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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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was noch schlimmer ist, der Sohn eines berüchtigten Verräters und Ehegatte eines zänkischen Weibes. Er hat nur einen einzigen Gönner von Bedeutung, nämlich Ihren Vater, und dessen Tage in der Sonne sind wohl auch gezählt.« Meed sprach zwar leise, aber nicht leise genug, dass man seine Worte nicht überall leicht hätte hören können. Einem jungen Hauptmann blieb überrascht der Mund offen stehen. Offenbar fühlte sich Meed der Etikette doch nicht so sehr verpflichtet, wie sie geglaubt hatte.
    »Der Geschlossene Rat hat versucht, mich daran zu hindern, den Platz meines Bruders als Lord Statthalter einzunehmen, haben Sie das gewusst? Ich habe das vereiteln können. Meinen Sie wirklich, dass ein hergelaufenes Soldatentöchterchen erreichen könnte, was dem Geschlossenen Rat nicht gelang? Wenn Sie mich noch ein einziges Mal ohne den gebührenden Respekt ansprechen, werde ich Sie und Ihren Gatten zerquetschen, so wie man es mit hübschen, ehrgeizigen, unbedeuteten Läusen wie Ihnen eben tut.« Ganz ruhig nahm er ihr das Fernrohr aus der schlaffen Hand und blickte damit in Richtung Osrung, als hätte er gar nichts gesagt und sie gäbe es überhaupt nicht.
    Finree hätte eine bissige Erwiderung zurückschleudern sollen, aber in ihrem Kopf war nur Platz für den unbändigen Wunsch, mit der Faust vorn gegen Meeds Fernrohr zu schlagen und ihm die andere Seite tief in den Schädel zu treiben. Der Raum war plötzlich unangenehm hell. Die Geigen zerrten an ihren Ohren. Ihr Gesicht brannte, als hätte man sie geohrfeigt. Sie konnte nur blinzeln und kleinlaut den Rückzug antreten. Es war, als triebe sie durch den Saal zur gegenüberliegenden Seite, ohne die Füße zu bewegen. Einige der Offiziere sahen ihr dabei zu und tuschelten miteinander; sie hatten ihre Erniedrigung ganz offensichtlich mitbekommen und zweifelsohne auch genossen.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte Aliz. »Sie sehen so blass aus.«
    »Mir geht es bestens.« Finree kochte vor Wut. Sie zu beleidigen, das war eine Sache, und zweifelsohne hatte sie es verdient. Ihren Ehemann und ihren Vater hingegen zu beleidigen, das war etwas anderes. Dafür würde sie den alten Drecksack bezahlen lassen, das schwor sie sich.
    Aliz beugte sich zu ihr hinüber. »Was machen wir jetzt?«
    »Jetzt werden wir wie brave Mädchen hier herumsitzen und Beifall klatschen, während ein Haufen Vollidioten die Särge aufstapelt.«
    »Oh.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Später werden sie Ihnen vielleicht gestatten, Tränen über ein paar Wunden zu vergießen, und wenn Sie gern möchten, dann dürfen Sie vielleicht auch noch etwas mit den Wimpern klimpern, weil das alles ja so schrecklich und sinnlos ist.«
    Aliz schluckte und sah weg. »Oh.«
    »Ja, genau. Oh.«
    Das war also die Schlacht. Beck und Reft hatten einander noch nie viel zu sagen gehabt, aber seit es der Union allmählich gelang, die Palisade zu überwinden, hatten sie überhaupt kein Wort mehr miteinander gewechselt. Sie standen nur still vor ihren Fenstern. Beck wünschte sich, jetzt Freunde bei sich zu haben. Oder aber, sich mehr mit jenen angefreundet zu haben, die nun bei ihm standen. Aber dazu war es nun zu spät.
    Sein Bogen lag in seiner Hand, der Pfeil war eingenockt, die Sehne gespannt und bereit zum Auszug. So war das schon seit fast einer Stunde, aber es gab niemanden, auf den er hätte schießen können. Er konnte nichts tun außer beobachten, schwitzen, sich mit der Zunge über die Lippen fahren und weiter beobachten. Zuerst hatte er sich gewünscht, mehr sehen zu können, aber nun, da der Regen aufgehört hatte und die Sonne allmählich durch die Wolken schien, kam Beck zu der Überzeugung, dass er viel mehr zu sehen bekam, als ihm lieb war.
    Die Union war an drei oder vier Stellen über die Palisade gedrungen und strömte nun in großer Zahl in die Stadt. Überall wurde gekämpft, und überall hatten sich kleine Knäuel gebildet, in denen es um Leben und Tod ging. Keine geordneten Linien, nur fürchterliches Durcheinander und wilder Lärm. Rufe und Geheul, das Klappern aufeinanderprallenden Metalls und splitternden Holzes.
    Beck war kein Fachmann. Er war sich auch nicht sicher, ob es überhaupt Fachleute gab, was diese Dinge betraf. Aber er spürte, dass sich auf dem Südufer des Flusses die Gewichte verlagerten. Mehr und mehr Nordmänner kamen über die Brücke gelaufen, manche humpelten oder hielten die Hand auf ihre Wunden gepresst, manche brüllten und deuteten nach Süden, schlängelten sich durch den

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