Heldenklingen
das überhaupt möglich war. »Also bist du einfach da hocken geblieben, oder was?«
»Ich kann doch nicht sofort ausrücken, nur weil dieser Drecksack da mir sagt …«
»Du hast auf diesem Hügel von Skarlings Finger auf deinem Arsch gesessen und verdammt noch mal zugeguckt ?«, brüllte Dow. »Dagesessen und zugeguckt, wie die Südländer meine Brücke erobert haben?« Er tippte sich mit dem Daumen gegen die Brust.
Zehnweg wich einen Schritt zurück, und eines seiner Augen zuckte. »Da gibt’s doch überhaupt keine Südländer auf der anderen Seite von dem Bach da, das sind doch alles Lügen! Der lügt doch dauernd!« Er zeigte mit bebendem Finger über das Feuer auf Calder. »Immer hast du irgendwelche Ausreden, Calder, richtig? Immer fällt dir was ein, damit du dir die Hände nicht schmutzig machen musst! Entweder laberst du von Frieden oder von Verrat, oder irgendwelches andere Geschwätz …«
»Das reicht.« Der Schwarze Dow sagte das ganz ruhig, aber Zehnweg blieben trotzdem die Worte im Hals stecken. »Mir ist es scheißegal, ob Unionisten in den Wäldern im Westen lauern oder nicht.« Er zerknüllte das Papier in der Faust und warf es in Calders Richtung. »Für mich zählt, ob ihr tut, was euch geheißen wurde.« Nun trat er einen Schritt auf Zehnweg zu und beugte sich zu ihm hinüber.
»Du wirst morgen nirgendwo hocken und nur zugucken, o nein.« Dann sah er zu Calder hinüber. »Und du auch nicht, du Prinz ohne Land. Für euch beide sind die Zeiten vorbei, wo ihr nichts getan habt. Ihr zwei Hübschen werdet morgen gemeinsam an der Mauer stehen. Ganz genau. Seite an Seite. Arm in Arm, vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang. Und ihr werdet dafür sorgen, dass diese Kacke, die zwischen euch am Dampfen ist, nicht noch mehr zu stinken beginnt. Und ihr werdet tun, wofür ich euch Idioten hierher geführt habe – nämlich, falls jemand das vergessen hat, gegen die verdammte Union zu kämpfen !«
»Und was, wenn wirklich auf der anderen Seite des Baches Truppen stehen?«, fragte Calder. Dow drehte sich zu ihm um, und sein Stirnrunzeln ließ vermuten, dass er nicht glauben konnte, was er da hörte. »Wir sind sowieso schon viel zu wenige, haben heute noch mehr Männer verloren und sind in der Unterzahl …«
»Wir haben Krieg , verdammte Scheiße!«, brüllte Dow und sprang mit einem Satz zu ihm hinüber. Alle anderen traten hastig zurück. »Wir kämpfen gegen diese Arschlöcher!« Mit der Hand fuhr er durch die Luft, als könnte er sich nur schwer davor zurückhalten, Calders Gesicht in Stücke zu reißen. »Aber du bist natürlich auch der große Pläneschmieder! Der große Schwindler! Lass dir etwas einfallen, besiege sie mit einer List! Du hast den Platz deines Bruders gewollt? Dann sieh zu, dass du ihn auch ausfüllst, du kleines Arschloch, sonst suche ich mir einen anderen, der das kann! Und wenn ich morgen irgendjemanden erwische, der nicht voll mitzieht, jemanden, der vielleicht lieber alles aussitzen will …« Der Schwarze Dow schloss die Augen und hob das Gesicht zum Himmel. »Bei den Toten, ich schneide euch das Blutkreuz in den Bauch. Und hänge euch auf. Und zünde euch an. Ich werde euch ein Ende bereiten, dass die Barden beim Singen der Lieder blass werden. Noch irgendwelche Fragen?«
»Nein«, sagte Calder, verstockt wie ein geschlagenes Maultier.
»Nein«, sagte Zehnweg, der kein bisschen glücklicher klang.
Beck hatte nicht das Gefühl, dass es deswegen nun weniger böses Blut gab als vorher.
»Dann war’s das wohl!« Dow wandte sich um, stellte fest, dass ihm einer von Zehnwegs Männern im Weg stand, packte den Krieger an seinem Hemd und schleuderte ihn zu Boden, um schließlich ebenso in der Nacht zu verschwinden, wie er gekommen war.
»Komm mit«, zischte Kropf Calder ins Ohr, packte ihn harsch am Oberarm und zog ihn mit sich.
Zehnweg und seine Jungs nahmen ihre Plätze am Feuer wieder ein, waren jedoch noch immer schlechter Laune, und der blonde Junge warf Beck einen herausfordernden Blick zu, bevor er ging. Zu anderen Zeiten hätte Beck diesen Blick wohl erwidert und vielleicht sogar noch ein paar Schmähungen hinterhergeschickt. Aber nach dem Tag, der nun hinter ihm lag, sah er einfach nur weg und hörte sein eigenes Herz laut in seinen Ohren pochen.
»Schade. Das fing gerade an, mir Spaß zu machen.« Whirrun von Blei zog sich die Kapuze vom Kopf und zerstrubbelte sich das plattgedrückte Haar mit den Fingern. »Wie heißt du gleich wieder?«
»Beck.« Er hielt es
Weitere Kostenlose Bücher