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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Pfeilsalve auf sie herunterprasselte. Sie verwandelten sich in eine wogende Masse, die für sich selbst beinahe eine ebenso große Bedrohung darstellte wie für Calder und seine Männer. Das schreckliche Donnern der Hufe wurde zu einem bedauernswerten Stolpern, vermischt mit Scheppern, Schreien, Wiehern und verzweifeltem Gebrüll.
    Die dritte Grube war die größte. Eigentlich waren es zwei, so gerade geschnitten, wie ein Nordmann im Dunkeln graben konnte, und leicht schräg nach innen aufeinander zulaufend. Dadurch wurden Mittericks Männer zu einer Lücke in der Mitte gedrängt, wo die kostbaren Standarten aufgepflanzt worden waren. Wo Calder stand. Wobei er sich fragte, als er auf die Masse galoppierender Pferde starrte, die auf ihn zuhielt, ob er sich nicht vielleicht einen anderen Platz hätte suchen sollen, aber dafür war es nun natürlich zu spät.
    »Speere!«, brüllte Schneebleich.
    »Joh«, machte Calder, der sein Schwert zog, während er gleichzeitig ein paar vorsichtige Schritte zurück trat. »Gute Idee.«
    Und Schneebleichs ausgewählte Truppe, Männer, die schon für Calders Bruder und Vater in Uffrith und Dunbrec gekämpft hatten, an der Cumnur und an den Hohen Höhen, kamen nun in einer Aufstellung von fünf Reihen hinter dem windgepeitschten Kornfeld hervor, stießen ihr hohes Kriegsgeheul aus und erhoben ihre Speere zu einem tödlichen Dickicht, sodass ihre Spitzen nun, da das erste Sonnenlicht das Tal erreichte, hell funkelten.
    Pferde wieherten und schlugen aus, stürzten, warfen ihre Reiter ab, wurden von den nachfolgenden in den Speerwall getrieben. Ein wilder Chor aus kreischendem Stahl und sterbenden Männern hob an, gequältes Holz und gemartertes Fleisch. Speerschäfte bogen sich und brachen, die Splitter flogen. Eine neuer Wolke aus aufgewirbelter Erde und Getreidestaub erhob sich, und Calder stand hustend mittendrin, das Schwert matt in der Hand.
    Er fragte sich, welches eigenwillige Aufeinandertreffen von unglücklichen Zufällen für diesen Wahnsinn verantwortlich war. Und welche glücklichen Zufälle ihm vielleicht dabei helfen würden, ihn lebend zu überstehen.

VORWÄRTS, NACH OBEN
    M einen Sie, das könnte man nun schon als Sonnenaufgang bezeichnen?«, fragte General Jalenhorm.
    Oberst Gorst zuckte mit den breiten Schultern, und die angeschlagene Rüstung klapperte leicht.
    Der General wandte sich nun Retter zu. »Würdest du das schon einen Sonnenaufgang nennen, mein Junge?«
    Retter blinzelte zum Himmel hinauf. Im Osten, wo er glaubte, dass sich die Stadt Osrung befand, die er allerdings noch nie gesehen hatte, zeigten die dichten Wolken einen ganz leichten Schimmer an ihren Rändern. »Jawohl, Herr General.« Die Worte kamen lächerlich kieksend aus seiner Kehle, und er räusperte sich mit leichter Röte auf den Wangen.
    General Jalenhorm beugte sich zu ihm und klopfte ihm ermutigend auf die Schulter. »Man muss sich nicht schämen, nur weil man Angst hat. Mut beweist man dann, wenn man sich fürchtet und trotzdem zur Tat schreitet.«
    »Jawohl, Herr General.«
    »Bleib einfach so nahe wie möglich bei mir. Tu deine Pflicht, dann wird alles gut.«
    »Jawohl, Herr General.« Dennoch fragte sich Retter unwillkürlich, wie reine Pflichterfüllung wohl einen Pfeil aufhalten mochte, der in seine Richtung flog. Oder einen Speer. Oder eine Axt. Es erschien ihm verrückt, so einen Berg wie den, der da vor ihnen lag, zu erklimmen, während auf seinen Hängen geifernde Nordmänner lauerten. Alle sagten, dass sie geiferten. Aber er war erst dreizehn und erst seit einem halben Jahr beim Heer, und er hatte noch nicht viel mehr gelernt, als Stiefel zu polieren und die verschiedenen Manöver auf der Trompete zu blasen. Er war sich noch nicht einmal sicher, was das Wort Manöver eigentlich bedeutete, er tat nur so. Und es war nirgendwo sicherer als nahe beim General und einem echten Helden wie Oberst Gorst, auch wenn der überhaupt nicht wie ein Held aussah und sich schon gar nicht so anhörte. Es war überhaupt nichts Glamouröses an diesem Mann, aber Retter ging kurz der Gedanke durch den Kopf, dass er sicher unglaublich nützlich sein mochte, wenn man kurzfristig einen Rammbock brauchte.
    »Nun gut, Retter.« Jalenhorm zog sein Schwert. »Blase zum Angriff.«
    »Jawohl, Herr General.« Retter befeuchtete sich sorgfältig die Lippen mit der Zunge, holte tief Luft und hob die Signaltrompete. Plötzlich überkam ihn Angst, dass ihm das Instrument aus den schweißnassen Händen rutschen oder

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