Heldensabbat
doch sein.«
Wir saßen wieder in unserem Bistro. Leider gab es kein prächtiges Château; heute hätte es mir gemundet.
»Dieser lächerliche Wicht müßte doch längst gemerkt haben, daß du seit Monaten eine Affäre mit seiner Frau hast«, wühlte Kalle weiter in meinem Intimleben herum.
»Ich wundere mich ja auch schon die ganze Zeit«, entgegnete ich.
»Vielleicht will sie auf diese Tour die Scheidung erzwingen.«
»Das könnte sie vermutlich einfacher haben«, erwiderte ich.
»Jedenfalls: Treib's nicht auf die Spitze«, mahnte Kalle.
»Sag's nicht mir«, versetzte ich gereizt, »sag's lieber ihr.«
»Sie macht sich doch nicht das Geringste aus diesem Prenelle.«
»So ist es.«
»Warum hat sie ihn denn dann eigentlich geheiratet?« kam er zur Gretchenfrage.
»Krieg«, erklärte ich. »Ihr Vater war bei der Résistance und wurde von SD-Leuten geschnappt. Prenelle hat ihn durch einen Überfall herausgeholt, unter der Bedingung, daß Adrienne seine Frau wird.«
»Das ist vielleicht eine Räuberpistole«, erwiderte Bongo. »Und die glaubst du?«
Ich zuckte die Schultern.
»Ein solcher Held läßt sich dann so behandeln? Mach dir nichts vor, Stefan: Diesem parfümierten Weichling ist doch wirklich nichts zuzutrauen.«
»Vielleicht hat er andere beauftragt, die Dreckarbeit für ihn zu erledigen und Adriennes Vater herauszupauken.«
»Wo soll sich denn das abgespielt haben?« fragte Bongo.
»In Saint Etienne – in der Nähe von Lyon«, erwiderte ich.
»Lyon?« Bongo wurde nachdenklich. »Da war ich ja gerade«, sagte er. »Das ist vielleicht 'n Ding. Weißt du, wie Adrienne mit ihrem Mädchennamen hieß?«
»Pantoullier«, antwortete ich und stand auf. Adrienne wartete auf mich. Es würde heute ohnedies Verdruß mit ihr geben: Der morgen in die USA zurückfliegende Captain Gransmith – er war Junggeselle – hatte mich zu seiner Abschiedsparty eingeladen.
Wir trafen uns in einem kleinen Café in der Nähe der Champs-Elysées, und als ich ihr sagte, daß ich gleich gehen müßte, war sie verärgert.
»Sois donc prudente, Adrienne«, redete ich auf sie ein. »Captain Gransmith is my Boss and a kind of friend, too – und es wäre doch verdammt unhöflich –«
In diesem Moment betraten drei Mann der französischen Militärpolizei das Café, sahen sich um.
Als sie auf uns zugingen, wußte ich, daß sie mich schnappen wollten.
Ich sprang hoch, um zu flüchten.
Sie holten mich ein.
Ich schlug den vorderen nieder, stieß den zweiten mit dem Fuß beiseite, aber der dritte griff nach mir. Wir kamen zu Fall. Da waren die anderen beiden wieder auf den Beinen. Das Letzte, was ich sah, als sie mich zusammendroschen, war Adrienne, die mit einem Gesicht, als hätte sie mit der Peinlichkeit nichts zu tun, blasiert rauchte.
Als ich wieder zu mir kam, lag ich in einem Krankenrevier.
Ich hatte mir gewissermaßen meine vierte Verwundung geholt. Die Ärzte sagten mir, daß ich sie überstehen würde. Sowie es mir besser ging, kam ich im Dezember in die Arrestzelle einer französischen Kaserne. Ich wurde nicht vernommen. Die Wärter brachten mir das Essen. Wenn ich Fragen stellte, schüttelten sie den Kopf; sie sollten offensichtlich nicht mit mir reden.
Ich verlangte, dem Ermittlungsrichter vorgeführt zu werden. Keine Antwort. Ich tobte.
Sie sperrten mich in eine Dunkelzelle.
Als sie mich wieder herausließen, wurde ich verlegt, in ein Strafcamp der französischen Armee, nordöstlich von Paris.
Die Amerikaner mußten mich vermissen. Ich war ihr PoW, und die Franzosen konnten mich erst zur Rechenschaft ziehen, wenn ich formell aus der US-Kriegsgefangenschaft entlassen war. Wer war überhaupt für meine Bestrafung zuständig? Welchen Vergehens sollte ich beschuldigt werden? Ehebruch war schließlich kein Strafdelikt.
Sicher hielten mich die Franzosen unter Verschluß, um den Deckel über dem Skandal zu schließen. Auch die Amerikaner konnten nicht daran interessiert sein, daß die Liebesaffäre zwischen einem PoW und der Frau eines hohen alliierten Offiziers in die Schlagzeilen geriet. Mir war auch längst klar geworden, daß Adrienne, meine schöne Geliebte, das Fiasko, zumindest indirekt, bewußt gezündet hatte. Weshalb? Und was war aus ihr geworden?
Hatte Captain Gransmith, mein Gönner, noch von meiner Verhaftung erfahren?
Viele Fragen, keine Antworten; aber etwas war sicher: Bongo würde nicht aufhören, US-Offiziere, die mir wohlwollten, zu mobilisieren – solange man ihn nicht auch
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