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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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benutzen – und du wirst so gewieft und so tapfer sein wie Sibylle.«
    »Sie meint –«
    »Sie weiß, daß es der einzige Ausweg ist, und sie ist nicht mitgekommen, um ihn nicht zu gefährden. Ab morgen früh wirst du vermisst. Man wird nachforschen. Man wird feststellen, wo du warst – nur nicht, daß ich dich aus Dettelbach weggebracht habe.«
    »Und dein Alibi?«
    »Wasserdicht«, versichert Claus. »Ich habe mit einem Kollegen vom Wehrbezirkskommando Würzburg eine schon zweimal verschobene Besprechung angesetzt. Ich treffe den Mann in einer Viertelstunde, nachdem dein Zug abgefahren ist.« Trotz Zeitnot und bedrängter Situation muß er lächeln über seinen Geniestreich. »Noch eine Frage, Hans?«
    »Was wird aus unserer – unserer Hochzeit?«
    »Aufgeschoben, nicht aufgehoben«, stellt der Jurist fest. »Im KZ könntest du bestimmt nicht heiraten. Ich garantiere dir, bis Weihnachten ist die Sache wieder in Ordnung.«
    Der Wagen hat Würzburg erreicht, und der Fahrer kennt sich aus. Sie halten in Bahnhofsnähe, wenige Minuten vor Eintreffen des D-Zuges München-Hamburg.
    »Keine direkten Telefon- oder Postkontakte«, mahnt der Retter. »In der Aktentasche findest du eine Deckadresse. Es handelt sich um einen zuverlässigen entfernten Verwandten von mir, über ihn kannst du Sibylle erreichen.« Der Oberleutnant, der offensichtlich an alles gedacht hat, öffnet den Kofferraum, übergibt dem Freund das Fluchtgepäck. »Mach's gut, Hans«, sagt er und klopft ihm in spröder Männerart auf die Schulter. »Wir kriegen das schon hin. Wir haben doch schon ganz andere Dinge gedreht.« Er sieht, daß ihm Faber danken will, und das muß er verhindern, zumal jetzt Passanten in die Nähe kommen. »Also dann, alles Gute, und Heil Hitler, Herr Unteroffizier«, sagt er stramm.
    Hans Faber nähert sich dem Bahnhofsgebäude wie geschoben, öffnet die Mappe, entnimmt ihr den Gestellungsbefehl, geht durch die Sperre.
    »Zum Barras«, sagt der Kontrolleur, »da lassen Sie sich mal nicht aufhalten, Mann.«
    Faber steht wie benommen am Bahnsteig, steigt wie in Trance in den Zug, ohne Gefühl dafür, daß er die braunen Bürokraten an der Nase herumführt und sich in Sicherheit bringt. Er sitzt an einem Fensterplatz, sieht blicklos hinaus und denkt an Sibylle; er sagt ihr zärtliche Worte, die sie nicht hören kann.
    Der Zug rollt an. Voraussichtliche Ankunft in Berlin: 8 Uhr 26, Weiterfahrt eine halbe Stunde später; er prägt es sich ein. Er schließt die Augen, aber er kann nicht schlafen, denn jede Umdrehung der Räder bringt ihn weiter weg von Mainbach, dem deutschen Kleinod – und von Sibylle, der wertvollsten Pretiose der alten Kaiser- und Bischofsstadt.
    Die Fahndung nach dem flüchtigen Dr. Hans Faber war zunächst ohne Hektik, beinahe gemächlich angelaufen. Oberkommissar Bruckmann weiß, daß der einzelne keine Chance hat, in einem allmächtigen Polizeistaat unterzutauchen, ohne schnell gefaßt zu werden. Aber als am nächsten Morgen der Gesuchte weder in der Schule noch in seiner Wohnung gesehen wird, dehnt der Chef der Politischen Polizei die Fahndung auf die Grenzübergänge aus. Tatsächlich werden einige Verdächtige, die legal in das Ausland reisen, festgehalten, müssen aber schon nach kurzer Überprüfung wieder freigelassen werden. Die jetzt im gesamten Reichsgebiet anlaufende Fahndung zeigt einen ähnlichen Misserfolg: Keine Spur von Dr. Hans Faber.
    Studienprofessor Pfeiffer, der die Anzeige erstattet hat, drängt; Oberstaatsanwalt Rindsfell zeigt sich irritiert, daß der von ihm erwirkte Haftbefehl noch nicht vollstreckt werden konnte. Bruckmann kommt zu der Ansicht, daß der Untergetauchte entweder unbekannte Helfer hat oder, wie Mainbachs Bevölkerung bereits munkelt, durch Selbstmord aus dem Leben geschieden ist.
    »Das wäre natürlich eine saubere Lösung«, stellt Pfeiffer hämisch fest. »Aber ich will diesen Kerl sehen, tot oder lebendig. Zu einem Selbstmörder gehört schließlich auch eine Leiche.«
    »Da irren Sie sich aber gewaltig, Herr Studienprofessor«, erwidert der Chef der Politischen Polizei. »In der Kriminalstatistik gibt es Hunderte von einwandfreien Selbstmordfälle, bei denen die Menschen, die Hand an sich legten, nie wieder zum Vorschein gekommen sind. Viele legen es darauf an und –«
    »Behalten Sie doch Ihre Weisheiten gefälligst für sich«, versetzt Pfeiffer verärgert. »Zeigen Sie mir lieber Beweise.«
    Der Kriminalbeamte hat längst Fabers Tante ausgegraben und

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