Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)
behauptet, dass Ingwer hilft. Den habe ich zwar nicht, aber …«
»Ist schon gut«, Hazel rang sich ein Lächeln ab.
Frank zog einen Salzkräcker hervor, der zwischen seinen riesigen Pranken zerbrach. Kräckerkrümel wurden in alle Richtungen geschleudert.
Hazel lachte. »Himmel, Frank … tut mir leid. Ich hätte nicht lachen dürfen.«
»Ach, kein Problem«, sagt er hilflos. »Ich nehme an, den Kräcker willst du nicht mehr.«
Percy achtete nicht weiter auf sie. Als sie an Stinston Beach vorbeikamen, zeigte er an Land, wo ein einzelner Berg sich über den grünen Hügeln erhob.
»Der kommt mir bekannt vor«, sagte er.
»Mount Tam«, sagte Frank. »Die Leute im Camp redend dauernd darüber. Da war eine große Schlacht auf dem Gipfel, im alten Hauptquartier der Titanen.«
Percy runzelte die Stirn. »War jemand von euch dabei?«
»Nein«, sagte Hazel. »Das war im August, ehe ich – äh, ehe ich ins Camp gekommen bin. Jason hat mir davon erzählt. Die Legion hat den feindlichen Palast und ungefähr eine Million Monster vernichtet. Jason musste mit Krios kämpfen – Mann gegen Mann gegen einen Titanen, wenn du dir das vorstellen kannst.«
»Das kann ich mir vorstellen«, murmelte Percy.
Hazel wusste nicht so recht, was er meinte, aber Percy erinnerte sie wirklich an Jason, obwohl sie sich überhaupt nicht ähnlich sahen. Sie hatten die gleiche Aura ruhiger Stärke, dazu eine Art Traurigkeit, als ob sie ihr Schicksal gesehen hätten und wüssten, dass es nur eine Frage der Zeit war, ehe ihnen ein Monster begegnete, das sie nicht besiegen konnten.
Hazel konnte dieses Gefühl nachvollziehen. Sie sah zu, wie die Sonne im Ozean unterging, und sie wusste, dass sie weniger als eine Woche zu leben hatte. Ob ihr Einsatz nun ein Erfolg wäre oder nicht, Hazels Reise würde am Fest der Fortuna zu Ende sein.
Sie dachte an ihren ersten Tod und an die Monate davor – an ihr Haus in Seward, an die sechs Monate, die sie in Alaska verbracht hatte, und wie sie nachts mit dem kleinen Boot in die Resurrection Bay auf diese verfluchte Insel gefahren war.
Sie merkte zu spät, dass sie einen Fehler gemacht hatte. Vor ihren Augen wurde alles schwarz und sie glitt rückwärts durch die Zeit.
Das Haus, das sie gemietet hatten, war eine Bretterbude, die auf Pfählen über dem Wasser stand. Wenn der Zug aus Anchorage vorüberrollte, bebten die Möbel und die Bilder wackelten an der Wand. Nachts schlief Hazel beim Geräusch des eisigen Wassers ein, das unter den Bodenbrettern an den Felsen leckte. Der Wind ließ das Haus ächzen und stöhnen.
Sie hatten ein Zimmer mit einer Kochplatte und einem Eisschrank als Küche. Eine Ecke war durch einen Vorhang für Hazel abgetrennt und hier hatte sie ihre Matratze und ihre Kommode. Sie hatte ihre Zeichnungen und ihre alten Fotos aus New Orleans an die Wand gepinnt, aber das machte ihr Heimweh nur noch schlimmer.
Ihre Mutter war nur selten zu Hause. Sie ließ sich nicht mehr Queen Marie nennen, sie war nur noch Marie, die Aushilfe. Sie kochte und putzte den ganzen Tag im Café in der Third Avenue für Fischer, Eisenbahnarbeiter und ab und zu Matrosen. Wenn sie nach Hause kam, roch sie nach Putzmittel und gebratenem Fisch.
Nachts verwandelte sich Marie Levesque dann: Die Stimme übernahm die Herrschaft, erteilte Hazel Befehle, ließ sie an ihrem grauenhaften Projekt arbeiten.
Im Winter war es am schlimmsten. Die Stimme blieb länger, weil es die ganze Zeit dunkel war. Es war so kalt, dass Hazel glaubte, nie wieder warm zu werden.
Als der Sommer kam, konnte Hazel gar nicht genug Sonne bekommen. Jeden Tag der Sommerferien blieb sie so lange von zu Hause weg, wie sie nur konnte, aber sie ging nicht in den Ort. Es war eine kleine Gemeinde. Die anderen Kinder setzten Gerüchte über sie in Umlauf – das Kind der Hexe aus der alten Baracke bei den Docks. Wenn sie zu nahe kam, verspotteten die anderen sie oder bewarfen sie mit Steinen und Flaschen. Die Erwachsenen waren nicht viel besser.
Hazel hätte ihnen das Leben vergällen können. Sie hätte ihnen Diamanten, Perlen oder Gold geben können. Hier in Alaska war das mit dem Gold leicht. Es gab in den Hügeln so viel davon, Hazel hätte die Stadt ohne große Mühe unter Gold begraben können. Aber sie hasste die Leute aus dem Ort nicht dafür, dass sie sie ausstießen. Sie konnte ihnen eigentlich keinen Vorwurf machen.
Sie verbrachte ihren Tag in den Hügeln. Sie lockte Raben an, die ihr aus den Bäumen zukrächzten und auf die
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