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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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schimmerten. Also hatte er Recht gehabt, dachte Tunny grimmig. Das andere Bataillon war vor ihnen angekommen. Er begriff nur nicht, wieso sie sich auf der Nordseite der Mauer befanden …
    »Was ist denn, Korporal?«
    »Hab ich nicht gesagt, leise, verdammt noch mal?« Tunny zerrte Dotter ins Gebüsch und zog sein Fernrohr heraus, ein gutes, dreiteiliges Modell aus Messing, das er bei einem Vierseits-Spiel von einem Offizier des Sechsten Regiments gewonnen hatte. Er beugte sich leicht nach vorn und fand eine Lücke im Unterholz. Auf der anderen Seite des Flüsschens ging es recht steil aufwärts, und danach fiel das Land wieder ab, aber so weit er erkennen konnte, zeigten sich überall hinter der Mauer Speere. Er entdeckte auch ein paar Helme, und Rauch, vielleicht von einer Kochstelle. Dann sah er einen Mann in den Bach hineinwaten. Er hatte sich aus einem Speer und einem Stück Schnur eine Angel gebastelt und stand mit zotteligem Haar und nacktem Oberkörper im Wasser. Das war nie und nimmer ein Unionssoldat, und er befand sich vielleicht nur zweihundert Schritt von der Stelle entfernt, wo sich Tunny und Dotter im Unterholz verbargen.
    »Oh -oh «, hauchte Tunny.
    »Sind das Nordmänner?«, flüsterte Dotter.
    »Sicher sind das Nordmänner, verdammt viele noch dazu. Und wir hocken direkt an ihrer Flanke.« Tunny reichte dem Rekruten das Fernrohr und erwartete beinahe, der Junge würde sich das falsche Ende ans Auge halten.
    »Woher kommen die?«
    »Ich würde meinen, aus dem Norden, oder was glauben Sie?« Damit nahm er Dotter das Fernrohr wieder ab. »Irgendjemand muss zurück. Wir müssen denen, die höher auf diesem Misthaufen stehen als wir, berichten, in was für einen Schlamassel wir hier geraten sind.«
    »Das werden die aber doch schon wissen, oder? Die werden selbst schon an die Nordmänner geraten sein?« Dotters Stimme, die nie besonders ruhig klang, bekam eine leicht hysterische Färbung. »Ich meine, das müssen die doch! Das müssen die wissen!«
    »Wer weiß schon, was genau wer weiß, Dotter? Wir sind in einer Schlacht.« Noch während er diese Worte sprach, erkannte Tunny mit wachsender Besorgnis, dass sie der Wahrheit entsprachen. Wenn hinter dieser Mauer dort Nordmänner lagerten, dann musste es einen Kampf gegeben haben. Eine verdammte Schlacht. Vielleicht auch nur den Anfang einer richtig großen. Der Nordmann im Fluss hatte etwas gefangen, ein schmaler schimmernder Fisch zappelte am Ende seiner Schnur. Ein paar seiner Kameraden standen oben auf der Mauer, riefen etwas und winkten. Überall lachende Gesichter. Wenn es wirklich zum Kampf gekommen war, dann sah es verdammt noch mal so aus, als ob die andere Seite gewonnen hatte.
    »Tunny!« Forest kroch vornübergebeugt hinter ihnen durch das Gehölz. »Auf der anderen Seite des Baches dort sind Nordmänner!«
    »Und sie angeln, man glaubt es kaum. Sie wimmeln dort überall herum, auf ganzer Länge der Mauer.«
    »Einer unserer Jungs ist auf einen Baum gestiegen, und er sagte, er könnte Reiter auf der Alten Brücke sehen.«
    »Sie haben die Brücke eingenommen?« Tunny kam allmählich zu der Überzeugung, dass er von Glück sagen konnte, aus dem Tal herausgekommen zu sein, ohne mehr als acht Flaschen Branntwein einzubüßen. »Wenn sie die überschreiten, dann sind wir von den anderen abgeschnitten!«
    »Das ist mir bewusst, Tunny. Das ist mir verdammt noch mal bewusst. Wir müssen eine Nachricht an General Jalenhorm übermitteln. Suchen Sie jemanden für diese Aufgabe aus. Und bleiben Sie außer Sicht!« Damit kroch er zurück durch das Dickicht.
    »Jemand muss noch einmal durch den Sumpf gehen?«, hauchte Dotter.
    »Es sei denn, Sie könnten drüber hinweg fliegen.«
    »Ich?« Das Gesicht des Jungen war ganz grau. »Ich kann das nicht, Korporal Tunny, nicht, nachdem Klige … ich schaffe das einfach nicht!«
    Tunny zuckte die Achseln. »Irgendjemand wird es müssen. Sie haben es hierhergeschafft, dann schaffen Sie es auch wieder zurück. Halten Sie sich immer schön an die Stellen mit dem Gras.«
    »Korporal!« Dotter hatte Tunnys dreckigen Ärmel gepackt und kam ihm mit seinem sommersprossigen Gesicht unangenehm nahe. Dann senkte er die Stimme. Zu jenem Ton, in dem man Handel abschloss. »Sie haben mal gesagt, wenn ich je etwas bräuchte …« Seine feuchten Augen glitten nach links und rechts und überzeugten sich, dass niemand sie beobachtete. Dann griff er in seine Jacke und zog eine kleine Feldflasche aus Zinn hervor, die er Tunny in die

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