Heldenklingen
selbstzufriedene Blicke zu, während sie kammermusikalisch auf ihren Instrumenten sägten. Drei große Ölgemälde waren von Meeds fleißigen Bediensteten aufgehängt worden: zwei zeigten große Schlachten aus der Geschichte der Union, und bei dem dritten handelte es sich unglaublicherweise um ein Porträt von Meed selbst, der in einer antiken Rüstung mit herrischem Gesichtsausdruck aus der Höhe herunterblickte. Finree starrte es eine Weile an und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte.
Große Fenster gingen nach Süden auf den unkrautüberwachsenen Innenhof hinaus, nach Osten blickten sie über Felder mit einzelnen Bäumen bis hin zu dräuenden Wäldern, nach Norden zur Stadt Osrung. Durch die offenen Fensterläden zog eine kühle Brise durch den Raum, zerzauste den Anwesenden das Haar und fasste nach Papieren. Die Offiziere versammelten sich vor den Nordfenstern, begierig, einen Blick auf den Angriff zu erhaschen, und in ihrer Mitte stand Meed in einer grellroten Uniform, deren Farbe in den Augen schmerzte. Er blickte kurz zur Seite, als Finree an seine Seite trat, und verzog leicht angewidert das Gesicht, wie ein pingeliger Esser, der ein Insekt in seinem Salat entdeckt hat. Sie erwiderte dies mit einem strahlenden Lächeln.
»Dürfte ich mir wohl Ihr Fernglas ausborgen, Euer Gnaden?«
Er machte ein paar säuerliche Mundbewegungen, war jedoch Gefangener der Etikette und reichte ihr das Gewünschte mit steifer Gebärde. »Selbstverständlich.«
Die Straße machte eine Biegung nach Norden und zog sich als matschiger Streifen durch matschige Felder, auf denen sich das Feldlager mit seinen Zelten ausbreitete, die wie monströse Pilze planlos hier und da über Nacht aus dem Boden geschossen waren. Dahinter lagen die Erdwälle und Gräben, die Meeds Männer in der Dunkelheit ausgehoben hatten. In noch größerer Entfernung konnte Finree durch den Nebel- und Regenschleier gerade eben die Palisade erkennen, die Osrung umgab, und allenfalls erahnen, dass bereits einige Leitern an der Befestigung lehnten.
Ihre Vorstellungskraft besorgte den Rest. Einheiten marschierender Männer rückten auf Befehl mit entschlossenen, grimmigen Gesichtern gegen die Palisade vor, und Pfeile regneten auf sie herab. Die Verwundeten wurden weiter nach hinten geschleppt, oder aber man ließ sie schreiend dort liegen, wo sie gestürzt waren. Steine krachten herunter, Leitern wurden von der Palisade zurückgestoßen, Männer erschlagen, als sie sich über die Wehrgänge schwingen wollten, oder hinabgeworfen, um aus großer Höhe auf den Boden zu krachen.
Sie fragte sich, ob Hal inmitten all dieses Durcheinanders den Helden spielte. Zum ersten Mal spürte sie einen Hauch von Sorge, wie einen Stich oder einen kalten Schauer, der über ihre Schultern rann. Das hier war kein Spiel. Sie ließ Meeds Fernrohr sinken und nagte an ihrer Unterlippe.
»Wo zur Hölle bleibt der Hundsmann mit seinem zerlumpten Haufen?«, verlangte der Lord Statthalter von Hauptmann Hardrick zu wissen.
»Ich glaube, er war hinter uns auf der Straße, Euer Gnaden. Seine Kundschafter hatten ein niedergebranntes Dorf entdeckt, und der Lord Marschall gab ihm die Erlaubnis, sich dort genauer umzusehen. Sie sollten in einer oder zwei Stun…«
»Typisch. Immer zur Stelle, um wissend mit den Achseln zu zucken, aber wenn die Schlacht beginnt, ist er plötzlich verschwunden.«
»Nordmänner sind von Natur aus Verräter«, rief jemand in die Runde.
»Feiglinge.«
»Ihre Gegenwart würde unseren Vorstoß lediglich verlangsamen, Euer Gnaden.«
»Das ist allerdings wahr«, schnaubte Meed. »Geben Sie allen Einheiten den Befehl zum Angriff. Ich will sie überwältigen. Ich will diese Stadt in Schutt und Asche gelegt wissen, und jeden Nordmann darin getötet oder vertrieben.«
Finree konnte sich nicht zurückhalten. »Es wäre doch ohne jeden Zweifel vernünftig, zumindest ein Regiment hier zurückzulassen? Soweit ich weiß, sind die Wälder im Osten noch nicht vollständig durchkämmt worden …«
»Glauben Sie ernsthaft, Sie würden einen Plan ersinnen können, der es Ihnen ermöglichte, mich durch Ihren Gatten zu ersetzen?«
Es entstand eine Pause, die sich unmöglich in die Länge zog, während Finree sich fragte, ob sie vielleicht träumte. »Ich bitte um Verzei…«
»Er ist natürlich ein recht angenehmer Mensch. Tapfer und ehrlich und mit allen anderen Tugenden ausgestattet, über die Hausfrauen gewöhnlich ins Schwärmen geraten. Aber er ist ein Narr, und,
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