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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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eingefallen. Gelassen, wie nebenbei, schob sie eine Figur auf ein anderes Feld.
    Ihr Vater sah sie mit jenem nachsichtigen Blick an, mit dem er sie früher betrachtet hatte, als sie noch ein kleines Mädchen war. »Bist du ganz sicher?«
    Sie seufzte. »Ein Zug ist so gut wie der andere.«
    Er griff nach einem Stein und zögerte. Seine Augen wanderten über das Brett, die Hand schwebte über den Figuren. Sein Lächeln verblasste. Langsam zog er die Hand zurück und legte einen Finger auf die Unterlippe. Dann glitt ein Lächeln über sein Gesicht. »Wieso, du woll…«
    »Ich wollte dich gern von den Verlusten ablenken.«
    »Dafür sorgt schon der Schwarze Dow. Nicht zu vergessen der Erste der Magi und seine Kollegen.« Er schüttelte bitter den Kopf. »Sei morgen vorsichtig. Lieber würde ich zehntausend Männer verlieren als dich.«
    »So leicht wirst du mich nicht los.« Sie wandte sich zur Tür und sah noch einmal zum Brett. »Ich will ja schließlich noch erleben, wie du dich aus dieser Klemme herauswindest!«
    Der Regen hatte kurz aufgehört, und die Offiziere waren zu ihren Einheiten zurückgekehrt. Alle, außer einem.
    Bremer dan Gorst lehnte an der Stange, an der ansonsten die Pferde festgebunden wurden, und wirkte so, als habe er sich nicht entscheiden können, ob er lässig oder stolz aufgerichtet dastehen wollte, um stattdessen eine seltsame Haltung einzunehmen, die irgendwo in der Mitte zwischen beidem lag.
    Doch selbst so war es Finree nicht mehr möglich, ihn als die harmlose Gestalt wahrzunehmen, als die sie ihn früher gesehen hatte, wenn sie in den sonnigen Gärten des Agrionts kurze und lachhaft formelle Gespräche miteinander geführt hatten. Nur eine Schramme auf seinem Gesicht deutete darauf hin, dass er an diesem Tag gekämpft hatte, und sie hatte von Hauptmann Hardrick erfahren, dass er ganz allein eine Legion Nordmänner angegriffen und sechs von ihnen getötet hatte. Als sie die Geschichte später noch einmal von Oberst Brint hörte, waren daraus schon zehn geworden. Wer konnte schon sagen, welche Legende inzwischen bei den gemeinen Soldaten kursierte? Der Knauf seiner Klinge blitzte kurz auf, als er sich aufrichtete, und sie durchfuhr mit seltsamem, kühlem Kitzel der Gedanke, dass er mit diesem Degen nur wenige Stunden zuvor Menschen umgebracht hatte. Und zwar nicht wenige, egal, welcher Fassung man glaubte. Es hätte nicht dazu beitragen sollen, dass er in ihrer Achtung stieg, ganz und gar nicht, aber dennoch verhielt es sich so. Sehr sogar. Ihn umgab nun der aufregende Nimbus tödlicher Gewalt.
    »Bremer. Warten Sie auf meinen Vater?«
    »Ich dachte …« Er brachte dies in seiner seltsam unpassenden, quietschenden Stimme vor, dann fuhr er ein wenig tiefer fort: »… Sie bräuchten vielleicht eine Eskorte.«
    Sie lächelte. »Also gibt es doch noch Helden auf dieser Welt? Bitte, gehen Sie voran.«
    Calder saß in der feuchten Dunkelheit, in Spuckweite der Kackgruben, und hörte, wie die anderen Männer den Sieg des Schwarzen Dow feierten. Er gab es ungern zu, aber er vermisste Seff. Er vermisste die Wärme und Sicherheit ihres Bettes. Vor allem vermisste er ihren Geruch, gerade jetzt, da die Brise auffrischte und Kotgestank seine Nase kitzelte. Aber in all diesem Chaos, inmitten der Lagerfeuer, des betrunkenen Gegröles, der betrunkenen Angeberei, des betrunkenen Ringens gab es nur einen Ort, an dem man hoffen konnte, einen Mann allein anzutreffen. Und für Verrat war nun einmal eine gewisse Heimlichkeit vonnöten.
    Schwere Schritte näherten sich den Gruben. Der Mann, dem sie gehörten, war nur als schwarzer Umriss zu erkennen, umrahmt von orangefarbenem Feuerschein, und sein Gesicht war eine graue Fläche, aber Calder erkannte ihn trotzdem. Es gab selbst unter all den Anführern hier kaum Männer mit einer ähnlich breiten, massigen Gestalt. Calder stand auf, streckte die steifen Glieder, ging zum Rand der Grube und stellte sich naserümpfend neben den Neuankömmling. Gruben voller Scheiße, Gruben voller Leichen. Das war alles, was der Krieg zurückließ, soweit er sehen konnte.
    »Cairm Eisenkopf«, sagte er leise. »Wie sieht’s aus?«
    »Sieh mal an.« Er hörte, wie Spucke im Mund gesammelt wurde, bevor sie in hohem Bogen in die Grube flog. »Prinz Calder, das ist aber eine Ehre. Ich dachte, du würdest im Westen bei deinem Bruder lagern.«
    »Das tue ich auch.«
    »Dann riechen meine Gruben wohl besser als seine, oder was?«
    »Kann man nicht sagen.«
    »Was willst du dann hier

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