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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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einmal gesagt. Aber genau das tat ein guter Anführer. Er hatte auf die rechte Art gehandelt. Vielleicht. Vielleicht gab es so was aber auch gar nicht.

ERSTER TAG
    »Ein vernünftig
    denkendes Heer würde
die Flucht ergreifen.«
    MONTESQUIEU



SCHWEIGEN
    Euer Erhabene Majestät,
    Lord Bayaz, der Erste der Magi, hat Marschall Kroy Euren dringenden Wunsch übermittelt, dass der Feldzug zu einem zügigen Abschluss kommt. Dementsprechend hat der Herr Marschall einen Plan entwickelt, um den Schwarzen Dow mit aller Macht zu einer Entscheidungsschlacht zu zwingen, und das ganze Heer summt vor produktiver Energie.
    General Jalenhorms Division führt den Vorstoß an, sie marschiert vom Morgengrauen bis zur Abenddämmerung, und die Vorhut von General Mitterick folgt ihr im Abstand weniger Stunden. Beinahe könnte man sagen, es gäbe eine freundliche Rivalität zwischen den beiden, wer als Erster Feindberührung verzeichnen kann. Lord Gouverneur Meed ist zwischenzeitlich aus Ollensand abberufen worden. Die drei Divisionen werden sich nahe der Ortschaft Osrung vereinen und dann gemeinsam in nördlicher Richtung auf Carleon und zum Sieg marschieren.
    Ich begleite den Stab von General Jalenhorm und befinde mich so an der Speerspitze des Heeres. Die schlechten Straßen und das wechselhafte Wetter, das ohne Warnung von Sonnenschein zu schweren Schauern übergeht, erschweren unseren Vorstoß ein wenig. Der General ist jedoch ein Mann, der sich nicht aufhalten lässt, weder von den himmlischen noch von den feindlichen Mächten. Wenn wir erste Feindberührung mit den Nordmännern bekommen, werde ich selbstverständlich alles beobachten und Eurer Majestät vom Ausgang berichten.
    Ich verbleibe der treueste und unwürdigste Diener Eurer Majestät,
    Bremer dan Gorst, königlicher Berichterstatter aus dem Nordkrieg
    Es war ein echtes Morgengrauen. Das triste Beerdigungslicht, das sich zeigte, bevor die Sonne über den Horizont stieg, hatte keinerlei Farbe. Die wenigen Menschen, die unterwegs waren, wirkten beinahe geisterhaft. Das verlassene Land verwandelte sich in ein Land der Toten. Dies war Gorsts liebste Tageszeit. Beinahe könnte man meinen, es würde niemals wieder ein Wort gesprochen.
    Er lief bereits seit mehr als einer halben Stunde, und seine Füße kämpften sich durch die Fahrspuren im aufgeweichten Boden. Lange, schmale Pfützen, die von den Wagenrädern stammten, spiegelten die schwarzen Äste der Bäume und den farblosen Himmel. Glückliche Spiegelwelten, in denen er all das hatte, was er verdiente, aber sie zerplatzten, sobald sein schwerer Stiefel in sie hineinbrach und seine stahlummantelten Unterschenkel mit dreckigem Wasser bespritzte.
    Es wäre verrückt gewesen, in voller Rüstung zu laufen, und daher trug Gorst nur das Nötigste. Brust- und Rückenpanzer, Bauchreifen, Beinröhren um die Waden. Am rechten Arm nur Unterarmschienen und Fechthandschuh, um sich die größtmögliche Freiheit mit dem Degen zu erhalten. Am linken einen kompletten Schutz mit Scharnier aus dickstem Stahl, der den Abwehrarm von den Fingerspitzen bis zum schweren Schulterpanzer umschloss. Darunter eine gefütterte Jacke und dicke, mit Metallstreifen verstärkte Lederhosen. Der schmale Schlitz im Visier seines Helms öffnete ihm ein schwankendes, winziges Fenster zur Welt.
    Ein gescheckter Hund mit grotesk aufgeblähtem Bauch kläffte eine Weile keuchend hinter seinen Fersen her, ließ ihn dann aber in Ruhe, um sich einem großen Abfallhaufen am Rand des Weges zuzuwenden. Ist unser Müll die einzige bleibende Spur, die wir in diesem Land hinterlassen? Unser Müll und unsere Gräber? Gorst stampfte durch das Lager von Jalenhorms Division, ein Labyrinth aus Zeltleinwand, das noch in seligem, schläfrigem Schweigen lag. Nebel klammerte sich an das heruntergetretene Gras, bekränzte die in der Nähe stehenden Zelte und verwandelte die weiter entfernten in Phantome. Einige Pferde, die Mäuler tief in ihren Futtersäcken, sahen schlecht gelaunt zu ihm herüber. Ein einzelner Wachposten hatte die Hände über eine Kohlenpfanne gestreckt, eine kleine, karmesinrote Blüte in der Düsternis, über der orangefarbene Funken trieben. Er starrte Gorst mit offenen Mund an, als er eilig an ihm vorüberlief und schon wieder verschwunden war.
    Gorsts Dienerschaft wartete auf der freien Fläche vor seinem Zelt. Rurgen brachte einen Eimer, und er trank tiefes, kaltes Wasser, das seinen brennenden Hals hinunterlief. Jünger schwankte unter dem Gewicht einer Kiste,

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