
Weitere Kostenlose Bücher