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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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zusammengedrängt, voller Trauer oder vielleicht sogar noch eher voller Selbstmitleid, was jedoch genauso aussieht und sich bei einer Beerdigung genauso gut macht. Man hörte die Häuptlinge das übliche leere Geschwätz herunterleiern, und sie alle versuchten es mit dem gleichen betretenen Tonfall. Spaltfuß war einer von ihnen, er stand keine zwanzig Schritt entfernt vor dem Grab, in dem einer von Dows namhaften Männern ruhte, und machte auf Tränendrüse. Dow selbst ließ sich allerdings nicht sehen. Von Tränendrüsen hielt er nicht besonders viel.
    Um sie herum gingen alle anderen ihren normalen Geschäften nach, als seien die Trauernden selbst Geister und unsichtbar. Männer erhoben sich stöhnend aus ihren feuchten Betten, fluchten über die klammen Kleider, rieben die nassen Waffen und Rüstungen trocken, suchten sich etwas zu essen, gingen pissen, kratzten sich, tranken die letzten Tropfen aus den in der letzten Nacht übrig gebliebenen Flaschen, verglichen die Trophäen, die sie den Unionisten abgenommen hatten, und feixten über den einen oder anderen Witz. Ihr Lachen war lauter, als die Witze eigentlich rechtfertigten, aber sie alle wussten, dass heute dunkle Taten verübt werden würden und dass man lachen musste, sobald sich das auch nur irgendwie anbot.
    Kropf sah die anderen an, die mit gebeugten Köpfen dastanden. Alle außer Whirrun, der den Kopf zurückgelegt hatte, den Vater der Schwerter in den verschränkten Armen wiegte und den Regen auf seine Zunge tröpfeln ließ. Kropf störte das einerseits, andererseits war er auch ein wenig neidisch. Gern wäre er selbst als Verrückter bekannt gewesen und hätte sich diesen leeren Ritualen verweigern können. Aber es gibt eine rechte Art, die Dinge zu erledigen, und er war nicht der Mann, der sich vor seinen Pflichten drückte.
    »Wodurch wird ein Mann zum Helden?«, fragte er die nasse Luft. »Große Taten? Ein großer Name? Viel Ruhm und lange Lieder? Nein. Sondern wenn er zu seiner Truppe steht, denke ich mal.« Whirrun grunzte zustimmend, dann streckte er wieder die Zunge aus. »Brack-i-Dayn kam vor fünfzehn Jahren aus den Bergen, kämpfte vierzehn davon an meiner Seite, und er dachte immer zuerst an seine Truppe und dann an sich. Ich kann die Male nicht mehr zählen, die mir dieser dicke Drecksack das Leben gerettet hat. Er hatte immer ein gutes Wort auf den Lippen, oder aber auch ein lustiges. Ich glaube, einmal hat er sogar Yon zum Lachen gebracht.«
    »Zweimal«, verbesserte Yon, das Gesicht noch verbissener denn je zuvor. Wäre es nur einen Hauch mehr versteinert gewesen, hätte man damit die Helden in Stücke schlagen können.
    »Er hat sich nie beschwert. Außer, wenn es nicht genug zu essen gab.« Kropf blieb kurz die Stimme weg, und er stieß stattdessen ein helles Krächzen aus. Ein ziemlich blödes Geräusch für einen Häuptling, vor allem bei einer solchen Gelegenheit. Er räusperte sich und kämpfte sich weiter voran. »Für Brack gab es nie genug zu essen. Er starb … friedlich. Ich nehm mal an, ihm hätte das gefallen, auch wenn er viel für einen guten Kampf übrighatte. Im Schlaf zu sterben ist viel, viel besser als mit Stahl im Bauch, auch wenn es in den Liedern gern anders dargestellt wird.«
    »Scheiß auf die Lieder«, sagte Herrlich.
    »Genau. Scheiß drauf. Keine Ahnung, wer wirklich hier oben begraben liegt. Aber wenn es Skarling selbst sein sollte, dann wäre er bestimmt stolz, die Erde mit Brack-i-Dayn zu teilen.« Kropf bleckte die Zähne. »Und wenn nicht, dann scheiß ich auch auf ihn. Werde wieder zu Schlamm, Brack.« Er kniete sich hin, und es fiel ihm nicht schwer, dabei ein angemessen schmerzerfülltes Gesicht zu machen, weil es sich anfühlte, als ob seine Kniescheibe abspringen wollte. Dann nahm er eine Handvoll feuchter schwarzer Erde und warf sie auf den Hügel.
    »Wieder zu Schlamm«, raunte Yon.
    »Wieder zu Schlamm«, ertönte Herrlichs Echo.
    »Wenn man es mal von der positiven Seite betrachtet«, erklärte Whirrun, »dann blüht uns das doch allen irgendwann, auf die eine oder andere Weise. Oder nicht?« Er sah sich um, als habe er erwartet, damit die Stimmung maßgeblich zu heben, und als er sah, dass ihm das nicht gelang, zuckte er die Achseln und wandte sich ab.
    »Der alte Brack ist erledigt.« Scorry hockte sich beim Grab hin, legte eine Hand auf die nasse Erde und runzelte die Stirn, als stünde er vor einem Rätsel, das er nicht zu lösen vermochte. »Ich kann das nicht glauben. Aber gut

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