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Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)

Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition)

Titel: Helden des Olymp: Der Sohn des Neptun (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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aus dem Griff verlor.
    Gaia wollte ihre Identität verzehren, so, wie sie Hazels Mutter bezwungen hatte. Sie wollte alle Menschen, Götter und Halbgötter verschlingen, die wagten, über ihre Oberfläche zu laufen. Ihr gehört alle mir, murmelte Gaia wie ein Schlaflied. Ergebt euch. Kehrt zur Erde zurück.
    Nein, dachte Hazel. Ich bin Hazel Levesque. Mich kriegst du nicht.
    Marie Levesque stand über der Grube. In den sechs Monaten war ihr Haar aschgrau geworden. Sie hatte abgenommen und ihre Hände waren knotig von der harten Arbeit. Sie trug Schneeschuhe und Stiefel und ein fleckiges weißes Hemd aus dem Café. Nie im Leben hätte sie irgendwer für eine Königin gehalten.
    »Es ist zu spät.« Die schwache Stimme ihrer Mutter hallte in der Höhle wider. Entsetzt erfasste Hazel, dass es wirklich ihre Stimme war – nicht die Gaias.
    »Mutter?«
    Marie fuhr herum. Ihre Augen waren offen. Sie war wach und bei Bewusstsein. Hazel hätte erleichtert sein sollen, aber es machte ihr Angst. Die Stimme hatte die Kontrolle über sie niemals aufgegeben, wenn sie auf der Insel gewesen waren.
    »Was habe ich getan?«, fragte ihre Mutter hilflos. »Ach, Hazel, was habe ich dir angetan?«
    Voller Entsetzen starrte sie das Ding in der Grube an.
    Sie kamen seit Monaten her, vier- oder fünfmal die Woche, wie die Stimme es verlangte. Hazel hatte geweint, sie war vor Erschöpfung zusammengebrochen, sie hatte gefleht, sie hatte der Verzweiflung nachgegeben. Aber die Stimme, die ihre Mutter beherrschte, hatte sie erbarmungslos weitergetrieben. Hol Schätze aus der Erde. Benutz deine Kräfte, Kind. Bring mir meinen wertvollsten Besitz.
    Zuerst hatten ihre Bemühungen ihr nur Verachtung eingetragen. Der Riss in der Erde hatte sich mit Gold und Edelsteinen gefüllt, die in einer dicken Petroleumsuppe blubberten. Es sah aus wie ein in eine Teergrube geworfener Drachenschatz. Dann wuchs langsam eine Felsenspitze heraus wie eine massive Tulpenzwiebel. Der Felsen tauchte so langsam auf, Nacht für Nacht, dass es Hazel schwerfiel, das Wachstum abzuschätzen. Oft konzentrierte sie sich die ganze Nacht darauf, ihn hervorzuholen, bis ihr Geist und ihre Seele erschöpft waren, doch sie sah keinen Unterschied. Aber der Felsenturm wuchs dennoch.
    Jetzt konnte Hazel sehen, wie viel sie geschafft hatte. Das Ding war zwei Stock hoch, ein Gewirr aus felsigen Ranken, die wie ein Turm aus dem öligen Morast aufragten. Drinnen glühte etwas vor Hitze, Hazel konnte es nicht deutlich sehen, aber sie wusste, was dort vor sich ging. Ein Körper formte sich aus dem Silber und dem Gold, mit Öl als Blut und ungeschliffenen Diamanten als Herz. Hazel half dem Sohn der Gaia bei der Auferstehung. Er stand schon kurz vor dem Erwachen.
    Ihre Mutter fiel auf die Knie und weinte. »Es tut mir so leid, Hazel. Es tut mir so leid.« Sie sah hilflos und allein aus und entsetzlich traurig. Hazel hätte wütend sein müssen. Es tut mir leid? Jahrelang hatte sie sich vor ihrer Mutter gefürchtet. Sie war ausgeschimpft und für das unglückliche Leben ihrer Mutter verantwortlich gemacht worden. Sie war behandelt worden wie eine Missgeburt, war aus ihrer Heimat New Orleans weggerissen und in diese kalte Wüste verschleppt worden, und sie hatte wie eine Sklavin für eine erbarmungslose böse Göttin schuften müssen. Es tut mir leid kratzte nicht einmal an der Oberfläche. Sie hätte ihre Mutter verachten müssen.
    Aber sie schaffte es nicht, wütend zu sein.
    Hazel kniete nieder und legte den Arm um ihre Mutter. Es war kaum noch etwas von ihr übrig – nur Haut und Knochen und verdreckte Arbeitskleidung. Sogar in der heißen Höhle zitterte sie.
    »Was können wir tun?«, fragte Hazel. »Sag mir, wie ich der Sache ein Ende machen kann.«
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Sie hat mich freigelassen. Sie weiß, dass es zu spät ist. Wir können nichts mehr tun.«
    »Sie … die Stimme?« Hazel hatte Angst, neue Hoffnung zu schöpfen, aber wenn ihre Mutter wirklich frei war, dann war ihr alles andere egal. Sie konnten von hier fort. Sie könnten fliehen, zurück nach New Orleans. »Ist sie weg?«
    Ihre Mutter schaute sich ängstlich in der Höhle um. »Nein, sie ist hier. Es gibt noch etwas, das sie von mir verlangt. Und dazu braucht sie meinen freien Willen.«
    In Hazels Ohren klang das gar nicht gut.
    »Komm, machen wir, dass wir hier wegkommen«, drängte sie. »Dieses Ding im Felsen … das kommt bald raus.«
    »Bald«, sagte ihre Mutter. Sie sah Hazel so liebevoll

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