Helden-Maus
Hügels, auf dem sie ihr Lager aufgeschlagen hatten, strömte das Wasser durch die niedrigen Kanäle. »Wir müssen es versuchen!« rief Esk.
Da ertönte ein neues Krachen. »Ich bin hier, wo seid ihr?« donnerte Knacks' Stimme.
»Verschwinde, du großer, hässlicher Idiot!« kreischte Metria.
»Sie auch nett, Dämonin fett«, brüllte der Oger zurück, über das Kompliment erfreut. Ein paar weitere Schritte, und schon war er da, seine riesigen, hornigen Füße schlugen Funken aus dem stöhnenden Boden, sobald er sie aufsetzte. »Ziemlich nass, für euch kein Spaß?«
»Bring Volney in Sicherheit!« rief Esk, denn der Wühlmäuserich, als kleinster der Gruppe, schwebte in der größten unmittelbaren Gefahr. Hätten sie mehr Zeit gehabt, so hätte Volney vielleicht einen Tunnel in die Tiefe graben und eine Höhle versiegeln können, um den Wasserschwall unversehrt zu überleben.
»Bring die Maus schon nach Haus«, willigte der Oger ein. Sie hörten ein Geräusch, als er Volney in der Dunkelheit suchte und fand, um ihn aufzunehmen.
»Verdammt!« rief Metria. »Einer entkommt!«
Plötzlich hörten sie das Geräusch riesiger Schwingen, und als sie zum Himmel sahen, bemerkten sie eine gewaltige Fluggestalt, die die wenigen Sterne erlöschen ließ, die es gewagt hatten, ihr Licht auf diese schreckliche Nacht zu ergießen. »Krächz?«
»Vater!« rief Chex. »Bring Esk in Sicherheit!«
»Nein!« rief Esk. »Nimm Latia!« Denn er wusste, dass sie älter und gebrechlicher war als er.
Xap widersprach nicht. Er bekam das Fluchungeheuer zu packen, breitete die Schwingen wieder aus und flog davon.
»Ein doppeltes Pfui!« fluchte die Dämonin. »Jetzt sind schon zwei von ihnen gerettet. Aber das ist auch alles, du Narr; jetzt kommen keine weiteren Ungeheuer, und du sitzt in der Patsche!«
Und in der Tat begann das Wasser nun den kleinen Hügel anzugreifen. Es hörte sich an, als würden noch weitaus größere Wassermassen auf sie zukommen. Mark und Bria mochten die Flut vielleicht überleben, da sie nicht lebendig waren, aber für Chex und Esk war es tatsächlich lebensgefährlich.
»Ach, wie ich mir doch wünschte, dass ich fliegen könnte!« rief die Zentaurin durch den ohrenbetäubenden Lärm.
»Ich wünschte auch, dass du es könntest!« erwiderte Esk schreiend. Da hatte er eine Idee. »Bria – könnte der Anpassungszauber ihr nicht die Flugfähigkeit verleihen?«
»Er könnte dafür sorgen, dass sie sich mit dir paart, aber das ist schon alles«, erwiderte Bria traurig. »Ach, Esk, ich will dich nicht verlieren!«
»Nimm meine Seele!« rief er ihr zu. »Nimm sie, bevor ich sie ohnehin verliere!«
»Nein! Dann würde ich dich nur lieben, und du wärst weg!«
»Dann gib sie mir«, warf Metria ein. »Es hat doch keinen Wert, eine brauchbare Seele zu vergeuden.«
Esk schlug ihr vor, etwas mit sich selbst anzustellen, was wahrscheinlich nur einer Dämonin gelingen würde; einen Sterblichen hätte es jedenfalls von innen nach außen gestülpt.
»Setz dich auf meinen Rücken«, rief Chex ihm zu. »Ich versuche, das Wasser zu durchstoßen.«
»Das gelingt dir nie, Maultierhirn!« schrie die Dämonin. »Das Wasser ist viel zu stark!«
Esk vermutete, dass sie recht hatte, dennoch taumelte er durch das noch seichte Wasser auf die Zentaurin zu. »Wo bist du, Chex?«
»Hier«, erwiderte sie. Ihr peitschender Schweif berührte ihn am rechten Arm, der sich daraufhin ganz unerwartet leicht anfühlte.
Er griff nach ihr und wollte sie besteigen, doch das spritzende Wasser hatte ihr Fell äußerst glatt gemacht. Sie hatte die Flügel gespreizt, um das Gleichgewicht zu halten, und ihr Schlagen erzeugte einen Luftstoß, der alles noch schlimmer machte. So glitt er von ihr ab und fiel platschend ins Wasser.
»Versuch es noch einmal«, drängte sie. »Vielleicht können Mark oder Bria dich stützen.« Wieder traf ihn ihr nervös zuckender Schweif am Rücken.
Plötzlich fühlte Esk sich unglaublich leicht.
Er sprang – und sauste über ihren Rücken hinweg, landete mit einem erneuten Platschen auf der anderen Seite im Wasser.
»Was ist denn los?« übertönte sie das Gebrüll.
»Ich… ich bin über dich hinweggesprungen!« rief er und konnte es selbst kaum glauben. »Ich fühle mich so leicht!«
»Das stimmt«, bemerkte Mark. »Ihr Schweif macht alles leichter; das habe ich auch gespürt, als ich auf ihr ritt und er mich berührte. Ich habe es völlig vergessen gehabt.«
»Mein Schweif macht Dinge leichter?«
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