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Helden-Maus

Titel: Helden-Maus Kostenlos Bücher Online Lesen
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Handknochen – und sofort schnappten die beiden zusammen, als wären sie magnetisiert.
    »Jetzt kannst du mit meiner Hilfe dein Gleichgewicht halten«, rief der Schädel ihr zu. »Versuche, mich nicht allzu stark zu belasten.«
    Chex beäugte den schmalen Pfad, über dem nur die Knochenleine hing. Die Sache erschien ihr entsetzlich riskant, doch Mark hatte schon einmal bewiesen, dass er wusste, was er tat.
    Sie hielt sich an der Leine fest und schritt die Felskante entlang. Die Bergwand drückte ihren massiven, pferdischen Körper nach außen, und sie konnte sich nicht richtig mit den Hufen abstemmen. Ihre Flügel erschwerten die Sache noch, weil auch sie Raum beanspruchten. So klammerte sie sich an der Leine fest, wobei ihr Körper immer mehr aus dem Gleichgewicht geriet, weit über den Abgrund gebeugt.
    Sie hatte sich noch nie vor Höhen gefürchtet, immer nur vor Tiefen, doch es wäre ein leichtes gewesen, jetzt eine derartige Angst zu kultivieren!
    Ihre Hände schwitzten etwas, aber sie konnte sie nicht reinigen. Sie hoffte nur, dass die Knochen nicht kitzlig waren.
    »Das ist sehr gut«, meinte Marks Schädel, der nun direkt unter ihrer Hand lag.
    Erschrocken hätte Chex fast die Leine fahren lassen. Einen Augenblick lang hatte sie ganz vergessen, woraus sie bestand! »Danke«, murmelte sie angespannt.
    Sie hangelte sich die Rippenknochen entlang, bis sie die Rückgrat- und schließlich die Hüftknochen erreichte, wobei sie krampfhaft jeden Gedanken an ihre Natur vermied, nicht etwa aus menschlicher Zimperlichkeit, sondern weil sie gar nicht erst die Frage aufkommen lassen wollte, wie diese Knochen es nur schafften, in dieser Form zusammen zu halten. Mark war ein viel erstaunlicheres Wesen, als sie zunächst geglaubt hatte!
    Schließlich gelangte sie ans Ende der Leine, wo der Pfad auch breiter wurde und wo der letzte Fingerknochen sich in eine Felsnische eingehakt hatte. Hätte sie vorher gewusst, dass dies der ganze Halt der Leine war, dann wäre sie noch nervöser gewesen!
    Endlich fand sie wieder richtigen Halt unter den Hufen und ließ die Leine fahren. »Ich habe es geschafft!« rief sie dem Schädel zu. »Und jetzt?«
    »Hol mich ein«, rief der Schädel, als das andere Ende der Leine heranschwang. Dort hatte der letzte Finger losgelassen.
    Handbreit um Handbreit holte sie die Knochen wieder ein. »Das ist gut«, sagte der Schädel, als sie ihn vor sich hatte, und blickte sie kurz aus einer Augenhöhle an.
    »Aber wie willst du dich denn jetzt wieder zusammensetzen?« fragte sie.
    »Dafür brauche ich etwas Hilfe«, gestand der Schädel. »Du musst die Knochen wieder in der richtigen Reihenfolge anordnen.«
    »Aber ich kenne doch die richtige Reihenfolge nicht!«
    »Ich werde dich dabei anleiten.«
    Und so geschah es auch. Sie legte jeden Knochen so an den anderen an, wie der Schädel es ihr vorschrieb. Nach einer Weile hatte Mark wieder seine richtige Skelettgestalt angenommen.
    »Je mehr ich über dich erfahre, desto größer wird meine Achtung für dich«, teilte sie ihm mit. »Ich hätte nie geglaubt, dass Knochen so vielseitig sein könnten.«
    »Danke. Und ich muss zugeben, dass dein Fleisch auch nicht halb so unbeholfen oder abstoßend ist, wie ich zunächst erwartet hatte.«
    »Danke«, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns.
    Dann setzten sie ihren Aufstieg fort. Langsam näherten sie sich dem Gipfel. Zum Glück, denn es war schon spät am Tag, und sie wollte die Nacht nicht auf dem Pfad verbringen. Sollte eines der Flügelungeheuer sie für ein nächtliches Beuteopfer halten, könnte ihre Lage äußerst prekär werden.
    Dann kamen sie an eine Felsspalte. Sie zog sich erst schmal über den Pfad, um immer breiter zu werden, bis sie schließlich eine gewaltige Spalte abgab. Wie sollte sie nur auf die andere Seite gelangen?
    Chex blickte sich um. Es gab ein paar armselige Bäume und etwas totes Holz in der Umgebung, ferner ein paar andere Gewächse und lose Gesteinsbrocken. Mehr nicht. Erneut musterte sie die Felskluft. Sie war eindeutig zu breit, als dass Chex sie hätte überspringen können. Rechts und links vom Weg wurde sie auch nicht schmaler, im Gegenteil. Der gesamte Berggipfel war in zwei Teile gespalten, und das Plateau, auf dem sich die Flügelungeheuer zu treffen pflegten, lag auf der gegenüberliegenden Seite.
    »Dich könnte ich vielleicht noch auf die andere Seite schleudern«, sagte sie zu Mark. »Aber für mich ist das zu weit.«
    »Ich kann keine Stellen erkennen, wo ich mich

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