Helden-Maus
siehst so rot im Gesicht aus, was unter den Lebenden doch ein Anzeichen für Schmerz und Leid ist, soweit ich gehört habe.«
»Äh, ja, es schmerzt auch«, stimmte Esk schnell zu. »Mein Körper steckt in dieser Grube, und ich mache mir große Sorgen, dass ihm irgend etwas zustoßen könnte, bevor ich gerettet werde. Wenn ich nur eine Nachtmähre aufsuchen könnte…«
»Ja, es muss ein ziemlich großes Problem sein, lebendig zu sein«, meinte Bria. »Stimmt es, dass ihr essen und ausscheiden müsst, nur damit es weitergeht?«
»Messingmenschen etwa nicht?«
»Natürlich nicht. Warum soll man sich auch mit diesen ganzen Unbequemlichkeiten und dem Schmutz abgeben, wenn man nicht muss? Ich vermute, dass du auch diese unbequeme Kleidung tragen musst, damit dir warm ist.«
»Du solltest ihn nicht in Verlegenheit bringen, indem du Bemerkungen über seine Fleischesschwächen machst«, tadelte Mark sie.
»Ja, es stimmt«, erwiderte sie. »Ich entschuldige mich, Esk.« Sie trat auf ihn zu, legte die Arme um ihn und küsste ihn auf den Mund. »Genügt das?«
Wie gelähmt stand Esk da, im Augenblick war er ebenso reglos wie eine Metallstatue.
»Anscheinend nicht«, bemerkte Mark.
»Dann muss ich mir wohl mehr Mühe geben«, sagte sie fröhlich. »Esk, es tut mir leid, wenn ich etwas gesagt habe, was dich beleidigt oder peinlich berührt hat, und ich hoffe, du verzeihst mir das.« Dann umarmte sie ihn so fest, dass er beinahe sein Gleichgewicht verloren hätte und unwillkürlich nach einem Halt tastete, wobei er die Arme um sie legte. Dann küsste sie ihn wieder, tief und kräftig. Sie war zwar aus Metall, doch ihre Lippen waren warm und weich.
Schließlich wandte sie den Kopf ein Stückchen zurück. »Genügt das als Entschuldigung?« fragte sie wieder.
Esk fühlte sich, als würde er über den Baumwipfeln schweben. Alles, was ihn noch festhielt, war ihr Körper, den er umschlungen hatte. Dann spürte er unter seiner Hand einen Dübel, und er erkannte, was er da eigentlich festhielt. Und wieder erstarrte er.
»Anscheinend gibst du dir doch nicht genug Mühe«, bemerkte Mark.
Bria schnitt eine süße Grimasse. »Anscheinend nicht. Nun, dann werde ich eben dafür sorgen, dass es beim nächsten Mal ganz bestimmt klappt.« Sie atmete ein und bereitete sich so auf ihr großes Werk vor.
»Nein – nein!« stammelte Esk. »Ich – ich – ich nehme deine… Ent – … Entschuldigung an!«
Sie legte den Kopf schräg, und ihr Haar fiel mit kupfernem Schimmer auf die Schultern. »Bist du sicher? Du siehst immer noch gerötet aus.«
»V – völlig sicher«, sagte er unsicher.
»Dann bin ich ja beruhigt. Vergiss nicht, es mir zu sagen, wenn ich dich wieder in Verlegenheit bringen sollte.«
»Äh, ja, gewiss«, versprach er, als sie sich von ihm löste und seine Hand schließlich von ihrer Backe glitt.
»Entschuldigungen sind ja so eine Plage!« bemerkte Mark. »Ich weiß nicht, für wen von beiden es schlimmer ist, für denjenigen, der sich entschuldigt, oder für den anderen.«
Nun musste Esk nicht nur seinen Blick, sondern auch noch seine Phantasie streng zügeln. Seine Erfahrung mit Frauen war sehr begrenzt, doch er begann zu entdecken, dass die Nuancen einer solchen Beziehung von gewaltiger Sprengkraft sein konnten. Er hatte Bria erst vor wenigen Augenblicken kennengelernt, und doch hatte sie seiner Vorstellungskraft schon eine gänzlich neue Dimension erschlossen.
»Wir sollten besser den Pfad entlanggehen«, meinte Bria. »Da Esk nicht von unserer Welt ist, sollte es ihm eigentlich gelingen, uns zur Orientierung zurückzuverhelfen, solange wir Kontakt zu ihm halten.«
»Ganz meine Meinung«, erwiderte Mark.
Bria nahm Esks rechte Hand und Mark seine linke, und so gingen sie den Pfad entlang. Esk ließ sich führen, denn in Gedanken war er woanders. Wie konnte ein Metallwesen nur so weich sein?
Der Pfad schlug einen Haken nach dem anderen, wurde mal schmal, dann wieder breit, doch sie hielten sich aneinander fest und schritten unentwegt weiter.
Bria entdeckte etwas vor sich, vielleicht einen winzigen Stein, und bückte sich schnell, um ihn mit der freien Hand aufzunehmen. »Genau das, was ich schon immer gewollt habe!« rief sie.
»Ach ja? Was ist es denn?« fragte Esk.
Sie blickte ihn von der Seite an. »Vielleicht nichts von Bedeutung. Nur ein weiterer verlorener Gegenstand, den ich wohl aufheben werde für den Fall, dass ich ihn eines Tages brauchen sollte.«
Esk zuckte die Schultern. Natürlich
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