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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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glaubte, im Unterholz jemanden stöhnen zu hören. Auch, wenn gerade ein Kamerad im Moor versunken war, die empfindlichen Eingeweide des Jungen verlangten ihr Recht. Wahrscheinlich arbeiteten sie jetzt nur noch schneller als zuvor. Forest stieß schließlich zu ihnen, bis zu den Knien mit schwarzem Schlamm bedeckt. Sie alle waren damit beschmiert, befleckt, bespritzt; Tunny ganz besonders.
    »Wie ich höre, haben wir einen Rekruten verloren.« Forest hatte es oft genug vor sich hingesagt, um nun angemessen unberührt zu klingen. Das musste er nun einmal.
    »Klige«, presste Tunny zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. »Wollte Weber werden. Wir haben einen Mann in diesem verdammten Sumpf verloren. Wieso sind wir überhaupt hier?« Die untere Hälfte seines Mantels war schwer mit öligem Schlamm überzogen, den er nun abpellte und von sich schleuderte.
    »Sie haben Ihr Bestes getan.«
    »Weiß ich!«, gab Tunny kurz angebunden zurück.
    »Sie hätten gar nicht mehr …«
    »Er hatte Gepäck von mir in seinem Rucksack! Acht gute Flaschen Branntwein! Wissen Sie, was ich dafür hätte bekommen können?«
    Es entstand eine Pause.
    »Acht Flaschen.« Forest nickte langsam. »Sie sind schon ein echtes Original, Korporal Tunny, wissen Sie das? Da bin ich seit sechsundzwanzig Jahren beim Heer Seiner Majestät, aber Sie können mich immer noch überraschen. Ich sag Ihnen was, Sie können mal diese Anhöhe dort hinaufsteigen und herausfinden, in welchem Höllenschlund wir hier eigentlich hocken, während ich versuchen werde, den Rest des Bataillons hierher durchzubringen, ohne noch mehr Flaschen zu versenken. Vielleicht kommen Sie dann auf andere Gedanken und trauern nicht mehr ganz so sehr über Ihren Verlust.« Damit stakste er von dannen und raunzte ein paar Männer an, die versuchten, ein zitterndes Maultier aus dem knietiefen Schlamm zu befreien.
    Tunny stand noch eine Weile räuchernd da, aber damit war nichts zu gewinnen, wie er sehr wohl wusste. »Dotter, Lattenlister, Werth, ran hier!«
    Dotter stand mit großen Augen auf. »Werth … Werth …«
    »Der quetscht noch was raus«, sagte Lederlingen, der in seinem Rucksack herumwühlte und verschiedene durchnässte Stücke zum Trocknen an ein paar Zweige hängte.
    »Natürlich. Was wohl auch sonst? Dann warten Sie auf ihn. Und Sie, Dotter, kommen mit mir und versuchen, mir nicht auch noch wegzusterben.« Er schritt den Abhang hinauf. Die nassen Hosen rieben unangenehm an seinen Beinen, und schlecht gelaunt trat er ein paar Zweige und Äste beiseite, die quer auf dem Weg lagen.
    »Sollten wir nicht leise sein?«, flüsterte Dotter. »Was, wenn wir dem Feind begegnen?«
    »Dem Feind!«, schnaubte Tunny. »Höchstwahrscheinlich treffen wir auf das andere Scheiß-Bataillon, das ganz gemütlich über die Alte Brücke und einen schönen Pfad hierhergezockelt ist, um trocken und sicher vor uns hier anzukommen. Das würde vielleicht ein tolles Bild abgeben, was?«
    »Weiß nicht, Herr Korporal«, raunte Dotter, der sich beinahe auf allen vieren den schlammigen Hang hinaufmühte.
    »Korporal Tunny! Und ich wollte damit nicht Ihre Meinung einholen! Die werden vielleicht blöde grinsen, wenn sie uns in unserem Aufzug zu Gesicht bekommen. Was werden die sich amüsieren!« Sie hatten nun den Waldrand erreicht, und hinter den Ästen konnte Tunny die verschwommenen Umrisse des entfernten Hügels sehen, auf dessen Spitze sich die stehenden Steine erhoben. »Wenigstens sind wir am richtigen Ort«, knurrte er, um dann leiser fortzufahren: »Wenn auch vielleicht nass, wund, hungrig und arm. Scheiß-General Jalenhorm, verdammt noch eins, klar rechnet ein Soldat damit, dass er angeschissen wird, aber das hier …«
    Hinter den Bäumen fiel der Boden wieder ab. Alte Baumstümpfe und junge Setzlinge zeugten davon, dass Holzfäller hier am Werk gewesen waren; ihre verlassenen Hütten waren zusammengefallen und schon fast wieder völlig verrottet. Etwas weiter entfernt rauschte leise ein schmaler Fluss, eigentlich kaum mehr als ein Bach, der nach Süden führte und dort in den Albtraumsumpf hineinsickerte, den sie gerade überquert hatten. Das gegenüberliegende Ufer hatte eine steile Abbruchkante mit leichtem Überhang, dahinter lag ein grasbewachsener Hang, auf dem ein Bauer, der offenbar Wert auf ordentlich abgesteckte Gebietsgrenzen legte, eine ungleichmäßige Trockensteinmauer errichtet hatte. Jenseits der Mauer bewegte sich etwas. Speere, deren Spitzen im schwindenden Licht

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