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Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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so genannten »Kommissarbefehl« die sofortige Erschießung aller gefangenen Politfunktionäre. »Wir müssen«, erläutert er seinen gehorsamen Generälen, »vom Standpunkt des soldatischen Kameradentums abrücken.«
    Die Sowjetunion bietet über ihre Schutzmacht Schweden die Einhaltung der Haager Konvention von 1907 an. Die Bundesgenossen Finnland, Italien, Rumänien und Slowakei antworten zustimmend, Hitler jedoch vermeidet von Anfang an jede völkerrechtliche Zusage. Der militärische Sieg seiner Truppen wird von dem braunen Geschmeiß, das den feldgrauen Kolonnen folgt, in Frage gestellt. Viele Russen waren beim Einmarsch der Deutschen durchaus bereit, die Usurpatoren als Befreier vom Kommunismus zu empfangen, aber die Greuel der Einsatzkommandos, der Gebietskommissare und der Parteisatrapen, die von vorneherein einen Vernichtungskrieg gegen den ›ostischen Untermenschen‹ führen, lassen Stalin-Gegner zu entschlossenen Kämpfern des ›großen patriotischen Krieges‹ werden.
    Zu Beginn der vermeintlichen Schlußoffensive von Moskau haben die Sowjets fast drei Millionen Soldaten verloren. Die Kampfmoral der deutschen Truppen ist ausgezeichnet. Auf den Fahrzeugen und Panzern steht: »Nach Moskau.« Nicht nur Stefan Hartwig hofft, Weihnachten in Deutschland zu sein, zumal die jetzt eingesetzten sowjetischen Truppen teilweise aus miserabel ausgebildeten Reservisten bestehen. Kriegsgefangene Offiziere der Roten Armee schimpfen sich bei der Vernehmung über ihre katastrophale Führung aus.
    Sie ändert sich schlagartig, als am 10. Oktober mit Marschall Georgij K. Schukow ein energischer und befähigter Stratege den Oberbefehl über den Mittelabschnitt übernimmt. Zu diesem Zeitpunkt haben deutsche Panzer bereits Mohaisk erreicht. Am 14. Oktober fällt Kalinin. Die sowjetische Regierung und das Diplomatische Korps werden nach Kuibyschew evakuiert. Über Moskau verhängt Stalin, der in der Hauptstadt bleibt – vielleicht um mit ihr unterzugehen –, den Belagerungszustand und proklamiert die Verteidigung bis zum Letzten.
    Die Funktionäre und die Bevölkerung denken weniger entschieden: Wer kann, versucht aus Moskau herauszukommen. Die Zurückbleibenden decken sich mit deutschen Wörterbüchern ein, um die Eroberer in ihrer Sprache zu empfangen: Ab Mitte Oktober ist in den Buchhandlungen von Moskau kein deutschsprachiges Lexikon mehr erhältlich.
    Das Gold der Staatsbank wird zum Ural geschafft. Parteibücher und Dokumente fliegen ins Feuer. Sträflinge durchstreifen die Stadt, Plünderer schlagen Schaufenster ein. Die »Prawda« erscheint bereits aus dem Exil. Es kommt zum Aufruhr, zu Schießereien mit der Polizei, zur Massenflucht von Deserteuren. Aber dann greift Marschall Schukow radikal durch, läßt Deserteure und Plünderer öffentlich erschießen. Er führt – weitgehend unbemerkt von den Angreifern – in tage- und wochenlangen Transporten Elitetruppen aus Sibirien heran.
    FJ-Unteroffizier Hartwig wird mit seiner Gruppe in die Etappe geschickt, um neue Fahrzeuge in Empfang zu nehmen, die angeblich am Sammelplatz angekommen sein sollen. Die Belieferung der Hauptkampflinie soll beschleunigt werden. Stefan und seine Männer geraten in einen dramatischen Witterungsumschlag. Marschall Schukow hat mit dem Glück des Tüchtigen von vorneherein einen Verbündeten: das Wetter. Rußlands tiefgrauer Himmel platzt auf einmal. Unvorstellbare Regengüsse brechen die Dämme, reißen Brücken weg, machen aus der Erde Brei. »Im Herbst gibt ein Löffel Wasser einen Eimer voll Schlamm«, so lautet ein russisches Sprichwort, und so verwandeln sich Rinnsale in Ströme, Pfützen in Seen, Wiesen in Morast, E-Häfen in Schlammgruben. Bei Startversuchen sacken die Fahrgestelle der Flugzeuge tief ein.
    Den Infanteristen quillt der Dreck in die Knobelbecher; er verschmiert Waffen und Ausrüstung. Der Schlamm ist ihre Stellung, ihre Deckung, ihr Bett. In dieser gallertartigen Masse versinken ihre Verpflegung, ihre Munition, ihre Zelte, die Grüße von zu Hause und die Grabkreuze ihrer Kameraden.
    General Guderian läßt Knüppeldämme für seine Panzer bauen, vergeblich. Selbst die Panjefuhrwerke versinken bis zu den Achsen; jeder Schritt wird zur Fußfalle. Die Bahnhöfe liegen bis zu 200 Kilometer hinter der kämpfenden Truppe, die geschlossen hungert, umgeben von den verwesenden Kadavern Tausender von Rindern, die von den Russen niedergemetzelt wurden. Auf der sogenannten Rollbahn nach Moskau brauchen die Laster eineinhalb

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