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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Kerzenlicht in völlig unleserlicher Schrift einen Eintrag nach dem anderen.
    »… und dieser verdammte Hauptmann wollte fünfzehn für jede Hütte!«, grölte Kroys oberster Quartiermeister, während er sein Blatt sortierte. »Fünfzehn! Ich hab gesagt, die kann er sich an den Hut steck…«
    »Und was war dann?«
    »Wir haben uns auf zwölf geeinigt. So ein verdammter Blutsauger …« Er verstummte, denn nun sahen die Offiziere allesamt zu Gorst hinüber, sogar der Schreiber blinzelte über seine dicken Brillengläser, die seine Augen grotesk vergrößert erscheinen ließen.
    Gorst fühlte sich in größeren Menschenmengen stets unwohl, mehr noch, als wenn er nur Einzelnen gegenüberstand, und das wollte etwas heißen. Aber die Anwesenheit von Zeugen wird Felniggs Erniedrigung nur noch vergrößern. Ich werde ihn betteln lassen. Euch alle werde ich in die Knie zwingen. Aber dennoch war er wie erstarrt, und seine Wangen brannten.
    Felnigg sprang auf. Er wirkte leicht betrunken. Sie alle wirkten so. Mit Betrunkenen konnte Gorst überhaupt nicht umgehen, noch weniger als mit Nüchternen, und auch das wollte etwas heißen. »Oberst Gorst!« Felnigg machte einen Satz auf ihn zu und strahlte. Gorst hob die Rechte, um ihn ins Gesicht zu schlagen, aber die kleine Verzögerung, die in seiner Bewegung lag, nutzte Felnigg, um seine Hand zu ergreifen und sie herzlich zu schütteln. »Ich freue mich, Sie zu sehen! Ganz ausgesprochen!«
    »Ich … Was?«
    »Ich war heute an der Brücke! Habe alles mit angesehen!« Noch immer bewegte er Gorsts Hand auf und ab wie einen Pumpenschwengel. »Wie Sie durch das Korn gerannt sind, immer hinter diesen Drecksäcken her, und wie Sie alle Gegner niedergemetzelt haben!« Er ließ sein Glas durch die Luft sausen und verspritzte dabei etwas Wein. »Wie im Bilderbuch!«
    »Oberst Felnigg!« Der Wachmann von draußen schob sich, auf einer Seite völlig schlammverschmiert, durch die Zelttür. »Dieser Mann da …«
    »Ich weiß! Oberst Bremer dan Gorst! So viel Mut habe ich noch nie gesehen! So eine perfekte Beherrschung der Waffen! Dieser Mann ist für die Sache des Königs so wertvoll wie ein ganzes Regiment! Wenn nicht sogar wie eine ganze Division, das schwöre ich! Wie viele von den Dreckskerlen haben Sie erwischt, was meinen Sie? Das müssen doch fast zwei Dutzend gewesen sein! Drei vielleicht sogar!«
    Der Wachmann zog ein grimmiges Gesicht, aber da er nun erkannte, dass die Dinge nicht so lagen, wie er erwartet hatte, zog er sich wieder zurück. »Höchstens fünfzehn«, hörte sich Gorst selbst sagen. Und bestimmt nur ganz wenige von unserer Seite! Ein recht ordentliches, heldenhaftes Verhältnis, wenn man es recht bedenkt! »Aber trotzdem vielen Dank.« Er versuchte erfolglos, seine Stimme zumindest auf die Tonlage eines Tenors zu senken. »Vielen Dank.«
    »Wir sind es, die Ihnen danken müssen! Dieser verdammte Idiot Mitterick jedenfalls schuldet Ihnen großen Dank. Sein stümperhafter Angriffsversuch wäre ohne Sie sang- und klanglos untergegangen! Höchstens fünfzehn, haben Sie das gehört?« Damit boxte er einen anderen Offizier gegen den Arm, sodass der seinen Wein verschüttete. »Ich habe meinem Freund Halleck im Geschlossenen Rat bereits geschrieben und ihm berichtet, was für ein verdammter Held Sie sind! Hätte ja gar nicht gedacht, dass es in unseren Zeiten noch welche gibt, aber hier stehen Sie ja vor mir, überlebensgroß sozusagen.« Er klopfte Gorst auf die Schulter. »Größer noch! Ich habe allen, die mir einfielen, davon berichtet!«
    »Das hat er wohl«, brummte einer der Offiziere.
    »Das ist … sehr freundlich.« Sehr freundlich? Bring ihn um! Bring ihn um, so wie du heute dem Nordmann den Kopf abgeschlagen hast! Erwürge ihn. Ermorde ihn. Schlag ihm zumindest die Zähne aus. Tu ihm weh. Jetzt sofort! »Sehr … freundlich.«
    »Ich wäre verdammt geehrt, wenn Sie ein Glas mit mir trinken würden. Das wären wir alle!« Felnigg wirbelte herum und griff nach der Flasche. »Aber was führt Sie denn überhaupt zu uns, hier oben auf den Berg?«
    Gorst holte tief Luft. Jetzt. Jetzt ist der Augenblick gekommen, um Mut zu zeigen. Tu es. Aber jedes Wort fiel ihm extrem schwer, und er war sich entsetzlich bewusst, wie lächerlich seine Stimme klang. Wie wenig bedrohlich oder bestimmend sie sich anhörte. Mit jeder schlabbrigen Lippenbewegung sickerte der Mumm aus seinen Knochen. »Ich bin hier … weil ich hörte, dass Sie heute irgendwann …« Jemanden geschlagen

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