Heldenklingen
nach hinten fiel und die Papiere vom Tisch über ihn rutschten. »Ich vermute, Sie brauchen demnächst einen neuen Lord Statthalter in Angland.«
»Seine Majestät wird einen brauchen.« Der Magus stieß einen Seufzer aus. »Aber eine so entscheidende Berufung ist eine komplizierte Angelegenheit. Zweifelsohne wird ein Verwandter Meeds diesen Posten für sich beanspruchen, aber wir können nicht zulassen, dass er eine Art Familienerbe wird. Auch vermute ich, dass mindestens zwanzig andere hochrangige Edelleute im Offenen Rat denken, dass sie an der Reihe wären, aber wir können keinen Einzelnen auf eine Position erheben, auf der er der Macht des Königs zu nahe kommt. Denn je mehr man sich ihr nähert, desto weniger kann man der Versuchung widerstehen, selbst nach dieser Macht zu greifen, wie sich im Falle Ihres Schwiegervaters bereits einmal erwiesen hat. Wir könnten irgendeinen Bürokraten wählen, aber dann würde der Offene Rat sich beklagen, weil er übergangen wurde, und die Abgeordneten sind jetzt schon schwer im Zaum zu halten. Es gilt, so viele verschiedene Kräfte miteinander in Einklang zu bringen, so viele Rivalitäten, Eifersüchteleien und Gefahren. Am liebsten möchte man sich ganz aus der Politik zurückziehen, so anstrengend ist das.«
»Wieso nicht mein Ehemann?«
Bayaz legte den Kopf ein wenig zur Seite. »Sie sind sehr offen.«
»Ja, es hat heute Morgen ganz den Anschein.«
»Eine weitere Eigenschaft, die ich stets bewundert habe.«
»Bei den Schicksalsgöttinnen, ich bin bewundernswert!«, rief sie aus und hörte wieder die Tür, die über Aliz’ Schluchzern ins Schloss fiel.
»Ich bin mir nicht sicher, wie viel Unterstützung ich für Ihren Ehemann gewinnen könnte.« Bayaz kräuselte die Lippen und kippte die Neige aus seiner Tasse ins taunasse Gras. »Sein Vater gilt als einer der berüchtigtsten Verräter in der Geschichte der Union.«
»Das ist natürlich wahr. Er war zudem der mächtigste Adlige in der Union, der erste Mann im Offenen Rat, nur eine Stimme von der Krone entfernt.« Sie sprach einfach aus, was ihr in den Kopf kam, und dachte ebenso wenig über die Folgen nach wie ein flacher Stein über die Wasseroberfläche nachdenkt, über die er hinwegspringt. »Als seine Ländereien beschlagnahmt wurden und man seine Macht zerstörte, als hätte sie niemals existiert, hätte ich erwartet, dass sich die Edelleute bedroht fühlen würden. Denn so sehr sie vielleicht auch seinen Fall begrüßt haben mögen, erkannten sie doch sicherlich darin den Schatten ihres eigenen Schicksals. Wenn man nun dem Sohn einen wohlüberlegten Teil seiner Macht zurückgeben würde, könnte das vom Offenen Rat als wohlmeinende Geste begrüßt werden, weil es zeigt, dass man die Rechte der alten Familien anerkennt und so weiter.«
Bayaz’ Kinn hob sich ein wenig, und seine Brauen zogen sich zusammen. »Vielleicht. Und?«
»Und während der große Lord Brock über reichlich Verbündete und Feinde verfügte, hat sein Sohn keine. Er wird seit acht Jahren übersehen und missachtet. Er gehört keiner Partei an und folgt keiner Linie, sondern ist allein der Krone treu ergeben. Er hat seine Ehrlichkeit, seine Tapferkeit und die Treue zu Seiner Majestät auf dem Schlachtfeld mehr als bewiesen.« Sie richtete ihren Blick auf Bayaz. »Es würde sich doch wirklich gut anhören: Anstatt sich in die Niederungen der Politik zu begeben, entscheidet sich unser Monarch dafür, treue Dienste, Leistung und guten, alten Heldenmut zu belohnen. Den Abgeordneten würde das gefallen, denke ich.«
»Treue Dienste, Leistung und Heldenmut. Gute Eigenschaften für einen Soldaten.« Als spräche er über den Speck eines Schweins. »Aber ein Lord Statthalter ist in erster Linie ein Politiker. Da kommt es mehr auf Beweglichkeit, Gewissenlosigkeit und ein Gespür für das gerade Zweckmäßige an. Wie ist es bei Ihrem Mann darum bestellt?«
»Nicht besonders. Aber möglicherweise verfügt jemand in seiner Nähe über die genannten Qualitäten.«
Sie glaubte den Schatten eines Lächelns auf Bayaz’ Lippen zu erkennen. »Ich fange allmählich an, das zu glauben. Das ist ein interessanter Vorschlag, den Sie mir da machen.«
»Dann haben Sie also doch nicht an alles gedacht?«
»Nur die wahrlich Unwissenden sind überzeugt, an alles gedacht zu haben. Vielleicht werde ich diesen Vorschlag gegenüber meinen Kollegen im Geschlossenen Rat erwähnen, wenn wir das nächste Mal zusammenkommen.«
»Ich würde meinen, es sei das Beste,
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