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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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noch im Hain. Am anderen Ufer schimmerte in breiter Linie Metall, und Männer rückten, verdeckt durch die Bäume, immer weiter vor.
    »Kommen sie?«, fragte jemand. »Sind sie da?«
    »Sie kommen.« Locke nickte. Schön, er war der Letzte gewesen, der die Flucht ergriffen hatte, aber das war nichts, worauf er stolz sein konnte. Es hatte sie bis ins Mark erschreckt, wie viele von diesen Dreckskerlen gegen sie vorrückten. Es war, als ob das Land nur aus Menschen bestünde, als ob es vor ihnen wimmelte. Da schien es sinnlos, am Ufer zu hocken, mit nur ein paar mickrigen Büschen als Deckung, nur um ein oder zwei Pfeile auf diese enorme Übermacht abzuschießen. So sinnlos, als ob man mit einer Nadel auf einen Bienenschwarm losginge. Hier im Obsthain konnte man ihnen besser eins überbraten. Das würde Eisenkopf sicher auch verstehen. Locke hoffte das jedenfalls voll Inbrunst.
    Auf ihrem Rückzug waren sie mit Leuten zusammengekommen, die er nicht kannte. Ein hochgewachsener, alter Krieger mit roter Kapuze hockte neben ihm in den von Lichtflecken unterbrochenen Schatten. Wahrscheinlich einer von Goldings Jungs. Die Leute von Golding und Eisenkopf kamen nicht besonders gut miteinander aus, ebenso wenig wie Golding und Eisenkopf selbst, also im Grunde gar nicht. Aber im Augenblick hatten sie alle andere Sorgen.
    »Habt ihr gesehen, wie viele das sind?«, schrie einer.
    »Hunderte, verdammt noch mal.«
    »Hunderte und Hunderte und Hunderte und …«
    »Wir sind ja nicht hier, um sie aufzuhalten«, knurrte Locke. »Wir sollen ihren Vormarsch verlangsamen, ein paar von ihnen umlegen und sie ein bisschen ins Nachdenken bringen. Und wenn wir nicht mehr anders können, ziehen wir uns zu den Helden zurück.«
    »Wir ziehen uns zurück«, wiederholte jemand, und es klang, als sei es die beste Idee, die er je gehört hatte.
    »Wenn wir nicht mehr anders können!«, zischte Locke über seine Schulter hinweg.
    »Die haben auch Nordmänner bei sich«, sagte jemand, »angeblich ein paar Jungs vom Hundsmann.«
    »Arschlöcher«, brummte ein anderer.
    »Joh, Arschlöcher. Verdammte Verräter.« Der Mann mit der roten Kapuze spuckte über den Baumstamm. »Ich hab gehört, der Blutige Neuner sei bei ihnen.«
    Angespannte Stille breitete sich aus. Der Name trug nicht dazu bei, den Mut der Männer zu stärken.
    »Der Blutige Neuner ist wieder zu Schlamm geworden!« Locke bewegte die Schultern. »Ist ersoffen. Der Schwarze Dow hat ihn erledigt.«
    »Kann sein.« Der Mann mit der roten Kapuze sah so finster drein wie ein Leichenbestatter. »Aber ich habe gehört, er sei hier.«
    Eine Bogensehne sang direkt neben Lockes Ohr, und er fuhr herum. »Was zu…«
    »… `tschuldigung!« Ein junger Bursche, dem der Bogen noch in der Hand zitterte. »Das wollte ich nicht, es war nur …«
    »Der Blutige Neuner!« Es hallte aus den Bäumen zu ihrer Linken, ein verrückter Schrei, keuchend und völlig entsetzt. »Der Blutige …« Der Ruf endete in einem Schrei, der sich in die Länge zog und schließlich in einem stotternden Schluchzen endete. Dann ertönte aus dem Hain vor ihnen ein wildes Lachen, das Lockes schwitzigen Hals prickeln ließ. Es war ein tierischer Laut, ein teuflischer Laut. Sie alle duckten sich für einen Augenblick und starrten schweigend und ungläubig zu den Bäumen hinüber.
    »Das ist doch alles Scheiße!«, brüllte jemand, und als Locke sich umwandte, sah er gerade noch, wie einer der Jungs durch den Wald davonrannte.
    »Ich kämpfe nicht gegen den Blutigen Neuner! Das tu ich auch nicht!« Ein Junge machte ein paar Schritte zurück und stampfte mit dem Fuß in das Herbstlaub vom letzten Jahr.
    »Kommt sofort zurück, ihr Ärsche!«, brüllte Locke und wedelte mit seinem Bogen, aber es war zu spät. Sein Kopf fuhr herum, als er wieder einen erstickten Schrei hörte. Zwar konnte er nicht sehen, woher das Geräusch kam, aber es klang wie direkt aus der Hölle.
    »Der Blutige Neuner!«, schrie es wieder aus der Düsternis auf der anderen Seite. Er glaubte, zwischen den Bäumen Schatten und aufblitzenden Stahl zu sehen, war sich aber nicht sicher. Noch mehr Männer liefen nun davon, rechts und links. Gaben gute Stellungen hinter den Baumstämmen auf, ohne dass ein Pfeil geflogen oder eine Klinge gezogen worden wäre. Als er sich wieder umwandte, drehten ihm die meisten seiner Jungs schon den Rücken zu. Einer hatte sogar seinen Köcher zurückgelassen, der sich an einem Busch verfangen hatte.
    »Feiglinge!« Aber Locke konnte

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