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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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oft selbst die lächerlichsten Schmeicheleien verfangen. Vor allem bei äußerst eitlen Menschen. Calder wusste das sehr wohl. Er war schließlich auch so gewesen.
    »Hat er mir nie geffagt«, brummte Golding, obwohl er es offenkundig nur zu gern glauben wollte.
    »Wie hätte er das auch tun können?«, setzte Calder nach. »Er war der König der Nordmänner. Da konnte er es sich nicht leisten, seinen Männern immer offen mitzuteilen, was er wirklich dachte.« Und das war auch gut so gewesen, denn Bethod hatte Golding für einen aufgeblasenen Halbidioten gehalten, und Calder dachte genauso. »Aber ich schon.« Er wollte nur nicht. »Es gibt keinen Grund, weshalb du und ich auf verschiedenen Seiten stehen sollten. Das wäre Dow natürlich recht, der würde gern einen Keil zwischen uns treiben. Damit er die Macht, das Gold und den Ruhm mit Leuten teilen kann wie Spaltfuß und Zehnweg … und Eisenkopf.« Golding zuckte, als dieser Name fiel, als ob ein Angelhaken an seinem zerschlagenen Gesicht zupfte. Ihre Fehde ging so tief, dass sie ihm völlig den Blick auf alles andere verstellte. »Wir müssen das doch nicht zulassen.« Calder flüsterte diese letzten Worte beinahe wie ein Liebender und riskierte es sogar, Golding sanft eine Hand auf die Schulter zu legen. »Gemeinsam könnten du und ich große Dinge …«
    »Genug!«, presste Golding zwischen seinen aufgeplatzten Lippen hervor und schlug Calders Hand weg. »Erffähle deine Lügen anderffwo!« Aber Calder konnte die Zweifel riechen, als Golding sich abwandte, und mehr als einen kleinen Hauch von Unsicherheit hatte er sich gar nicht erhofft. Wenn man seine Feinde nicht dazu bekommen kann, dass sie einem trauen, kann man zumindest Zwietracht unter ihnen säen. Geduld, hätte sein Vater ihm gesagt, nur Geduld. Er gönnte es sich, Golding und seinen Männern ein selbstzufriedenes Grinsen hinterherzuschicken, während sie in der Nacht verschwanden. Er brachte nur die Saat aus. Die Zeit würde die Ernte reifen lassen. Wenn er lange genug lebte, um die Sense zu schwingen.
    Lord Statthalter Meed warf Finree einen letzten, missbilligenden Blick zu, bevor er sie mit ihrem Vater allein ließ. Ganz offensichtlich konnte er es nicht ertragen, wenn jemand in der Rangordnung über ihm stand, schon gar nicht, wenn es sich dabei um eine Frau handelte. Aber falls er glaubte, dass sie ihn hinter seinem Rücken lediglich als Langweiler abtun würde, hatte er sie gründlich unterschätzt.
    »Meed ist ein dummer Geck«, sagte sie scharf über ihre Schulter hinweg. »Der wird auf dem Schlachtfeld so viel nütze sein wie eine Zweigroschen-Hure.« Sie dachte einen Augenblick darüber nach. »Wobei … das ist vermutlich nicht fair. Die Hure könnte zumindest die Moral der Truppe heben. Meed ist so inspirierend wie ein schimmliger Waschlappen. Er hat Glück gehabt, dass du die Belagerung von Ollensand abgebrochen hast, bevor er ein völliges Fiasko daraus machen konnte.«
    Überrascht stellte sie fest, dass ihr Vater auf dem Stuhl hinter seinem Reiseschreibtisch zusammengesunken war und den Kopf in den Händen barg. Plötzlich wirkte er wie ein völlig anderer Mann. Eingeschrumpft, müde und alt. »Ich habe heute tausend Mann verloren, Fin. Und noch einmal tausend sind verwundet.«
    »Jalenhorm hat sie verloren.«
    »Für jeden Mann in diesem Heer trage ich die Verantwortung. Ich habe sie verloren. Eintausend Mann. Eine Zahl, leicht dahingesagt. Jetzt stelle sie einmal auf. Zehn mal zehn mal zehn. Siehst du, wie viele es sind?« Er sah gequält in eine Ecke des Raumes, als ob sich dort die Leichen stapelten. »Jeder von ihnen ein Vater, ein Ehemann, ein Bruder, ein Sohn. Jedes verlorene Leben hinterlässt ein Loch, das ich niemals werde füllen, eine Schuld, die ich niemals werde bezahlen können.« Er starrte mit rotgeränderten Augen durch seine Finger hindurch zu seiner Tochter hinüber. »Finree, ich habe tausend Männer verloren.«
    Sie ging ein paar Schritte auf ihn zu. »Jalenhorm hat sie verloren.«
    »Jalenhorm ist ein guter Mann.«
    »Das ist nicht genug.«
    »Es ist schon einmal etwas.«
    »Du solltest ihn ersetzen.«
    »Man muss Vertrauen in seine Offiziere haben, sonst können sie sich dessen niemals würdig erweisen.«
    »Ist es möglich, dass dieser Grundsatz ebenso lahm ist, wie er klingt?«
    Sie sahen sich eine Weile grimmig an, und dann tat ihr Vater diesen Gedanken mit einer Handbewegung ab. »Jalenhorm ist ein alter Freund des Königs, und der König ist sehr eigen,

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