Heldenklingen
was seine alten Freunde betrifft. Nur der Geschlossene Rat könnte ihn abberufen.«
Doch Finree gab nicht auf. »Dann ersetze doch Meed. Der Mann ist eine Gefahr für alle in der Truppe und noch eine Menge andere Leute außerhalb. Wenn er noch länger die Befehlsgewalt inne hat, wird die heutige Katastrophe schon bald vergessen sein. Beiseite gedrängt von einer viel schlimmeren.«
Ihr Vater seufzte. »Und wen sollte ich an seine Stelle setzen?«
»Ich hätte da schon einen perfekten Kandidaten im Blick. Einen ausgezeichneten jungen Offizier.«
»Gute Zähne?«
»Zufällig ja, und hochwohlgeboren, so wie es sich gehört. Außerdem ist er energisch, mutig, loyal und gewissenhaft.«
»Solche Männer haben oft fürchterlich ehrgeizige Frauen.«
»Dieser Betreffende besonders.«
Er rieb sich die Augen. »Finree, Finree, ich habe schon alles getan, was in meiner Macht stand, um ihn in seine derzeitige Position zu hieven. Falls du es vergessen hattest, sein Va…«
»Hal ist nicht sein Vater. Manche von uns übertreffen unsere Eltern.«
Er ließ ihr das durchgehen, wenngleich es ihn offenbar einige Mühe kostete. »Sei doch realistisch, Fin. Der Geschlossene Rat traut dem Adel nicht. Hals Familie war eine der einflussreichsten, nur einen Herzschlag von der Krone entfernt. Hab Geduld.«
»Pah«, schnaubte sie und meinte damit Realismus und Geduld gleichermaßen.
»Wenn du deinem Mann einen höheren Rang verschaffen willst …« Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber er hob seine Stimme und übertönte sie. »Dann brauchst du einen einflussreicheren Gönner, als ich es bin. Aber wenn du meinen Rat hören willst – ich weiß, das willst du nicht, aber ich sage es trotzdem – , dann verabschiedest du dich von diesem Ziel. Ich habe im Geschlossenen Rat gesessen, im Herzen der Regierung, und ich kann dir sagen, Macht ist ein verdammtes Trugbild. Je näher du ihr zu kommen scheinst, desto weiter bist du in Wirklichkeit von ihr entfernt. So viele Anforderungen, die es miteinander in Einklang zu bringen gilt. So viel Druck, dem du standhalten musst. Und die Folgen, die jede Entscheidung mit sich bringt, lasten schwer auf dir … kein Wunder, dass der König keine einzige fällt. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich meinem Ruhestand entgegensehnen würde, aber wenn ich keine Macht mehr habe, kann ich vielleicht wirklich wieder etwas erreichen.«
Sie hatte mit Ruhestand noch nichts im Sinn. »Müssen wir denn wirklich darauf warten, dass Meed eine Katastrophe verursacht?«
Er sah sie finster an. »Ja. Wirklich. Und dann warten wir darauf, dass der Geschlossene Rat schriftlich seine Abberufung verlangt und mir mitteilen wird, wer an seine Stelle tritt. Immer vorausgesetzt, dass nicht ich zuerst ausgetauscht werde.«
»Wen könnten sie denn an deine Stelle setzen?«
»Ich nehme an, General Mitterick würde seine Berufung nicht ablehnen.«
»Mitterick ist ein eitler, selbstgefälliger Verleumder und ungefähr so treu wie ein Kuckuck.«
»Damit würde er bestens in den Geschlossenen Rat passen.«
»Ich begreife nicht, wie du ihn erträgst.«
»Früher, als ich noch jünger war, dachte ich auch immer, dass ich alle Antworten wüsste. Jenen, die immer noch dieser Illusion nachhängen, bringe ich von daher schuldbewusstes Mitgefühl entgegen.« Er warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu. »Ihrer sind nicht wenige.«
»Und ich vermute, es ist der Platz einer Frau, schwach am Rand zu stehen und den Idioten zu applaudieren, die sehenden Auges immer höhere Verluste verursachen?«
»Wir alle klatschen hin und wieder Beifall für Idioten, das ist im Leben nun einmal so. Es hat keinen Sinn, meine Untergebenen mit Verachtung zu strafen. Wenn jemand unserer Verachtung wert ist, dann wird er sich schon bald auch ohne unsere Hilfe ins Aus manövrieren.«
»Nun gut.« Sie hatte keinesfalls die Absicht, so lange zu warten, aber es war offensichtlich, dass es für sie nichts mehr zu erreichen gab. Ihr Vater hatte genug andere Sorgen, und sie wollte nun vielmehr versuchen, ihn wieder in bessere Stimmung zu bringen, anstatt ihn noch mehr zu belasten. Ihr Blick fiel auf das Vierseits-Brett. Ihre letzte Partie hatten sie unterbrechen müssen, und die Steine standen immer noch so angeordnet wie beim letzten Zug.
»Du hast das Spiel nicht verändert?«
»Natürlich nicht.«
»Dann …« Sie hatte über ihren Zug nachgedacht, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten, tat nun aber so, als sei er ihr gerade erst
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