Helden-Maus
an uns herangetragen wird, da der Gute Magier Humfrey verschwunden ist, muss diese Sache warten. Vordringlich geht es jetzt darum, den Magier Humfrey ausfindig zu machen.«
»Ach, Papi!« rief Ivy wütend. »Willst du ihnen denn kein kleines bisschen helfen?«
»Nicht jetzt, Ivy. Wenn wir den Guten Magier gefunden haben, müsste er dazu in der Lage sein, den Wühlmäusen zu helfen, genau wie Volney es ja eigentlich von ihm erbitten wollte.«
»Aber die bösen Dämonen tun diesem freundlichen Fluss weh!« protestierte Ivy. »Lass mich wenigstens mit ihnen gehen!«
»Nein«, erwiderte König Dor.
»Aber Papi!«
Königin Irene drehte sich zu ihrer Tochter um. »Nein«, wiederholte sie, und obwohl es recht freundlich klang, wich das kleine Mädchen zurück, als wäre es böse getadelt worden.
Von Schloss Roogna war also keine Hilfe zu erwarten. Esk musste daran denken, ob Cherie Zentaur möglicherweise bei dieser grausamen Entscheidung ihre Hand im Spiel hatte.
Sie verließen den Audienzsaal. Nun war Volney ebenso niedergeschlagen wie Chex. Was sollten sie tun? Alle ihre Missionen waren so lange lahmgelegt, bis der Gute Magier gefunden war.
Als sie gerade das Schloss verließen, jagte Ivy hinter ihnen her. »Aber vielleicht hilft jemand anders!« rief sie. »Die anderen Zentauren oder vielleicht die Oger oder irgend jemand! Vielleicht könnt ihr sie ja fragen gehen! Vielleicht könnt ihr drei ja selbst etwas tun!«
Das hob Esks Stimmung. Inzwischen erschien ihm sein eigenes Anliegen beim Guten Magier relativ unbedeutend zu sein; sicherlich hatte er sich nur etwas eingebildet, als er glaubte, dass die Dämonin seiner Familie wirklich Schaden zufügen könnte. Denn sie wollte nur eins: in seinem Versteck allein gelassen werden.
6
ZENTAUR
Chex trabte nach Süden, den Weg entlang, der auf der Karte ihrer Mutter eingezeichnet war. Sie rechnete damit, in zwei Tagen auf der Zentaureninsel einzutreffen; dann wollte sie einen Tag bleiben, um dann in zwei Tagesmärschen wieder zurückzukehren. Zeit genug, um rechtzeitig zu der Verabredung mit Esk und Volney einzutreffen, die jeweils in eine andere Richtung losgezogen waren. Sie hatten sich darauf geeinigt, sich in sieben Tagen wieder zu treffen, in der Hoffnung, dass wenigstens einer von ihnen bis dahin Hilfe für das Tal der Wühlmäuse und den geplagten Küssmichfluss beschaffen würde.
Der Pfad verlief parallel zur Westküste Xanths. Er war weder gut markiert, noch sonderlich gepflegt, doch lag ein Schutzzauber über ihm, so dass es keine Probleme mit räuberischen Wesen geben sollte. Und außerdem war ja noch Ivy bei ihr.
»Ach, das macht Spaß!« rief Ivy. Sie saß auf Chex' Rücken, und für sie war einfach alles ein Spaß. Ivys Magie war die Verstärkung, und es war eine Magie von Magierkaliber. Da sie in Chex eine wunderbare Kreatur sah, die beinahe fliegen konnte, war Chex nun im Trab um einiges schneller als sonst im vollen Galopp. Die Magie des Kindes verlieh ihr gewaltigen Auftrieb, es war tatsächlich wie Fliegen, denn ihre Kraft war so groß und ihre Füße waren ihr so leicht. Außerdem war das Kind eine angenehme Gesellschaft; Ivy verlangte nichts Unvernünftiges und war eine ausgezeichnete Reiterin. Offensichtlich hatte Chex' Großmutter Cherie sie nicht nur auf akademischem Gebiet ausgebildet.
Doch der Gedanke an Cherie Zentaur ernüchterte Chex. Cherie war gewiss eine prachtvolle Zentaurin, aber sie war auch sehr altmodisch. Sie hatte schon König Dor und Königin Irene unterrichtet, und nun unterwies sie die nächste Generation; gewisse Dinge jedoch konnte sie einfach nicht akzeptieren, beispielsweise Magie bei Zentauren. Und Rassenmischung. Chester Zentaur dagegen hatte den Ruf eines Haudegens, der immer lieber kämpfte als zu diskutieren; doch was Magie und Rassenmischung anging, war er sehr tolerant. Onkel Chet hatte gemeint, dass dies auf Chesters Onkel Herman den Einsiedler zurückzuführen war, der die magische Fähigkeit besessen hatte, mit Irrlichtern zu kommunizieren, und der bei der Verteidigung Xanths gegen die Zappler den Heldentod gestorben war. Außerdem war Chester unfähig, in seinen Nachkommen irgend etwas Böses zu sehen. Doch wenngleich Chester über die Muskeln verfügte, besaß Cherie den Willen, und dieser Wille setzte sich durch. Chex war in der Gegend von Schloss Roogna zwar unausgesprochen, aber nicht minder wirksam unwillkommen.
Die kleine Ivy jedoch war eine völlig andere Person und eine Macht für sich. Als sie ihre
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