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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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altbekanntes, selbstzufriedenes Grinsen wieder auf sein Gesicht zu zaubern. Überhaupt nicht. Vielleicht war er körperlich nicht unbedingt der Größte unter allen Anwesenden, aber er war verdammt noch mal trotzdem der Größte hier in diesem Tal. Er war der nächste König der Nordmänner, und jeder, dem er befahl, seine Scheiße zu fressen, würde das mit einem Lächeln tun. Er hatte sich auch schon überlegt, wem er die erste Portion servieren würde.
    Caul Reichels Lachen hallte durch die Nacht. Er saß auf einem Baumstamm nahe dem Feuer, die Pfeife in der Hand, und blies den Rauch in kleinen Stößen aus, denn offenbar hatte die Frau neben ihm etwas sehr Erheiterndes gesagt. Sie sah sich um, als Calder näher kam, und beinahe wäre er über seine eigenen Füße gefallen.
    »Mein Gatte.« Sie stand auf, wegen ihres schweren Bauches ein wenig behäbig, und streckte eine Hand aus.
    Er nahm sie. Sie fühlte sich klein an, und weich, und stark. Sanft führte er sie zu seiner Schulter, dann umarmte er seine Frau und spürte den Schmerz seiner lädierten Rippen, als sie einander festhielten, ganz fest. Für kurze Zeit war es, als ob es bei den Helden niemanden gab außer ihnen. »Dir ist nichts geschehen«, flüsterte er.
    »Das ist nicht unbedingt dein Verdienst«, gab sie zurück und rieb ihre Wange an seiner.
    Hinter seinen Lidern brannte es. »Ich … ich habe einige Fehler gemacht.«
    »Natürlich. Für deine guten Entscheidungen zeichne ich verantwortlich.«
    »Dann lass mich niemals wieder allein.«
    »Ich denke, ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich nun das letzte Mal als Geisel für dich bürgen musste.«
    »Ich auch. Das verspreche ich dir.« Nun konnte er die Tränen nicht länger zurückhalten. Von wegen, der Größte im ganzen Tal – jetzt stand er da und heulte vor Reichel und seinen namhaften Männern. Er wäre sich wie ein Idiot vorgekommen, wenn er nicht so verdammt glücklich darüber gewesen wäre, Seff zu sehen, und dieses Gefühl alles andere beiseite drängte. Er ließ sie gerade lange genug los, um ihr Gesicht anzusehen, die eine Seite hell, die andere im Schatten. Der Feuerschein spiegelte sich in ihren Augen. Sie lächelte ihn an, und er bemerkte zwei kleine Leberflecke bei ihrem Mundwinkel, die ihm noch nie zuvor aufgefallen waren. Er konnte nichts anderes denken, als dass er all das gar nicht verdiente.
    »Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte sie.
    »Nein. Es ist nur … es ist noch gar nicht lange her, da dachte ich, ich würde dein Gesicht nie wiedersehen.«
    »Und, bist du enttäuscht?«
    »Ich habe nie etwas so Wunderschönes gesehen.«
    Sie zeigte ihm die Zähne. »Oh, es stimmt doch, was alle über dich sagen. Du bist ein Lügner.«
    »Ein guter Lügner sagt, sooft er kann, die Wahrheit. So weiß man nie, was man wirklich bekommt.«
    Sie fasste nach seiner verbundenen Hand, drehte sie um, streichelte sie mit den Fingerspitzen. »Bist du verletzt?«
    »Nichts, was einem berühmten Kämpen wie mir etwas ausmachen würde.«
    Sie drückte seine Hand fester. »Ich meine es ernst. Bist du verletzt?«
    Calder zuckte zusammen. »Ich glaube nicht, dass ich in nächster Zeit weitere Zweikämpfe ausfechten werde, aber das wird schon wieder heilen. Scale ist tot.«
    »Das habe ich schon gehört.«
    »Du bist jetzt alles, was mir noch an Familie geblieben ist.« Er legte ihr die gesunde Hand auf den geschwollenen Bauch. »Ist er noch …«
    »… da und hat wie ein Sack Hafer die ganze Fahrt von Carleon in dem holpernden Wagen auf meiner Blase gelegen? Ja.«
    Er lächelte durch die Tränen. »Dann sind wir drei.«
    »Und mein Vater.«
    Er sah zu Reichel, der sie von seinem Baumstamm aus anlachte. »Joh. Der natürlich auch.«
    »Du hast sie also noch nicht umgelegt?«
    »Was?«
    »Die Kette deines Vaters.«
    Er zog das Schmuckstück aus der Innentasche seines Mantels. Es war warm, weil er es so nahe an seinem Herzen getragen hatte, und der Diamant pendelte leicht zur Seite und fing die bunten Farben des Feuers ein. »Vielleicht habe ich auf den richtigen Augenblick gewartet. Wenn man sie einmal umgelegt hat … kann man sie nicht mehr abnehmen.« Er erinnerte sich plötzlich daran, dass sein Vater ihm einmal gesagt hatte, wie schwer die Kette wog. Damals, kurz vor dem Ende.
    »Wieso solltest du sie abnehmen? Du bist jetzt König.«
    »Dann bist du Königin.« Er hob ihr die Kette über den Kopf. »Und dir steht sie ohnehin viel besser.« Langsam ließ er den Diamanten auf ihre Brust

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