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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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auch ginge?«
    Sie überging diesen Kommentar. »Bei der gestrigen Schlacht müsst ihr Gefangene gemacht haben.« Wenn die nicht alle schon abgeschlachtet worden waren. Wenn sie dem Schwarzen Dow so in die Augen sah, erschien ihr das nicht besonders abwegig.
    »Natürlich haben wir Gefangene.« Dow legte den Kopf ein wenig zur Seite und kam näher. »Hältst du mich für ein Ungeheuer?«
    Das tat Finree tatsächlich. »Ich möchte, dass sie freigelassen werden.«
    »Ach, das möchtest du? Alle?«
    »Ja.«
    »Ohne Gegenleistung?«
    »Als Geste …«
    Er machte einen Satz auf sie zu, bis seine Nase fast mit ihrer zusammenstieß, und dicke Adern traten seitlich an seinem dicken Hals hervor. »Du bist nicht in der Position, irgendetwas zu verhandeln, du blöde kleine Schlampe!«
    »Du verhandelst nicht mit mir!«, bellte Finree zurück und zeigte ihre Zähne. »Du verhandelst mit meinem Vater, und der ist ganz gewiss in der Position! Sonst würdest du nämlich gar nicht erst fragen!«
    Kurz zuckten die Muskeln auf Dows Wange, und für einen Augenblick war sie sich sicher, dass er sie nun zu Brei schlagen würde. Oder seinem metalläugigen Handlanger ein Zeichen geben würde, damit er sie vom Arsch bis zum Nacken aufschlitzte. Dows Arm zuckte nach oben, und kurz glaubte sie, ihr Tod stünde unmittelbar bevor. Aber dann grinste er wieder nur und wackelte sanft mit dem Zeigefinger vor ihrem Gesicht hin und her. »Oh, du bist ja ein ganz schlaues Luder. Du hast mir nicht gesagt, dass sie so schlau ist.«
    »Ich bin bis ins Mark erschüttert«, intonierte die schwarzhäutige Frau und wirkte dabei ungefähr genauso erschüttert wie die Wand hinter ihr.
    »Na schön.« Dow blies die vernarbten Wangen auf. »Ich werde ein paar von den Verwundeten laufen lassen. Ihr Gewinsel hat sowieso meine Nachtruhe gestört. Sagen wir mal, fünf Dutzend Männer.«
    »Du hast noch mehr?«
    »Eine ganze Menge mehr, aber mein guter Wille ist ein zerbrechliches kleines Ding. Fünf Dutzend, zu mehr bin ich nicht bereit.«
    Noch vor einer Stunde hatte sie keine Möglichkeit gesehen, lebend aus dieser Lage herauszukommen. Ihre Knie gaben beinahe unter ihr nach, wenn sie nun daran dachte, dass sie vielleicht überleben und noch dazu sechzig Männer würde retten können. »Es wurde eine zweite Frau mit mir zusammen gefangen genomm…«
    »Das kann ich nicht machen.«
    »Du weißt nicht, worum ich bitten will.«
    »Doch, das weiß ich, und ich kann es nicht tun. Fremder-klopf-an, dieser große Dreckskerl, der euch gefangen nahm? Der Mann ist so verrückt wie ein Helm aus Gras. Er untersteht nicht meinem Befehl. Du kannst dir nicht vorstellen, was es mich gekostet hat, dich zu bekommen. Noch mehr kann ich mir nicht leisten.«
    »Dann helfe ich euch nicht.«
    Dow schnalzte leise mit der Zunge. »Du bist ja so fürchterlich schlau. Sicherlich bist du auch schlau genug, dass du dich hier nicht um Kopf und Kragen reden willst. Schließlich könnte ich dich auch ohne weiteres zu Fremder-klopf-an zurückschicken, nicht wahr? So, wie ich die Sache sehe, hast du zwei Möglichkeiten. Zu deinem Vater zurückzukehren und am Frieden mitzuwirken, oder zu deiner Freundin zurückzukehren und ihr Schicksal zu teilen, wie immer das auch aussehen mag. Was sagt dir mehr zu?«
    Finree dachte an Aliz’ furchtsame Atemzüge in der Dunkelheit. An ihr Wimmern, als Finrees Hand sich ihrem Griff entwand. Sie dachte an den vernarbten Riesen, der einen der eigenen Leute mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen hatte, bis er aufplatzte wie eine reife Frucht. Sie wünschte sich, mutig genug zu sein, um herauszufinden, ob er bluffte. Aber wer hätte so viel Mut gehabt?
    »Zu meinem Vater«, flüsterte sie, und sie konnte sich gerade noch davor zurückhalten, vor Erleichterung in Tränen auszubrechen.
    »Fühl dich nicht schlecht deswegen.« Wieder zeigte der Schwarze Dow sein Mördergrinsen. »Genau so hätte ich mich auch entschieden. Gute Reise, du kleines Luder.«
    Damit senkte sich wieder der Sack über ihren Kopf.
    Kropf wartete, bis Espe die junge Frau wieder nach draußen geschleppt hatte, dann beugte er sich vor, hob einen Finger und stellte vorsichtig seine Frage. »Ähm … was soll denn das alles heißen, Häuptling?«
    Dow runzelte die Stirn. »Du sollst mein Stellvertreter sein, Alter. Der Letzte, der meine Entscheidungen in Frage stellt.«
    Kropf hob die Hände. »So ist es auch. Ich bin ganz und gar für den Frieden, aber es wäre ganz hilfreich, wenn ich wüsste,

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