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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Behördendeutsch entschuldigt sich Hauptmann Stumm, der Verantwortliche, daß wegen dauernder Überforderung seiner Dienststelle die Meldung an die Schule versehentlich erst jetzt erfolge.
    Im ersten Moment ist Anstaltsleiter Dr. Schütz zornig, dann begreift er, daß es für ihn im lästigen Fall Faber keine Patentlösung und keinen Notausgang gibt. Wenn ihm jetzt der Prozeß wegen eines Verbrechens wider das Heimtückegesetz gemacht wird, muß auch er damit rechnen, als Zeuge in den Strudel der Ereignisse hineingerissen zu werden. Er ruft im Wehrbezirkskommando an und verlangt Hauptmann Stumm. »Ich bin außer mir über eine solche Nachlässigkeit«, tobt er. »Wie kann so etwas nur geschehen? Ich werde mir eine solche Behandlung nicht gefallen lassen.«
    »Ich verbitte mir diesen Vorwurf«, kontert der hundertprozentige Offizier. »Wir arbeiten hier Tag und Nacht für Führer, Volk und Vaterland. Wir schuften oft sechzehn, siebzehn Stunden für den Sieg, und da wagen Sie es, von Schlamperei zu sprechen, Herr Dr. Schütz?«
    »Schlamperei habe ich nicht gesagt«, tritt der Rex kleinlaut den Rückzug an. »Aber ich fürchte, das – äh – Mißverständnis wird polizeiliche Folgen haben. Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, daß der Mann im ganzen Reichsgebiet wie eine Stecknadel gesucht wird.«
    »Folgen haben?« brüllt der Hauptmann in die Leitung. »Das ist mir scheißegal.« Er knallt den Hörer auf die Gabel.
    Der Oberstudiendirektor läßt Pfeiffer kommen. »Sehen Sie sich das an, Herr Kollege«, sagt er und überreicht ihm den Brief des Wehrbezirkskommandos.
    »Unglaublich«, erwidert der Fanatiker. Sein Gesicht schwillt an, droht zu platzen. »Denen werde ich gewaltig auf den faulen Zahn fühlen«, droht er, schiebt das Schreiben ein und hastet zum Alten Rathaus, obwohl er noch zwei Unterrichtsstunden zu halten hat. »So eine Schweinerei«, platzt er bei Oberkommissar Bruckmann in eine Besprechung. »Sie faseln vom Selbstmord Fabers, und dieser Schweinehund führt uns an der Nase herum.«
    »Moment mal«, antwortet der Kripobeamte pikiert. »Was ist denn eigentlich los, Herr Studienprofessor?«
    »Verhaften Sie unverzüglich diesen Hauptmann Stumm vom Wehrbezirkskommando«, tobt der unerwartete und unliebsame Besucher. »Er muß mit diesem notorischen Feind der Bewegung unter einer Decke stecken.«
    »Ich werde mich hüten, Hauptmann Stumm festzunehmen, Herr Studienprofessor«, entgegnet Bruckmann.
    »Wer ist das eigentlich?« fragt der Besucher irritiert. »Ist der Kerl Ihnen bekannt?«
    »Ich hatte schon öfter mit ihm zu tun«, erwidert der Kripo-Oberkommissar. »Hauptmann Stumm hat als Offizier im Ersten Weltkrieg das linke Bein verloren. Meines Wissens steht er gerade unmittelbar vor seiner Beförderung zum Major.«
    »Na und?« tobt Pfeiffer weiter. »Gibt ihm das ein Recht, staatsfeindliche Elemente zu begünstigen?«
    »Hauptmann Stumm ist politisch absolut zuverlässig«, entgegnet Bruckmann. »Übrigens ist er Blutordensträger.«
    »Quatsch«, versetzt Pfeiffer brutal. »Da müßte ich ihn doch wohl kennen.«
    »Er ist erst vor drei Monaten aus Würzburg nach Bamberg versetzt worden«, antwortet der Kriminalbeamte. Er schafft es nicht, ein Lächeln der Schadenfreude ganz zu unterdrücken. »Ich werde mich der Sache sofort annehmen«, verspricht er und genießt es, diesen Pfeiffer sprachlos gemacht zu haben.
    Hauptmann Stumm empfängt Bruckmann sofort in seinem Dienstzimmer und sieht nervös auf die Uhr: »Viel Zeit habe ich nicht. Wie gesagt: eine Panne. Leider nicht die einzige. Aber wir haben zu wenig geschultes Personal und zu viel Arbeit.«
    »Wer hat den Gestellungsbefehl unterschrieben?«
    »Ich natürlich«, erwidert der Hauptmann. »Einen von Hunderten.«
    »Und wer hat Ihnen Fabers Einberufung vorgelegt?« bohrt Bruckmann weiter.
    »Vermutlich Oberleutnant Benz«, erwidert Stumm. »Er ist der zuständige Sachbearbeiter.«
    Benz? Bruckmanns Argwohn wittert einen Zusammenhang.
    »Eine Frage, Herr Oberleutnant Benz«, beginnt er im Nebenzimmer die Vernehmung hinten herum, »ist Ihnen Assessor Dr. Hans Faber persönlich bekannt?«
    »Aber ja, hier in Mainbach kennt doch fast jeder jeden.«
    »Ich meine – näher bekannt?«
    »Auch das«, erwidert der Jurist. »Wir haben miteinander studiert, wenn auch an verschiedenen Fakultäten.«
    »Sind Sie mit ihm befreundet?«
    »Das ist übertrieben«, erwidert der Sachbearbeiter Heer und reckt die Brust, als wollte er das Parteiabzeichen auf

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