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Heldenklingen

Heldenklingen

Titel: Heldenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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schwang.
    »Weiter! Verdammt noch mal, weiter!« Das war der Schwarze Dow höchstpersönlich, die Lippen zurückgezogen und die blutigen Zähne gebleckt, und seine Klinge glänzte rot und stählern in der Sonne. In Agrick zündete das Bewusstsein, dass sein Häuptling in der Nähe war und mit ihm an vorderster Front kämpfte, ein helles Feuer an.
    Er holte einen stolpernden Unionisten ein, der sich die Anhöhe hinauf mühte, schlug ihm mit der Axt ins Gesicht und warf ihn schreiend auf den Rücken. Stürmte zwischen zweien der großen Steine hindurch, im Kopf ein schwummriges Gefühl wie im Rausch. Im Blutrausch. Und er dürstete nach mehr. Im Kreis der hohen Steine lagen jede Menge Leichen. Unionisten mit tiefen Wunden im Rücken, aber auch mit Pfeilen durchbohrte Nordmänner.
    Jemand brüllte etwas, und Flachbogen klapperten. Ein paar Bolzen umschwirrten ihn, aber Agrick rannte weiter, auf eine Flagge zu, die inmitten der Unionslinie flatterte, und seine Stimme war rau und heiser vom vielen Schreien. Er schlug einen weiteren Bogenschützen nieder, dessen zerschmetterter Flachbogen beiseite flog. Holte gegen den großen Südländer aus, der die Standarte trug. Der wehrte Agricks ersten Schlag mit der Fahnenstange ab, und das Blatt der Axt blieb darin stecken. Agrick ließ die Waffe los, zog sein Messer und erstach den Standartenträger, dessen Deckung unterlaufend, durch das offene Visier seines Helms. Der Mann brach zusammen wie eine Kuh nach einem Hammerschlag, der gähnende Mund verzerrt und stumm. Agrick versuchte, das Banner aus seinem verkrampften Griff zu reißen, zerrte mit einer Hand an der Stange, mit der anderen an der Flagge selbst.
    Er hörte, wie er ein seltsames Triumphgeschrei ausstieß, mit einer Stimme, die nicht wie seine klang. Ein fast schon kahler Mann, dem noch ein Kranz grauen Haars um die Ohren stand, riss den Arm hoch und bohrte ihm sein Schwert unter dem Rand seines Schilds in die Seite. Die Klinge drang bis ans Heft ein, und als der Mann sie zurückriss, war sie blutig. Agrick wollte die Axt schwingen, die er fatalerweise zuvor hatte fallen lassen, und sein Messer steckte noch im Gesicht des Standartenträgers, also schwang er nur die leere Hand. Dann traf etwas seine Schulter, und die Welt begann sich zu drehen.
    Er lag irgendwo im Dreck. In ziemlich wüst zertrampeltem Dreck, im Schatten eines der hohen Steine. Die zerfetzte Flagge hielt er noch in einer Hand.
    Er wand sich hin und her, fand aber keine bequeme Lage.
    Alles war taub.
    Oberst Wetterlant mochte es zwar nicht glauben, aber offenbar war das Sechste Regiment der Königstreuen in großen Schwierigkeiten. Die Mauer war offenbar verloren. Kleine Gruppen leisteten noch Widerstand, aber der Großteil war längst überrannt, und die Nordmänner stürmten in den Steinkreis. Sie kamen von Norden, woher auch sonst, dachte er. Aber es war alles so verdammt schnell gegangen.
    »Wir müssen uns zurückziehen!«, brüllte Major Culfer über das Schlachtgetümmel hinweg. »Es sind zu viele!«
    »Nein! General Jalenhorm wird uns Verstärkung schicken! Er hat uns zugesag…«
    »Wo zur Hölle steckt er denn dann?« Culfer traten die Augen aus den Höhlen, dabei hätte Wetterlant ihn nie als einen Mann eingeschätzt, der leicht in Panik geriet. »Er hat uns hier zum Sterben zurückgelassen, er hat …«
    Wetterlant wandte sich ab. »Wir halten die Stellung! Wir kämpfen!« Er war ein stolzer Mann aus einer stolzen Familie, und er würde nicht zurückweichen. Er würde bis zum bitteren Ende ausharren und mit dem Säbel in der Hand sterben, wie sein Großvater es angeblich auch getan hatte. Er würde unter der Flagge seines Regiments sterben. Nun, würde er nicht, weil der Bursche, den er erschlagen hatte, sie bei seinem Sturz von ihrer Stange gerissen hatte. Aber Wetterlant würde standhalten, keine Frage. Das hatte er sich selbst immer wieder versichert. Normalerweise, wenn er für einen offiziellen Anlass gekleidet sein Spiegelbild betrachtete und seine Schärpe gerade rückte.
    Jetzt allerdings waren die Umstände völlig anders, das ließ sich nicht leugnen. Niemand trug eine Schärpe, nicht einmal er. Und dann waren da das Blut, die Leichen, die um sich greifende Panik. Das unnatürliche Heulen der Nordmänner, die durch die Lücken zwischen den Steinen in die plattgetretene Kreisfläche in der Mitte drängten. Soweit Wetterlant sehen konnte, rückten unaufhörlich neue nach. Ein Steinkreis hatte bei der Verteidigung einen entscheidenden

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