Heldenklingen
umgebracht?«
»Nein. Er lebt.«
»Dann hab ich heute niemanden getötet.« Beck war sich nicht sicher, ob er deswegen enttäuscht oder glücklich war. Er legte auf beide Gefühle keinen großen Wert. »Gestern habe ich einen Mann getötet«, hörte er sich schließlich sagen.
»Vier, hat Flut gesagt.«
Beck fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Versuchte, auf diese Weise den bitteren Geschmack loszuwerden, aber das klappte nicht. »Flut hat das falsch verstanden, und ich war zu feige, um die Sache richtigzustellen. Ein Junge namens Reft hat die Unionisten umgebracht.« Er nahm noch einen Schluck, viel zu schnell, und fuhr dann atemlos fort: »Ich hab mich in einem Schrank versteckt, während die anderen gekämpft haben. Hab mich versteckt und mir in die Hosen gepisst. So war das mit dem Roten Beck.«
»Hm.« Kropf nickte, die Lippen nachdenklich zusammengepresst. Ihn schien dieses Bekenntnis nicht besonders zu schockieren. Er wirkte nicht einmal besonders überrascht. »Tja, das ändert nichts an dem, was du heute getan hast. In einer Schlacht kann ein Mann üblere Dinge tun, als sich in einem Schrank zu verstecken.«
»Weiß ich«, murmelte Beck, und er klappte den Mund auf, um nun auch mit dem Rest herauszurücken. Es war, als wollte sein Körper die Worte unbedingt loswerden, die Fäulnis ausspucken, so wie ein Kranker den unwiderstehlichen Drang zum Kotzen fühlte. Sein Mund musste es tun, so sehr er die Geschichte gern vor allen anderen verborgen hätte. »Ich muss dir was erzählen, Häuptling«, brachte er heraus, und seine trockene Zunge rang mit den Worten.
»Ich höre«, sagte Kropf.
Beck dachte kurz darüber nach, wie er es am besten ausdrücken sollte, so wie der Kranke überlegt, in welches Behältnis er in seiner Notlage am besten hineinspucken soll. Als ob die Geschehnisse durch schöne Worte weniger hässlich geworden wären. »Es war nämlich so …«
»Arschloch!«, brüllte jemand und versetzte Beck einen so heftigen Tritt, dass er die letzten Tropfen aus dem Becher ins Feuer schüttete.
»Hey!«, raunzte Kropf verärgert und rappelte sich mit schmerzerfülltem Gesicht auf, aber wer auch immer Beck angerempelt hatte, war schon wieder verschwunden. Doch nun war plötzlich Bewegung in die Menge gekommen. Die Stimmung hatte sich verändert, und die Leute johlten und spotteten über jemanden in ihrer Mitte. Kropf ging näher darauf zu, und Beck folgte ihm. Er war über die plötzliche Störung weniger verärgert als vielmehr erleichtert, wie der Kranke, der merkt, dass es vielleicht doch nicht nötig sein wird, in den Hut seiner Frau zu kotzen.
Sie drängten sich durch die Menge bis zur größten Feuergrube, die in der Mitte der Helden angelegt worden war und um die sich die wichtigsten Männer scharten. Der Schwarze Dow saß dort auf Skarlings Thron, und mit der herabhängenden Hand drehte er den Knauf seines Schwerts immer wieder hin und her. Espe war auch da, er stand auf der anderen Seite des Feuers und stieß jemanden vor sich auf die Knie.
»Scheiße«, raunte Kropf.
»Na, wen haben wir denn da?« Dow fuhr sich mit der Zunge über die Zähne und lehnte sich grinsend zurück. »Wenn das nicht Prinz Calder ist.«
Calder versuchte so gelassen zu wirken, wie man das überhaupt konnte, wenn man mit gefesselten Händen auf Knien lag und Espe hinter einem stand. »Die Einladung war ja kaum abzulehnen«, sagte er.
»Das glaube ich«, antwortete Dow. »Kannst du dir vorstellen, weshalb ich sie ausgesprochen haben könnte?«
Calder sah sich in der Menge um. Alle großen Namen des Nordens waren versammelt. All die aufgeblasenen Narren. Glama Golding grinste von der anderen Seite des Feuers zu ihm herüber. Cairm Eisenkopf hatte eine Augenbraue erhoben und sah ihn an. Brodd Zehnweg guckte vielleicht ein bisschen weniger verächtlich als sonst, aber freundlich war sein Gesicht noch immer nicht zu nennen. Caul Reichel hatte eine Miene aufgesetzt, die »Mir sind die Hände gebunden« ausdrückte, und Kropf sah ihn mit einem Blick an, der »Wieso bist du nicht abgehauen?« sagte. Calder nickte verschämt zu den beiden hinüber. »Ich habe da so eine Ahnung.«
»Für alle, die keine Ahnung haben: Calder wollte meinen neuen Stellvertreter dazu überreden, mich umzubringen.« Leises Gemurmel lief durch die vom Feuerschein beleuchtete Menge, aber nur kurz. Offenbar waren die wenigsten von dieser Enthüllung überrascht. »Das stimmt doch, oder, Kropf?«
Kropf blickte zu Boden. »Das
Weitere Kostenlose Bücher