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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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angriffsbereit dahinter, das breite Gesicht voller roter Spritzer. Aber seine Augen waren ganz ruhig, wie die eines Anglers, der auf das erste Zucken seiner Leine wartet. Vier zerteilte Nordmänner lagen mausetot zu seinen Füßen, und Irig neigte sich nun sanft zur Seite und kippte noch toter als tot in den Graben.
    Er hätte durchaus der Blutige Neuner sein können, dieser halslose Drecksack, und die Carls beeilten sich hastig, aus seiner Reichweite zu kommen. Inzwischen rückten weitere Unionisten nach, überwanden in großer Zahl den Erdwall, und aus dem schrittweisen Rückzug wurde ein wilder Lauf.
    Zornreich lief mit den anderen, nicht weniger bestrebt, der Gefahr zu entkommen. Der Ellenbogen eines Kameraden traf ihn am Hals, und er rutschte aus und knallte mit dem Kinn aufs Gras, wobei er sich übel auf die Zunge biss. Hastig rappelte er sich wieder auf und rannte weiter, während überall Männer brüllten und kreischten. Er riskierte einen verzweifelten Blick hinter sich und sah, wie der Halslose in aller Ruhe einen Carl erledigte, als ob er eine Fliege totschlug. Neben ihm war ein hochgewachsener Unionist mit schimmerndem Brustpanzer aufgetaucht, der mit gezogener Klinge auf Zornreich deutete und aus vollem Hals brüllte.
    »Vorwärts!«, brüllte Jalenhorm und deutete mit dem Schwert zu den Kindern hinüber. Verdammt noch eins, er war völlig außer Atem. »Nach oben! Nach oben!« Sie mussten jetzt dranbleiben und nachsetzen. Gorst hatte das Tor einen Spalt breit aufgestoßen, und nun mussten sie sich hindurchdrängen, bevor er sich wieder schloss. »Vorwärts! Vorwärts!« Jalenhorm beugte sich hinunter, streckte die Hand aus, um Männern über den Graben zu helfen, und klopfte ihnen ermutigend auf den Rücken, bevor sie dann weiter den Berg hinaufkeuchten.
    Offenbar sorgten die flüchtenden Nordmänner an der Trockensteinmauer weiter oben am Hang für ziemlich viel Durcheinander, gerieten den Verteidigern in die Quere und verursachten Panik, und so konnte ihnen die Vorhut von Jalenhorms Männern folgen, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stoßen. Als er wieder zu Atem gekommen war, eilte er ihnen nach, kämpfte sich den steilen Hang hinauf. Er musste weiter vorwärts drängen.
    Leichen. Tote und Verwundete überall im Gras. Ein Nordmann starrte ihn an, die blutigen Hände über den Kopf geschlungen. Ein Unionssoldat umklammerte mit leerem Blick seinen blutenden Schenkel. Ein Kamerad, der gerade an ihm vorüberrannte, stieß unversehens ein Geräusch aus, das an Schluckauf erinnerte, und fiel auf den Rücken, und als Jalenhorm sich über die Schulter nach ihm umsah, ragte dem Mann ein Pfeil aus dem Gesicht. Er konnte sich nicht damit aufhalten, sich um ihn zu kümmern. Er konnte nur weiterlaufen und die in ihm aufwallende Übelkeit niederkämpfen. Sein eigener pochender Herzschlag und sein rauschender Atem dämpften die Schlachtrufe und das Klappern von Metall, bis all diese Geräusche nur noch wie ein endloses, nervötendes Rasseln an seine Ohren drangen. Der immer stärker werdende Regen, der das niedergetrampelte Gras glatt und glitschig machte, war ebenfalls wenig hilfreich. Die Welt wackelte und zuckte, war voller fliehender, rutschender, stolpernder Männer, gelegentlich vorübersurrender Pfeile, fliegendem Gras und fliegendem Dreck.
    »Vorwärts«, schnaufte er, »vorwärts.« Es konnte ihn niemand gehört haben. Der Befehl galt nur ihm selbst. »Vorwärts.« Das hier war seine Gelegenheit, sich wieder reinzuwaschen. Wenn sie nur den Gipfel erobern konnten. Die Nordmänner dort überwinden, wo sie am stärksten waren. »Nach oben. Nach oben.« Dann würde alles andere egal sein. Dann wäre er nicht mehr der unfähige ehemalige Trinkkumpan des Königs, der am ersten Tag seine ganze Division aufs Spiel gesetzt hatte. Dann würde er sich endlich seinen Platz verdient haben. »Vorwärts«, keuchte er, »nach oben!«
    Er mühte sich vornübergebeugt weiter voran, klammerte sich mit der freien Hand ins nasse Gras und war so auf den Boden vor sich konzentriert, dass er beinahe zusammenzuckte, als unversehens die Mauer vor ihm auftauchte. Er richtete sich auf und wedelte etwas unsicher mit seinem Schwert, weil er sich nicht sicher war, ob hier seine eigenen Leute oder aber der Feind auf ihn warteten, und weil er nicht wusste, was er im jeweiligen Fall tun sollte. Jemand streckte ihm eine behandschuhte Hand entgegen. Gorst. Jalenhorm fühlte sich mit erschreckender Leichtigkeit emporgezogen und kletterte

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