Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Heldensabbat

Heldensabbat

Titel: Heldensabbat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
dressiert.«
    »Das kann ich bezeugen«, erwidert Bruckmann eilfertig.
    »Gut«, beendet der Hauptsturmführer das Gespräch. »Dann beten Sie einstweilen mal zum fünfzehnten Heiligen, daß das klappt und der Zeuge wirklich nicht umfällt.«
    »Der wird stehen wie eine Eins«, versichert der Polizeibeamte. »Schon aus Feigheit.«
    »Auch im Gerichtssaal?«
    »Ja.«
    »Auch wenn es um Hartwigs Kopf geht?«
    »Der eigene Kopf ist Fibig in jedem Fall wichtiger«, erklärt Bruckmann und sonnt sich noch eine Zigarette lang in der Gunst seines Auftraggebers.
    Nach der Sitzung des Direktors mit den sieben vormals Aufrechten kam es am Portal des Gymnasiums zu einer Stockung. Dann waren die Schüler eilfertig zurückgewichen und hatten ihren Lehrkräften den Vortritt gelassen.
    Dr. Heinke, der Religionslehrer, und Assessor Faber stehen auf einmal nebeneinander auf der Straße.
    »Ja«, sagt der Studienprofessor mit dem traurigen Lächeln, »so ist das, alle Achtung, Herr Faber, aber –«
    »Aber?«, unterbricht ihn der Assessor.
    Die Schultern des Religionslehrers hängen nach vorne. Seine Schritte schlürfen über das Pflaster. Er bleibt stehen, wartet, bis die Schüler grüßend weitergegangen sind. »Sie handeln sicher richtig.« Er sieht Fabers verschlossenes Gesicht, bricht ab.
    »Sie auch«, entgegnet der Assessor leise.
    »Ich bin ein Diener Gottes«, versetzt der Geistliche ruhig. »Niemand kann zwei Herren dienen.«
    »Niemand«, erwidert Faber.
    »Ich habe die größte Achtung vor Ihnen«, fährt Heinke fort. »Wir brauchten mehr solche Lehrer wie Sie – und doch frage ich mich, was soll nun werden, wenn Sie vielleicht, na, Sie wissen schon – von der Schule gehen müssen.« Er hebt den Kopf, betrachtet Dr. Faber mit seinen wachen Augen. »Ihren Schülern wäre damit bestimmt nicht geholfen.«
    »Es gibt keine Wahl«, sagt der Assessor. Es klingt endgültig.
    Dann aber, nach der Verabschiedung von dem Mann im Priestergewand, treffen sich in Hans Faber Entschluss und Versuchung auf halbem Wege. Er hat ja recht, denkt der junge Lehrer einen Augenblick, wie viele innerliche Gegner des Nationalsozialismus tragen das Parteiabzeichen! Wie viele machen nur mit und sind im Grunde dagegen! Aber im gleichen Moment schüttelt er die Gedanken wieder ab. Gerade diese Leute, überlegt er, sind letztlich schlimmer als die geborenen Schlägertypen der SA, denn sie erst, die Ruhigen, die Anständigen, die Besonnenen, geben dem System Kredit.
    Überraschung am Nachmittag: Kurze Vorwarnung, dann huscht Sibylle wie ein flüchtiger Sonnenstrahl ins Haus, küsst Faber rasch, läßt sich in den Stuhl fallen, wischt sich die langen brünetten Haare aus dem Gesicht, schlägt die Beine übereinander, lehnt sich zurück, wirbelig wie nie zuvor, aufgezogen wie eine Uhr.
    »Ist das nicht leichtsinnig, so am hellen Tag?« fragt der Pädagoge.
    »Das ist mir egal«, erwidert die Studentin. »Ich werde Gerüchten nicht mehr ausweichen.« Sie lächelt mit einer Spur Aggression. »Ich habe keine Angst mehr vor Gerüchten. Notfalls werde ich sie selbst provozieren.« Jetzt erst fällt ihr auf, wie deprimiert der Mann ist, den ihr Vater nicht haben will. »Sorgen, Hans?«
    Er nickt, gibt dann stockend die Pression des Dr. Schütz wieder. »Eine Woche Zeit«, stellt er am Ende fest. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich am siebten Tag anders darüber denke als heute.«
    »Du willst dich nicht unterwerfen?«
    »Hältst du das für falsch?«
    »Ich habe keine andere Entscheidung von dir erwartet«, entgegnet Sibylle.
    »Es ist schlimm«, antwortet er. »So weit sind wir: Eine Entscheidung gegen den braunen Massenwahn ist eigentlich auch eine Entscheidung gegen dich, Sibylle.«
    »Gegen mich?«
    »Gegen uns«, versetzt Faber. »Je unsicherer meine Position wird, desto weiter entfernen wir uns doch von der erträumten Gemeinsamkeit.«
    »Das meinst du«, konterte sie. »Erstens einmal, ob du das Parteiabzeichen im Revers hast oder nicht, ist mir eigentlich gleichgültig. Ich halte dich manchmal für zu konsequent in diesen Dingen, aber vielleicht liebe ich dich gerade deswegen, weil du den Mut hast und den Verstand, so gegen den Strom zu schwimmen.«
    Faber sieht Sibylle in die Augen. Ungestüm empfindet er das Glück, daß eine Frau wie sie zu ihm steht.
    »Punkt Nummer zwei«, fährt sie fort, »und deswegen bin ich hier und bereit, die Herausforderung dieser Welt anzunehmen und zu erwidern: Die Bertram-Werke haben zwei Plätze für eine

Weitere Kostenlose Bücher